Erfahrungsbericht

Fridays for Praktikum

Die 16-jährige Cosima Schalk hat sieben Wochen Praktikum in der Stadtredaktion gemacht. Aus der Waldorfschule in die Stadtredaktion – hier schildert sie ihre Eindrücke.

Warum ein Praktikum bei der Lokalzeitung?
Schon seit ein paar Jahren konnte ich mir Journalismus als zukünftige Berufsrichtung vorstellen. Als das erste Mal die Zeit kam, von der Schule aus ein Praktikum zu machen, hatte ich aber gerade andere Pläne im Kopf. Zum Beispiel im Zoo oder in der Apotheke zu arbeiten. Jetzt, in der elften Klasse, wollte ich dann unbedingt zur Zeitung.

Was hat mich überrascht?
Ich wusste nicht, dass man als 16 Jährige Schülerin ohne Kenntnisse des Journalismus in der Redaktion überhaupt mehr als Zeitungen sortieren darf! Doch ich konnte Artikel schreiben, Menschen und Firmeninhaber interviewen und die Vielfalt des Journalismus richtig kennenlernen. Mich überraschte es, wie bereitwillig Menschen mit Fremden über persönliche Themen reden. Manchmal war ich so im Gespräch drin, dass ich die Zeit einfach vergaß.

Was hat mir Spaß gemacht?
In den ersten paar Tagen brauchte ich viel Mut, um die Sache richtig an mich zu reißen. Alleine an fremde Orte zu fahren, um fremde Menschen und ihre Arbeit kennen zu lernen war für mich neu, doch dabei wurden mir so viele Türen geöffnet: das Klärwerk, die Wildvogelauffangstation und den Dresdner Zoo zu besuchen waren unter anderem die Highlights aus den sieben Wochen. Das Praktikum ließ mich auch in so viele andere Jobs reinschauen.
Während ich meine ersten Notizen zu Berichten verfasste, dachte ich noch, dass jeder Mitarbeiter hier Wochen für einen Bericht braucht. Doch bald wurde mir klar, dass die Mitarbeiter pro Tag mehrere Berichte veröffentlichen und ich mir einfach zu viel Zeit ließ. Ich machte mir immer Gedanken, wie ich meine Sätze formulieren soll und wie sie am professionellsten klingen, doch im Endeffekt leben wir im Jetzt und nicht im 19. Jahrhundert.

Was werde ich mitnehmen?
Am Ende dieser kurzen Zeit werde ich diese Dinge mitnehmen: Wichtige Infos aufgreifen und merken, mit Leuten kommunizieren können und respektvoll seine eigene Meinung in die Welt zu setzen, das gehört alles dazu. Die Erfahrungen bestätigten meine Vorstellungen von der Arbeit und ich hoffe, ich kann in naher Zukunft weitere Zeit bei der SZ verbringen. 

Foto: Martin von Creytz/privat

Anmerkung: Wir bekommen oft Anfragen von Schüler*innen wegen Praktika. Darüber freuen wir uns, doch sind die Zeiten von zwei Wochen oft zu kurz, um euch wirklich etwas beizubringen. Im Falle von Cosima waren es sieben Wochen – und das für sie und für uns ein Glücksfall.

Erfahrungsbericht

Locked down in Görliwood

Max hat die Corona-Ausgangsbeschränkungen in einem Görlitzer Hausprojekt verbracht. Von Planlosigkeit, Bundespolizei und rechtsradikalen Pizzabäckern.

Die Stipo ist die Stille Post, ein Hausprojekt mitten in Görlitz. Eine alte Villa, kurz vor dem Abriss, um dem geplanten Kaufhaus-Projekt zu weichen (es soll ohne Witz ein Parkhaus hin – kannste dir nicht ausdenken). Fünf Leute, ein Hund und ich. Mein Zimmer eine Pritsche und ein Kohleofen, eine alte Kommode, ein aus Bierkästen und einem Brett gebauter Schreibtisch. Dafür gutes Internet. Das war auch entscheidend, weil Homeoffice. Gleichzeitig beschloss das Haus im Plenum, dass es solidarisch ist, sich an die Kontaktbeschränkungen zu halten. Jackpot.

