Dresden

Work-Life-Balance zwischen Kraut und Rüben

Um vier Uhr klingelt bei Ralf Naumann der Wecker. Für den Gärtnereibesitzer und Selbstvermarkter, der in Dresden Stetzsch mit seiner Ehefrau und acht Mitarbeitern 2,3 Hektar im Freiland und unter Glas bewirtschaftet, beginnt der Arbeitstag.

Nach einem schnellen Kaffee steigt Ralf in seinen weißen Kleinlaster und fährt zum zehn  Kilometer entfernten Großmarkt. Dort kauft er als Ergänzung zu seinem selbsterzeugten Gemüse Obst ein. Mit geschultem Blick taxiert der Gärtner Qualität und Preis der angebotenen Ware. Ananas sind heute teuer – also lieber nicht so viele. Nach einer knappen Dreiviertelstunde hat er seine Einkäufe im Laster verstaut.

Danach geht es erstmal zurück in die Gärtnerei, wo Kohl, Möhren, Wirsing, Rote Rüben, Petersilie, Feldsalat, Kohlrabi und Porree zugeladen werden. Außerdem müssen noch Lufttemperatur und Bewässerung in den Gewächshäusern programmiert werden. Ralf prüft, ob die Radieschen bald geerntet werden können und wie sich die Salatjungpflanzen entwickeln. Für die vier Mitarbeiter erstellt er die Arbeitsanweisungen für den Tag.

Um sechs Uhr starten Ralf und zwei Mitarbeiterinnen mit Kleinlaster und Anhänger, der einen zusammengeklappten grün-orange-gestreiften Marktstand verbirgt, nach Blasewitz, wo dienstags, donnerstags und samstags Markttag ist. Dort müssen der Stand aufgebaut, die Ware ausgeladen und auf den Verkaufsflächen platziert und die Preisschilder angebracht werden. Wenn das Verkaufszelt steht, ist endlich Zeit für ein kurzes Frühstück: Kaffee aus der Thermoskanne und die Schnitten, die Ralfs Frau Ulrike eingepackt hat.

Schon kurz vor neun Uhr kommen die ersten Kunden. Bedient werden sie von den langjährigen Mitarbeiterinnen Janny und Ute. Ralf räumt leere Kisten weg und füllt neue Ware aus dem Laster nach, der auch über eine Kühlung und eine Heizung verfügt. Bei sehr großem Andrang bedienen sie zu dritt. Nicht nur Qualität und Frische des selbst erzeugten Gemüses, sondern auch die freundliche Bedienung sorgen dafür, dass Ralf Naumann sehr viele Stammkunden hat.

Das Wichtigste: ordentliches Schuhwerk

Gegen Mittag beginnt es zu schneien. Ralf montiert die Luftpolsterfolie rund um den Marktstand und schaltet die Gasheizgeräte ein, damit das Obst nicht erfriert. Was für Ralf und seine Mitarbeiterinnen an den Markttagen am wichtigsten ist, sind bequeme, warme Schuhe. „Man steht den ganzen Tag auf dem harten kalten Pflaster. Da kann man sich schnell eine Erkältung holen“, sagt Janny. Die 43-Jährige arbeitet schon seit 1990 mit. Damals übernahm Ralf Naumann die Gärtnerei aus einer staatlichen Produktionsgenossenschaft. Seitdem hat er viel Geld und Arbeit investiert: Er errichtete moderne, energiesparende Gewächshäuser, verbesserte den Boden durch schonende Bewirtschaftung und baute mehr Sorten an.

Nach Marktschluss müssen die Kisten wieder im Laster verstaut, der Stand zusammengeklappt und am Laster montiert werden. Erst kurz nach halb acht kann Ralf abfahren. Zurück in der Gärtnerei, muss die übrig gebliebene Ware sortiert und im Kühlhaus gelagert werden.

Ralfs Tag ist noch nicht zu Ende: Nach dem Abendessen wartet oft noch „Bürokram“ auf ihn:  Belege sortieren, Lohnabrechnungen schreiben, Überweisungen ausfüllen. Das dauert manchmal bis 22 Uhr.

Ist Ralf glücklich, obwohl er kaum Freizeit hat? Was bedeutet für ihn „Work-Life-Balance“?  Ralf lächelt, dann sagt er: „Zweimal im Jahr fahren wir für eine Woche zum Wandern in die Berge. Da erholen wir uns. Ich bin mit Leib und Seele Gärtner. Das kann man entweder ganz oder gar nicht machen. Unser Betrieb, den wir aufgebaut haben, ist unser Leben, meine Mitarbeiter gehören zur Familie.“

Luzia Hebeis und Elisa Kühne, St. Benno-Gymnasium Dresden, Klasse 10a

Markt1

Der Marktstand am Schillerplatz: Hier verkauft Ralf Naumann dreimal in der Woche sein Gemüse.

Markt2

Gärtner mit Leib und Seele: Ralf Naumann liebt seine Arbeit.

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