Radeberg

Der längste Winter

Wir wachen an einem Samstag auf, weil uns irgendetwas in der Nase juckt. Na dann, riskieren wir mal einen Blick aus dem Fenster. Ein anfängliches Blinzeln wird zu einem begeisterten Aufreißen der Augen, als wir sehen, was der Grund für unser Hatschi-Gefühl in der Nase ist: die Sonne. Ja, tatsächlich, dort steht sie am morgendlichen Himmel – eingebildet und frech lässt sie ihre langen Finger durch die Umgebung streifen und zaubert ausnahmslos lächelnde Gesichter. Und schon sind wir aus dem Bett gehopst und reißen freudestrahlend das Fenster auf… Nur, um es sofort wieder zu schließen. Brrrrrr, wo sind wir hier? In Sibirien? Trotz strahlender Sonne sind die Temperaturen weit unter null Grad. Mit hängenden Schultern trabt man zurück ins Bett, zieht die Decke bis zum Kinn und fragt sich, wann dieser nervige Winter endlich vorbei ist.

Wir erinnern uns zurück: Als wir am 26. Oktober 2012 fleißig an unseren Halloween-Kostümen gebastelt haben, hat es in der Nacht zum ersten Mal geschneit. Der November war dann nicht weiter aufregend: Anfangs regnete es viel und ausdauernd, es war wolkig, aber noch sehr mild (5°C- 13°C). Teilweise war es richtig sonnig, wenn uns der dicke Nebel auf dem Weg zur Schule oder zur Arbeit nicht gerade einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Oftmals mussten wir einen Regenschirm mitnehmen, doch richtig ungemütlich wurde es erst zum Ende des grauen Monats: Minusgrade im einstelligen Bereich und Glätte auf den Straßen begleiteten uns fortan. Und unsere Sonne sahen wir so gut wie gar nicht mehr, stattdessen Schnee, Schneeregen oder Graupel, die uns den Tag vermiesten; doch eigentlich war das ein ganz normaler November.

Pünktlich zum ersten Dezember fiel dann richtiger Schnee und alle freuten sich auf eine weiße Weihnachtszeit. Die Temperaturen waren winterlich, aber noch nicht arktisch. Mit einstelligen Minuswerten fing der Winter an und hatte sich bis Mitte Dezember teilweise schon auf zweistellige Zahlen im Minusbereich heruntergearbeitet. Vom Schnee und dicken Wolken verscheucht, bekamen wir die Sonne nur noch selten bis gar nicht zu Gesicht. Es wurde windig, ab und zu kletterten die Temperaturen jedoch mal auf 4°C. Trotzdem war der Weg zur Arbeit für die meisten Autofahrer die reinste Schlitterpartie, als ob die neblige Trübung nicht schon genug gewesen wäre. Jedoch schneite es weniger, manchmal löste auch leichter Regen den Schnee ab.

Der Weihnachtsmann muss schwitzen

Als der Heilige Abend immer näher rückte, wurde es beinahe frühlingshaft: leichter Niesel, kein Schnee und Temperaturen, bei denen der Weihnachtsmann in seinem dicken Mantel definitiv geschwitzt hat. Es gab keine weiße Weihnacht, wie man Anfang Dezember hätte erwarten können, sondern grün-graue. Wenn dennoch Niederschlag fiel, dann nur Regen. Gegen Ende des Jahres gab es nur noch wenige Wolken am Himmel zu sehen, die Temperaturen waren teils um den Gefrierpunkt, teils über 10°C. Dafür gab es viel Wind. Der Jahresabschlusstag wurde von wolkigem, aber mildem Wetter bestimmt, und auch beim Countdownzählen fiel kein Schnee.

Der Januar begann darauf ebenso schneearm: Es war mild bis kalt (4°C bis -3°C), wolkig und schwach windig. Im weiteren Verlauf wurde es nicht anders – nur der Wind wurde stärker und der Regen häufiger. Die Wolken ließen sich nicht vertreiben, auch wenn wir noch so sehnsüchtig einen kleinen Strahl der Sonne erbaten. Unbarmherzig ließ man uns den dunkelsten Januar seit 60 Jahren durchleben. Lediglich 22,5 Stunden kamen wir in den Genuss der Sonne. Dazu blieb es auch weiterhin frisch, aber nicht winterlich kalt.

Das änderte sich erst Mitte Januar, als die Temperaturen in den zweistelligen Minusbereich absanken und Wolken, Niesel- und Schneeregen das eintönige Wetterbild prägten. Gegen Ende des Monats wurde es knackig kalt, die Wolken hingen weiterhin dunkel und deprimierend am Himmel und Nebel und Glätte wurden wieder zu unseren täglichen Begleitern. Mancherorts lockerte die dicke Wolkendecke Ende Januar ein wenig auf. Er entließ uns mit hängenden Gesichtern, deprimiertem Gemüt und weil das alles noch nicht genug war, mit Schnee.