Persönlich war es natürlich eine Wucht. Ich habe die Leute im Haus in den Wochen kennen und schätzen gelernt, sie waren so überhaupt nicht, wie man sich Görlitz vorstellt. Nur das Grillen im Garten geriet aus lauter Panik vor der Polizei zum Nervenkitzel. Seit dem Schließen der polnischen Grenze hatten die freie Kapazitäten (O-Ton Polizeisprecher) und waren deswegen fleißig mit Kontrollen beschäftigt. Im Minutentakt fuhren die Autos durch Görlitz, es war bizarr.

Was zur großen Herausforderung geriet, war der Journalismus. In eine fremde Stadt zu kommen und aus dem Nichts Themen zu finden, ist schon so ein Ding der Unmöglichkeit. Meine Strategie ist dann meistens, durch die Stadt zu laufen und Themen zu „suchen.“ Mit Ausgangsbeschränkung schwierig. Also verbrachte ich Stunden damit, auf dem Hausdach zu liegen, in den Himmel zu starren und mir interessante Fragen über Görlitz aus dem Hirn zu saugen. Gute Übung. Aber verdammt anstrengend.

Dazu noch die alles erstickende Monothematik. War es am Anfang noch faszinierend, jedem Hinweis auf das Virus nachzugehen, wurde es nach einigen Woche zäh wie Kaugummi. Es passierte ja nichts. Und die fünfhundertste Story zu schreiben, wie Gastronom XY jetzt leidet? Wer liest sowas? Da war der Pizzabäcker, der wegen Corona (an das er nicht glaubt, alles gesteuert) seinen Lieferando-Vertrag gekündigt hat, noch eine willkommende Abwechslung. Das Gespräch war zwar etwas unangenehm (AfD yay, Geflüchtete ney, alle anderen korrupt), aber immerhin etwas.

Doch gerade wegen dieser intensiven Zeit, war der Abschied aus Görlitz echt schwer. Und obwohl ich am Anfang gar nicht dorthin wollte, hab ich im Zug zurück nach Hause nicht nur eine Träne verdrückt. Görlitz ist eine faszinierende Stadt. Echt jetzt.

Bewirb dich!

Volontär*in gesucht!

Liebe Interessierte,

An dieser Stelle nur ganz kurz der Hinweis: Zurzeit hat die SZ eine Volontär*innen-Stelle ausgeschrieben. Was das bedeutet, nun, die Bewerbung ist ein richtig großer Schritt hin zum Ziel, im Journalistenberuf durchzustarten. Falls es das nicht ist, könnte das hier möglicherweise nicht die ganz richtige Seite für dich sein.

Also, die Ausschreibung findest du hier. Bewerbungtipps unter dem Reiter „Jobs & Praktika“. Und wenn du sonst was dazu wissen willst: Schreib‘ uns doch einfach.

Foto: Thomas Kretschel

Erfahrungsbericht

Der Oscar im Monat

Theorie und Praxis sind selten einer Meinung. Das müssen auch angehende Journalist*innen lernen. Es ist doch so: Eigentlich will man die großen Themen bearbeiten, wegweisende Essays verfassen und Reportagen schreiben, die Leser*innen die Tränen in die Augen treiben. Was ich lernen musste: Solche Texte sind eher die Ausnahme. Woran liegt das? Und ist das schlimm?

Bei unserer Volo-Schulung bei SZ-Chefreporterin Karin Großmann (vermutlich die beste Schreiberin der Sächsischen Zeitung) erwähnte sie im Nebensatz eine alte journalistische Weisheit: „Es gibt einen Oscar im Monat“. Das soll bedeuten, dass man im Durchschnitt im Monat einen Text schreibt, auf den man so richtig stolz ist und vermutlich auch sein kann. Denn ein Großteil unserer Arbeit ist das Tagesgeschäft: Baustellen, Veranstaltungen, Rezensionen, aktuelle Ereignisse. Da bleibt wenig Zeit für die eigenen, großen Geschichten.

