Jeder hat sie schon einmal gesehen. Sie sitzen täglich an Straßenecken und verdienen sich dort ihren Lebensunterhalt: die Straßenmusiker. Zu ihnen gehört der 25-jährige Micha. Der Mann mit dem Künstlernamen Gebull ist auf die Straßenmusik angewiesen. In seiner Szene und Subkultur ist er aber auch als Rapper bekannt. Wir trafen ihn auf der Prager Straße in Dresden und baten ihn um ein Interview.
Wie lange machst Du schon Musik auf der Straße?
Das ist kompliziert. Ich mache eigentlich Rap und habe mit 13 Jahren schon angefangen, Texte zu schreiben. Straßenmusik mache ich jetzt seit ungefähr vier Jahren.
Wie viel verdienst Du durchschnittlich am Tag?
Es kommt immer darauf an, welche Jahreszeit wir haben, wie viele Leute vorbeikommen und in welcher Stadt man spielt. In Dresden bekommt man nicht so viel wie in Stuttgart. In meinen zwei Jahren in Stuttgart habe ich mehr verdient als in Dresden. In Dresden verdient man durchschnittlich 15 bis 20 Euro in der Stunde. Und wenn es nicht so gut läuft, sind es fünf bis zehn Euro.
Wie lange bist Du an einem Tag auf der Straße?
Man darf eigentlich nur von einer vollen bis zur halben Stunde hier sitzen. Ich setze mir meistens am Anfang einen Betrag von zehn bis 30 Euro, den ich haben will, und so lange spiele ich dann. Wenn ich merke, es bringt nichts, höre ich auch vorher auf.
Hast Du das Gitarrespielen gelernt?
Nein. Mit 15 Jahren hatte ich meine erste Gitarre und habe mir das Spielen selbst beigebracht. Eigentlich komme ich aus dem Hip-Hop und schreibe eher Texte. Die Gitarre ist nur Mittel zum Zweck, weil ich kein Geld verdiene, wenn ich mich hier hinstelle und rappe.
Spielst Du noch ein anderes Instrument?
Ich habe mal zwei Jahre Keyboardunterricht gehabt, was mir auch ein bisschen beim Gitarrespielen geholfen hat. Meine Stärke ist eher das Texteschreiben.
Gehört es für Dich zum Alltag, Musik auf der Straße zu machen oder hast Du noch einen anderen Job?
Ich lebe von Musik. Als Rapper habe ich aber auch Auftritte auf ganz normalen Bühnen.
Du bist also auch schon bekannt geworden?
In einer bestimmten Szene und Subkultur kennt man mich. Ich habe einen Fanradius von 500 bis 1.500 Fans. Das sind Leute, die meine Musik schon gehört und runtergeladen haben.
Du verdienst also mit der Straßenmusik noch etwas Geld nebenbei?
So kann man das auch nicht sagen. Ich bin auf die Straßenmusik angewiesen. Mit meinen Auftritten verdiene ich das Geld für Fahrtkosten und meine Miete. Meistens bekomme ich auch noch etwas Gage. Mit Straßenmusik finanziere ich meinen Tabak, Luxusessen oder die Fahrtkosten, wenn ich mal wegfahren möchte.
Es ist auch nicht so, wie viele sagen: „Die machen Musik auf der Straße, die müssen doch ein schlechtes Leben haben“?
Nein. Die meisten Straßenmusiker machen ihre Musik aus Leidenschaft. Ich streite nicht ab, dass ich Musik auch mache, um Geld zu verdienen. Im Sommer sitze ich oft in der Neustadt. Dort bekommt man allerdings noch weniger Geld als hier. Ich bin aber auch gerne dort, um einfach Musik zu machen.
Du hast im Leben alles, was du brauchst?
Ja. Ich habe keine hohen Ansprüche. Ich kann aber auch nicht sagen, wie viel Geld ich im Monat zur Verfügung habe. Es reicht, um meine Miete zu bezahlen. Mein Essen containere ich mir. [Containern = weggeworfene Lebensmittel aus Supermarkt-Containern fischen, Anm. d. Red.] Ich reise auch viel durch die Gegend und bleibe oft nicht lange an einem Ort. Ich glaube nicht, dass jeder so ein Leben führen könnte wie ich es tue, aber ich habe Spaß daran.
Wer sich Musik von Gebull herunterladen möchte, findet diese unter: www.soundcloud.de/Gebull
Die Fragen stellten Arina Schewtschuk und Marie Urban vom Léon-Foucault-Gymnasium Hoyerswerda.
Foto: Marie Urban