Hoffnung am letzten Februartag

Der Februar gab uns dann den Rest: Er führte das weiter, was der Januar angefangen hatte. Anfang des Monats war der Himmel weiterhin mit einer scheinbar undurchdringlichen Wolkendecke bedeckt, es fiel teilweise Schnee, teilweise Regen; die Temperaturen lagen um den Gefrierpunkt. Im weiteren Verlauf wurde es jedoch etwas wärmer. Nachts hingegen suchte Mister Frost uns auf, wodurch die Temperaturen auf -10°C sanken, während wir unter einer dicken Decke von Sonne träumten.

Doch die Wolken blieben, begleitet von Nebel, Regen und in manchen Regionen auch von Schnee. Einige Gebiete waren mit sehr leichten Auflockerungen beglückt, doch kalt blieb es mit oftmals zweistelligen Minusgraden trotzdem. Somit hatten weder Verliebte zum Valentinstag noch die Schulkinder in den Februarferien sonderlich Glück mit dem Wetter. Zum Ende des Monats gab es noch einmal eine kräftige Ladung Schnee, die im Grunde ganz Deutschland erfasste. Dafür wurde es tagsüber mit -2°C bis 4°C milder. Die Nächte waren durch Mister Frost geprägt, 15° minus waren der Normalfall. Der letzte Februartag gab uns jedoch wieder ein klein wenig Hoffnung: Im Norden Deutschlands schien bereits die Sonne, und die Temperaturen quälten sich auf bis zu 7°C. Da musste der März doch besser werden, oder?

Oh ja, der März fing freundlich und hoffnungsvoll an: Es war größtenteils trocken und heiter, wenn die Temperaturen gebietsweise auch bis zu -10°C erreichten. Doch auch das änderte sich in den darauffolgenden Tagen. Die Sonne kam zurück! Man wollte seinen Augen nicht glauben, als man morgens auf den Bus wartete oder zur Arbeit fuhr, aber dort oben am Himmel stand tatsächlich eine milchig-gelbe Scheibe, hinterlegt mit blauem Himmel. Auch die Temperaturen luden viele Bewohner Dresdens zum Beispiel ein, an der Elbe spazieren zu gehen. Auch wenn der Wind über unsere Köpfe pustete, fingen wir langsam an, uns aus dem Winterblues zu pellen.

Winter im Frühling

Leider hielt das leichte Frühlingswetter nicht lange an. Bereits wenige Tage nach dem Erwachen verschwand der Frühling wieder, als hätte er Deutschland nur ein kleines Küsschen aufgedrückt. Es wurden wieder einstellige Minusgrade erreicht und Schnee oder Regen zogen über Deutschland. Im Norden Deutschlands wurde es sogar richtig kalt mit -10°C. Mit weiterem Schneefall, teilweise Sonne und Temperaturen von -14°C bis 10°C nahm der Winter seinen Lauf und wir warteten weiter auf ein erneutes Zeichen des Frühlings. Doch der ließ (bzw. lässt) auf sich warten: Die Wolkendecke begann, sich wieder zuzuziehen, Schnee fiel, als ob er uns vermisst hätte und die Schneeschieber waren wieder im Einsatz.

Doch jetzt, Ende März, lässt sich die Sonne wieder blicken und kitzelt bereits in den Morgenstunden unser Gesicht. Dennoch ist es bitterkalt, es geht ein bisschen Wind, und der Schnee bleibt eisern liegen. Eigentlich sind wir froh darüber, dass wenigstens die Sonne uns das Gefühl gibt, nicht tiefsten Winter, sondern eigentlich Anfang Frühling zu haben. Doch auch sie kann die Sorgen nicht verdrängen, die die Bevölkerung plagen: Die Vögel finden nichts mehr zum Picken, Frühblüher frieren sich die Blätter ab, und Ostereier wurden dieses Jahr vielerorts im Schnee gesucht. Wenn man die Meinung der Bürger über diesen zähen Winter mit wenigen Worten zusammenfassen müsste, würde sie wahrscheinlich so lauten: ES REICHT! Ich will Frühling!

Und das ist natürlich durchaus nachvollziehbar. Der meteorologische Frühlingsanfang (1. März), sowie der astronomische (20. März) sind bereits überschritten, und immer noch liegt Schnee auf dem Fußweg, die Temperaturen sind unter Null, nachts sogar im zweistelligen Minusbereich, und nach Aussagen der Meteorologen dürfen wir erst Mitte April mit einer Besserung rechnen. Letztes Jahr um diese Zeit war es angenehm warm, die Sonne schien und man musste nicht bangen, dass die Schokolade vom Osterhasen im Schnee anfriert. Doch wie heißt es so schön: Es muss eben erst hässlich werden, damit es schön wird. Na wenn das so ist, dann müssten wir bald den fantastischsten Frühling aller Zeiten erleben dürfen.

Also dann: Frohe Weihnachten, ähhh…Ostern!

Leah Stange, Humboldt-Gymnasium Radeberg, 9l

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