Doch schlimm ist das keinesfalls, denn es ist der Kernteil unserer Arbeit bei einer Tageszeitung. Spiegel-Reporter*innen geht das natürlich anders, aber deren täglich Brot hat mit unserem verblüffend wenig zu tun. Und letztlich muss man gestehen, dass in diesen großen, eigenen Geschichten meist viel Zeit und Mühe steckt. Und dann werden sie gedruckt, die Tinte trocknet und schon am Nachmittag des nächsten Tages landen sie in der Papiertonne.

Das ist das Schicksal einer Tageszeitung, natürlich. Mein Oscar des Monats Juli war die Geschichte Wie ein Dorf zerfällt über die umstrittenen Umtriebe eines Investors im kleinen Dorf Taubenheim bei Meißen. Diese Geschichte stand drei Wochen bei mir im Block, beinhaltete unzählige Telefonate und Besuche vor Ort. Am Ende war sie gut, und ich darf zugeben dass ich ein wenig stolz drauf bin. Doch würde ich ausschließlich solche Dinge schreiben, wäre die Zeitung schlicht leer. Kosten und Nutzen stehen in keinem wirklichen Verhältnis, was schade, aber die Realität einer Tageszeitung ist. Oder?

Bei der SZ ist das Interesse an solchen Geschichten sehr groß und die Reaktionen positiv. Und was man auch merkt: Es sind genau solche Themen und Texte, für die unsere Leser*innen Digitalabos abschließen. Nur für die Geschichte aus Taubenheim wurden gleich zwei abgeschlossen. Und wenn jede*r Journalist*in bei uns einen Oscar im Monat produziert, dann tut das unserer Zeitung so richtig gut. Also: Nicht entmutigen lassen. Die Killer-Reportage wartet schon hinter der nächsten Ecke!

Erfahrungsbericht

Zeitung ohne zu Schreiben – warum das?

Volontär Max ist als Editor in die SZ „hineingerutscht“. Wie das ohne Vorbildung möglich war und warum ihm manchmal vor lauter Druck die Tränen kamen, erzählt er in diesem Beitrag.

Stellv. Stadtchef Peter Hilbert gibt Editor Jorge Obst Anweisungen. Redakteurin Kay Haufe nimmt diese kritisch zur Kenntnis. Letztes Jahr hätte auch ich auf diesem Foto sitzen können. Foto: Svenniboi

Manchmal braucht man einfach ein bisschen Glück. So ging es mir auf meinem Weg ins Volontariat bei der SZ. Ende 2016 saß ich als studentischer Praktikant in der Stadtredaktion Dresden und schrieb über Einzelhandel in Pieschen, über defekte Fahrstühle in Prohlis und über das Panometer in Reick. Mein Ziel war klar: Ich muss einen Weg finden hier zu bleiben. Schließlich wollte ich seit einem Schülerpraktikum mit 14 Jahren ganz unbedingt Journalist werden. Vielleicht hat es auch mit Erziehung zu tun – schließlich ist auch meine Mutter Journalistin, allerdings im Harz.

„Max, komm mal bitte zu Claudia“ – so lautet die Einladung zu einer kleinen Audienz bei der Stadtchefin Claudia Schade. Die Redaktion stand vor einem Problem: Editor Klemens Deider sollte in wenigen Wochen Vater werden. Das bedeutete, dass er einen ganzen Monat zu Hause bleiben und danach verkürzt arbeiten würde. Da Claudia und Peter (ihr Stellvertreter) ganz zufrieden mit meiner Arbeit(seinstellung) waren, fragten sie mich, ob ich nicht als Editor arbeiten wollte. Das war zwar nicht so ganz was ich machen wollte, aber es war die Chance bei der SZ zu arbeiten, Kollegen kennenzulernen und letztlich lag mein Studium ohnehin in den letzten Zügen und ich konnte einen Job gut gebrauchen. Also sagte ich zu und wurde Werkstudent.

