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„In deutschen Städten fühle ich mich frei“

MélanieMélanie Gonzalez studiert Journalismus an der renommierten Pariser Universität Sorbonne. Als Praktikantin schreibt sie derzeit Artikel für die Lokalredaktion der Sächsischen Zeitung in Dresden. Auch in Zukunft möchte die 24-Jährige in Deutschland leben und arbeiten. Warum, erzählt sie uns im Interview.

Mélanie, du schreibst auf Französisch und Deutsch – welche ist die tollere Sprache?

Französisch. Aber einfach nur, weil ich mehr verstehe und mich besser ausdrücken kann. Im Deutschen bekomme ich noch nicht alle Feinheiten mit. Aber Deutsch ist für mich die schönste Fremdsprache, die es gibt.

Warum?

Es klingt sehr schön. Männlich irgendwie – wie eine Mischung aus Ernst und Melancholie. Wie ein starkes Gefühl. Als Frau gefällt mir das.

Was ist das Kniffligste an der deutschen Sprache?

Die Deklination. Die Fälle, also Akkusativ, Dativ, Genitiv und Nominativ. Ich muss auswendig lernen, wann es „den“ und wann es „dem guten Wein“ heißt. Das ist mühsam. Und natürlich die Artikel. Im Französischen gibt es nur „la“ und „le“, also „die“ und „der“. „Das“ ist für mich einfach immer noch komisch.

Welche Hilfsmittel nutzt du, wenn du Artikel für die Sächsische Zeitung schreibst?

Ich nutze zwei Online-Wörterbücher, die immer geöffnet sind, wenn ich schreibe. Und meinen kleinen Deklinationsspicker.

Hamburg, Berlin und Frankfurt sind in Deutschland die großen Medienstädte – warum hast du dich für Dresden entschieden?

Ich habe sechs Bewerbungen nach Deutschland geschickt und vier Zusagen in Köln, Leipzig, Berlin und Dresden bekommen. Insgesamt mache ich drei Praktika. Da habe mich für die drei Städte im Osten im entschieden.

Ach so, warum?

Ich habe zwei Jahre in Hamburg gelebt und wollte noch mal was Neues kennenzulernen. Aber da steckt auch noch eine kleine Anekdote hinter. Meine erste große Liebe, mit elf Jahren (lacht!), kam aus Dresden. Damit war die Stadt für mich immer ein bisschen mysteriös. Ich wollte Dresden dann selbst gern kennenlernen. Der Hauptgrund war letztlich aber, dass ich gehört habe, dass man als Praktikantin hier, bei der Sächsischen Zeitung, viel lernen kann. Und das stimmt auch. Ich werde gut betreut und habe viel zu tun.

Wenn du die Sächsische Zeitung mit den Zeitungen in Frankreich vergleichst – wo liegen die Unterschiede?

Die Lokalzeitungen in Deutschland sind erfolgreicher. Oder sagen wir etablierter. Hier in der Region ist die Sächsische Zeitung das wichtigste Blatt. In Frankreich ist die Lokalpresse nicht so beliebt. Dort sind die großen nationalen Zeitungen, wie Le Monde, Libération oder Le Figaro bedeutender.

Der klassische Printjournalismus ist im Wandel: Auflagen sinken, Inhalte wandern ins Internet ab. Welche Antworten hat man darauf in Frankreich?

Mehr Lokales lautet die Antwort darauf. Die Nachrichten aus der Region findet man nicht im Internet. Wenn die Presse überleben will, muss sie sich aufs Lokale fokussieren.

Also ähnlich wie in Deutschland. Du studierst deutsch-französischen Journalismus in Paris. Woher kommt dein Interesse für Deutschland?

Meine Mutter hat selbst als junge Frau einige Zeit in Deutschland gelebt. Sie hat das Interesse für das Land an mich weitergegeben. Ich erinnere mich genau an die erste Reise nach Deutschland, als ich elf Jahre alt war. Damals sind wir nach Nürnberg gefahren. Seit meinem ersten Besuch in Deutschland bin ich jedes Jahr mindestens ein Mal nach Deutschland gekommen.

Was gefällt dir hier?

Mir gefällt die Stimmung. Die Leute nutzen die vielen Parks, die es in den Städten gibt. Sie grillen dort, spielen oder machen einfach nichts. In Frankreich sind die Städte stressiger, eng. Paris ist zwar schön, aber ich bin lieber in Hamburg oder Dresden. In deutschen Städten fühle ich mich frei.

Gibt es etwas, was du in Deutschland eigenartig findest?

Manche Deutsche lassen den Schaum nach dem Spülen am Geschirr. Das finde ich komisch. Hmmh, was noch? In einem Bett für zwei, also für ein Paar, gibt es immer zwei Bettdecken. In Frankreich gibt es immer nur eine große Decke. Blöd nur, wenn einer daran zieht.

In welchem der beiden Länder möchtest du einmal leben?

Ich will auf jeden Fall in Deutschland leben. Am liebsten in Hamburg. Ich vermisse zwar mein Dorf Nandax in der Nähe von Lyon und meine Familie, aber ich kann es mir nicht vorstellen in Frankreich zu arbeiten. Ich denke das kommt daher, dass ich in Deutschland erwachsen geworden bin. Hier habe ich angefangen zu arbeiten.

Die Fragen stellte Britta Veltzke

Info I: Mélanie Gonzalez ist Stipendiatin der Robert-Bosch-Stiftung. Die Stiftung bietet ein Austauschprogramm für deutsche und französische Nachwuchsjournalisten an. Bewerben können sich dafür Berufsanfänger und Journalisten in Ausbildung mit guten Französischkenntnissen.

http://www.bosch-stiftung.de/content/language1/html/5980.asp

Info II: Mélanie bloggt auch http://klecksandthecities.wordpress.com

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