Ich war nun also Editor und saß am völlig überdimensionierten Dresdner Newsdesk. Die Frage „was macht denn so ein Editor?“ ist völlig berechtigt. Was die wenigsten wissen: In einer Redaktion gibt es Redakteure und Editoren. Redakteure liefern Inhalte, Editoren machen aus den Inhalten eine Zeitung. Sie gestalten die Seiten, lesen die Texte Korrektur, kümmern sich um die Bildauswahl und sind die letzten, die nochmal auf eine fertige Seite schauten. Ohne zu übertreiben, bei den ersten Malen auf den Knopf drücken, der eine Seite in die Druckerei schickte, hab ich vor lauter Anspannung fast angefangen zu heulen. Wenn jetzt irgendwo ein Fehler übersehen oder ein Bildtext vergessen wurde, wäre letztlich meine Schuld!

Neben mir saß meist Jorge Obst, der Chefeditor der Stadtredaktion, dem die unangenehme Aufgabe aufgedrückt wurde, mir alles haarklein beizubringen. Am Anfang bedeutete das für ihn verständlicherweise einigen Stress und Mehrarbeit, aber im Laufe der Zeit entwickelten wir uns zu einem echt guten Team und heute ist Jorge mein engster Freund in der Redaktion. Was für ihn bedeutet, dass ich immer, wenn ich irgendwo nicht weiter komme, zuerst ihn anrufe. Noch nimmt er es mir aber nicht übel.

Diesen Job machte ich knapp zwei Jahre neben dem Studium. Das heißt, ich machte das Studium neben dem Beruf. Denn es gibt Krankheitsfälle, Urlaube, Sonntagsdienste und Sonderschichten, die mir zu viel Arbeit aber eben auch zu einem im Endeffekt 20+ Stunden Job verholfen haben, obwohl ich nur für ein Jahr „zwei Tage die Woche“ und danach „wenn wir dich mal brauchen“ eingeteilt war. Was darauf hinauslief, dass ich, als ich abtrat um ins Volontariat einzusteigen, ein kleines Löchlein hinterließ.

Was ich nun kann? Ich kann Seiten bauen, habe zahllose gute journalistische Texte gelesen, kenne die Leute im Haus, kenne die Arbeitsabläufe und kann mir meine eigenen Artikel hübsch und vielleicht etwas besonders layouten. Doch ich merke auch, dass der Alltag als Schreiber etwas gänzlich anderes ist. Trotzdem kann ich jedem Volontär empfehlen, auch mal eine Zeit als Editor zu verbringen. Und ich freue mich sehr, in die Stadtredaktion Dresden zurückzukehren. Und auf Jorges Kommentare, wenn er meine Texte redigieren muss.

News

Die Schreibschule auf journalist-werden.de

Wer schön sein will muss schreiben. Trotzdem ist Journalismus in erster Linie ein Handwerk. Das ist alles auch kein Hexenwerk, trotzdem kann sich nur kreativ ausleben, wer ein paar Grundregeln beherrscht. Denn erst dann können diese gezielt durchbrochen werden. Die neue Rubik „Schreibschule“ soll Dir einen Überblick über die drei gängigsten Textgattungen geben: Die Meldung, den Bericht und die Reportage. Dann gibt es noch einen Beitrag über Interview, in dem es auch um die Frage geht, wann in dieser Gesprächssituation Freundlichkeit aufhört und Manipulation beginnt. Und zuletzt gibt es noch einen kleinen Exkurs zur Rezension von der SZ-Theaterkritikerin Johanna Lemke.

Zur neuen Schreibschule

Am Ende jeder Lektion findest du eine kleine Schreibaufgabe. Wenn du Lust hast sie alle zu machen, dann nur zu. Falls nur einzelne, auch nicht schlimm. Wenn du Feedback dazu möchtest, kannst du deine fertigen kleinen Texte gern an uns schicken, wir geben dir dann ein paar schriftliche Hinweise.

In den folgenden Tagen wird es noch einen kleinen Bonus zur Pressefotografie geben, der ein bisschen Technik behandelt und Hilfestellungen zu den gängigsten Motiven geben soll. Fehlen euch noch Kategorien? Falls ihr, liebe Kollegen, euch berufen fühlt, etwas zu weiteren Textarten wie Gerichtsberichten oder Features zu schreiben, freut sich dieser Blog gern jederzeit über Anregungen.

Erfahrungsbericht

Wir sind ’ne Zeitung und kein Radio! Mein erster Podcast.

Go Podcasting! Ein Satz, viel Wahrheit. Denn Podcasts sind das Medium der Stunde – jeder Schauspieler, Musiker und Journalist macht einen. Und natürlich die Sächsische Zeitung. Kreativdirektor Fabian Deicke erfand Anfang des Jahres die „Drittelstunde“, ein 20-minütiges Interviewformat mit einem Gast und Fragen aus der Community. Und ich hatte schon immer Lust, das auch mal zu probieren. Schließlich bin ich ganz persönlich auch Podcast-Fanatiker. Und so nahm ich meinen Mut zusammen, sprach ihn an und er sagte ja.

„Soziale Medien“ sollten das Thema sein. Als Gesprächspartnerin schlug ich Dr. Cornelia Mothes vor, bei der ich in grauer Vorzeit meines Kommunikationswissenschafts-Studiums mal ein Tutorium besucht hatte. Frau Mothes sagte zu, alles lief glatt. Bis zum Tag vor der geplanten Aufnahme, denn da machte uns die Grippewelle einen Strich durch die Rechnung und unsere Gesprächspartnerin sagte ab. Doch sie schickte eine mindestens ebenbürtige Vertretung: Anna-Maria Schielicke, ebenfalls Kommunikationswissenschaftlerin, stand uns Rede und Antwort.

Und was soll ich sagen, es war total lässig. Das entspannte Hinsetzen und Reden hatte wenig mit einem Radio- oder Fernsehinterview zu tun. Wir sprachen ziemlich genau 20 Minuten mit eingeschaltetem Mikrofon – anschließend nochmal eine (beinahe interessantere) halbe Stunde bei ausgeschaltetem. Anschließend noch Fototermin und ein bisschen über Journalismus reden und dann konnte die Nummer online gehen.

Und beim Hören? Mal abgesehen davon, dass ich (trotz jahrelanger Schauspielerfahrung) eine absolut grottige, stammelige Aussprache habe, hat es echt Spaß gemacht. Ein Podcast ist ein lockeres Medium zum nebenbei Hören, zu viele Schnitte, Einspieler und Musik wären ohnehin ablenkend. Ich hatte das vorher für eine Ausrede gehalten, jetzt denke ich, dass durch diese Ungezwungenheit wirklich gute Gespräche zustande kommen. Und damit folgt er einen uralten, journalistischen Regel: Inhalt vor Form.

Jetzt auf Spotify.com anhören:
„Der Gründe, dem zur Wahl in Dresden Besonderes glückte“
– Drittelstunde – der SZ Podcast. Gast: Anna-Maria Schielicke
Erfahrungsbericht

Haute Kultür – Meine Grenzen im Feuilleton

Auf dem großen, runden Konferenztisch im fünften Stock liegt ein Hefter. „Fülledong“ steht darauf. Drinnen finden sich Texte, nach Kategorien geordnet. Sachbuch, Belletristik, Popmusik, klassische Musik, Theater und Kunst. Das ist sie also, die hochoffizielle „Kultur“. Vielleicht der Umstand, an dem ich in drei Monaten Feuilleton-Redaktion am meisten zu knabbern hatte.

Nach meinen drei Monaten im Lokalen (ich war zuvor in Pirna und Freital unterwegs) war der Aufschlag im Feuilleton denkbar schroff. Hier ist die Schlagzahl viel niedriger, die Ansprüche an die Texte aber deutlichhöher. Entsprechend rot bekritzelt ist mein erster Entwurf zum Thema Podcast. Viel zu speziell, viel zu thesenarm und sprachlich sehr unausgereift. Doch Marcus Thielking (Feuilleton-Chef) erklärt freundlich und seelenruhig jede Anmerkung. Ob meine Einlassungen nun qualitativ total unterirdisch sind, lässt sich nicht aus seinem Gesicht ablesen.

Wenig später schreibe ich meinen kleinen Leuchtturm-Text: „Die Sprachwächter*innen„. Ein Text, der zeigt, dass gendergerechte Sprache gar nicht wehtut und nebenbei der „Anti-Gender-Petition“ des Vereins für Deutsche Sprache noch einen mitgeben soll. Aus der Retrospektive hätte ich ihn gern etwas positiver und weniger defensiv geschrieben. Doch vielleicht war es auch gut so, denn auch so kamen bislang 30 Leserbriefe zum Thema an. Einige mit interessanten Anmerkungen, die mir Frauenfeindlichkeit unterstellten und denen meine Ideen nicht weit genug gingen, bis hin zu einer Dame, die mir ein Buch mit schönen deutschen Texten schenken wollte. Die meisten Briefe stammten allerdings von Männern und trafen weit unter der Gürtellinie. Das „Kuckuckskind, das sich die SZ ins Nest legte“ war einer der Tiefpunkte.

Nun, drei Monate Feuilleton. Theater, Feminismus, Veranstaltungen und Interviews, abwechslungsreich war es in jedem Fall. Auch die beiden Texte, die ich für die Wissenschaft schreiben durfte, haben Spaß gemacht. Und vor allem darf man hier noch etwas von dem „guten alten Journalismus“ kosten, der nicht jeden Tag zwei Texte verlangt, sondern es ermöglicht, sich auch mal in ein Thema einzuarbeiten, beziehungsweise Expertise auf einem Gebiet zu sammeln. Das kommt der Qualität zugute und die Fachgespräche unter den Kollegen waren wirklich bereichernd.

Schwierig hingegen wird es, wenn die fachliche Expertise in Fachtexten mündet, die Otto-Normalleser eigentlich kaum verstehen kann. Und auch die Einschränkung des Kulturbegriffs auf die oben genannten Kategorien bereitet mir Kopfzerbrechen. Ist das wirklich alles? Ich habe meine ganz persönliche Vergangenheit in den Tiefen des Amateurtheaters und dort großartige Momente erlebt. Dafür ist, genau wie für Untergrundkultur, wenig Platz. Schade, vor allem für die Online-Leserschaft. Vielleicht wäre es auch meine Aufgabe gewesen, neue Impulse hereinzugeben, mich ganz in eine neue Richtung zu werfen? Das habe ich dann leider doch versäumt, ob aus Respekt oder Faulheit. Shame! Möglicherweise ist solch eine Aufgabe aber auch zu groß für einen Journalisten in Ausbildung.

Trotzdem oder gerade deshalb habe ich sehr viel über meine eigenen Texte gelernt, nicht zuletzt, wegen der manchmal vernichtenden Blattkritik jeden Morgen. Und im Moment ist es eine sehr besondere und intensive Zeit. Schließlich findet jetzt gerade die sukzessive Umstellung auf online-first, also die Priorisierung der Artikel auf Online statt Print, statt. An dieser Verschiebung hat das Feuilleton arg zu knabbern, fachlich wie menschlich. Ich hoffe sehr, dass sie das auf die Reihe kriegen. Ich werde schließlich nicht der Einzige sein, der morgens in der Zeitung zuerst den Kulturteil liest.

Wie geht Journalismus

Wie wir das Internet unterschätzt haben

Mirko Jakubowsky, Leiter sz-online
Mirko Jakubowsky, Leiter sz-online

Er ist hier der Chef.

Nein, er war hier der Chef. Dieser Text ist am 05. Januar 2012 erschienen. Das ist jetzt etwas mehr als sieben Jahre her. Ich bin beim Aufräumen dieses Blogs darauf gestoßen. In diesen sieben Jahren hat sich so ziemlich alles verändert, und der Text ist ungefähr so aktuell wie das Frauenbild in Kabale und Liebe. Er beschreibt damals die fast noch als Sonderling betrachtete Online-Redaktion. Inzwischen setzt die Zeitung „online first“ um, und unsere Internetseite sächsische.de ist das Hauptthema im Newsroom. Warum das hier trotzdem lesenswert ist? Weil es eine beinahe unterhaltsame Aufbruchsstimmung vermittelt. Und dann merkt man erst, wie viel sich verändert hat. Sorry Mirko, aber auch als Online-Chef der Stadtredaktion Dresden machst du einen tollen Job. Und das „keck-über-die-Schulter-gucken“ beherrschst du noch immer wie kein Zweiter. /Max

Hätte mich vor 15 Jahren jemand gefragt, ob ich nicht Journalist werden möchte, ich hätte dankend abgelehnt und gesagt, dass ich zwar schon immer über ein gewisses Mitteilungsbedürfnis verfüge, mich die sich rasant entwickelnde Computerbranche und das Internet aber viel mehr fesseln. Schließlich schraubte ich mir damals meinen ersten PC zusammen, kannte mich mit dem Netz aus. Schon während meines Studiums bot mir die Redaktion einer Suchmaschine einen Praktikumsplatz an, ich schnupperte Redaktionsluft – und bin davon nicht wieder losgekommen. Es folgte ein Job bei einem TV-Sender und als die SZ für ihr Onlineportal schließlich einen freien Mitarbeiter in meiner Heimatstadt suchte, bezog ich ein Büro im Dresdner Haus der Presse.

Jahre später, mittlerweile als Redaktionsleiter der Onliner, fasziniert mich das nicht mehr ganz so neue Medium mit all seinen Möglichkeiten zwar immer noch, vor allem bringt mich aber die Kreativität der Redaktion ins Staunen. Aus Ideen werden Geschichten gemacht – und das oft ganz schnell. Einen typischen Tag gibt es in der Onlineredaktion nicht, und doch haben die meisten etwas gemein: Sie sind spannend, oft überraschend und fast immer lang.

Das ist die Online-Redaktion

Wir sind die „jüngste“ Redaktion der Sächsischen Zeitung. Uns gibt es erst seit 1996. Damals bestand die Onlineredaktion gerade mal aus einem Mitarbeiter, ein weiterer kümmerte sich um die überschaubare Technik. Heute gibt es keine Einzelkämpfer mehr: Mittlerweile wird sz-online.de von fünf Redakteuren und mit Unterstützung freier Mitarbeiter rund um die Uhr mit neuen Inhalten „gefüttert“.

Meist sind wir auch diejenigen, die nicht nur ihre Rechner und Laptops einschalten, sondern auch die Kaffeemaschine im SZ-NewSZroom wecken. Denn fast immer sind wir die ersten, die hier Agenturen sichten, Fotos auswählen, Nachrichten schreiben, Meldungen auf Facebook platzieren, Aktuelles twittern und und und. Ganz oft wird der Kaffee schnell wieder kalt, weil die Zeit knapp wird: Neben dem Blick für die relevanten Webseiteninhalte gibt es für uns in Schichten arbeitenden Onliner mehrere Sitzungen und viele Absprachen mit den Kollegen aus anderen Ressorts, es werden Dutzende Telefonate mit Reportern, Pressestellen, Fotografen und Lesern geführt. Am späten Abend ist dann zumindest für unsere Newszroom-Computer Schluss, denn wir haben auch die Möglichkeit, Inhalte von jedem beliebigen Rechner auf die Website zu stellen. Und auch die Kaffeemaschine hat dann Feierabend.

So erreichst du die Online-Redaktion:

Du willst ein Praktikum in der Online-Redaktion machen, als freier Mitarbeiter arbeiten oder du hast einfach nur eine Frage? Dann schreib‘ der Redaktion eine Mail oder ruf an:

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