Ein Lokalredakteur arbeitet anders als ein Blattmacher. Moderatoren sprechen, was Reporter erfahren. Und ein Onliner macht irgendwie alles auf einmal. Jeder von ihnen hat einen eigenen Weg in den Journalismus gefunden. Wir haben fünf Journalisten-Typen entdeckt. Teil Vier: Fabian Schröder.
Onlineredakteur, Videojournalist und Communitymanager. Drei Schlagworte, die meinen Job bei der Sächsischen Zeitung umreißen. Seit Dezember 2012 gehe ich diesen Tätigkeiten hier in Dresden nach – in der Stadt meiner Herkunft. Der Weg von hier bis hierher zurück führte über viele Stationen. Er dauerte siebeneinhalb Jahre, kostete neben Nerven eine Stange Geld und hat sich trotzdem voll gelohnt.
Nun aber der Reihe nach: Journalist werden? Diese Frage stellte ich mir 2005 kurz nachdem ich auf der US-Airbase in Ramstein einen Wachdienst über Weihnachten absolvierte. Es gibt wirklich angenehmere Aufenthaltsorte während der Feiertage. Statt Wohnzimmer, Gänsebraten und Familie gab es Checkpoints, Cheeseburger und Irak-Heimkehrer. Für mich war diese Zeit hart, führte aber zu einer Erkenntnis: Das willst du nicht werden! Ich verwarf mein Ziel, eine Laufbahn bei der Bundeswehr einzuschlagen. Einziges Problem: Mit Plan-B hatte ich mich noch gar nicht befasst.
Der Gedanke daran, vielleicht einmal Spielanalysen auf der Pressetribüne eines Fußballstadions zu tippen, war noch nicht ausgereift, da entdeckte ich eine Anzeige in der SZ. Die Management Akademie Riesa, kurz „Marie“, warb darin mit einem neuen Studienkonzept für Sportjournalisten. Eine praxisnahe, moderne, medienübergreifende und individuelle Lehrmethode wurde angepriesen. Interessant! Die Sache hatte nur einen Haken: Es handelte sich um ein Privatstudium, das in drei Jahren rund 20.000 Euro kosten sollte. Baff! Ein Darlehen musste her, schnellstmöglich.
Monatsraten statt Semesterbeiträge
Ich, inzwischen 19 Jahre alt, aber kein bisschen kreditwürdig, brauchte einen Partner. Meine Eltern sprangen ein und unterstützten mich trotz der großen Summe. Statt überschaubarer Semesterbeiträge an einer staatlichen Uni zahlten wir happige Monatsraten an die „Marie“ und tilgten zusätzlich einen verzinsten Studienkredit.
Das Risiko, viel Geld zu verlieren, war groß. Zwei nicht bestandene Prüfungen und der Traum wäre zerplatzt wie eine Seifenblase – und hätte drei Menschen in eine private Finanzkrise gestürzt. Um es abzukürzen: Es war ein Mal brenzlig, hatte aber für alle ein Happy End.
Nur die Praxis schult
Das Studium hielt alles, was es versprach. Ich erlernte das journalistische Handwerk für Web und Print, drehte Videos, nahm Radiobeiträge auf und wurde in einer zwölfköpfigen Studiengruppe individuell gefördert. Die für meine jetzige Arbeit entscheidenden Erfahrungen sammelte ich allerdings während diverser Praktika. Dank der damals guten Verbindungen der „Marie“ zu Medienpartnern konnte ich mir Praxiseinheiten nach Maß zusammenstellen.
Mich reizten vor allem Online und Hörfunk. Deshalb entschied ich mich in zwei von drei großen Praxiszeiträumen für Angebote, die genau diese beiden Bereiche verbanden. So arbeitete ich ein Semester lang beim FC Sachsen Leipzig als Reporter für das Internet-Fanradio Leutzscher Welle. Heim- und Auswärtsspiele des Vereins moderierte ich zusammen mit einem Kollegen. Schon bei der ersten Übertragung waren wir ein gutes Duo – und mir der Leipziger Fußball vertraut. Ich hatte mich mit dem Club auseinandergesetzt und vor meinem Sendestart viele Hintergrundgespräche geführt. In dieser Zeit lernte ich drei wichtige Lektionen des journalistischen Arbeitens:
- Erstens: Sei niemals verlegen.
- Zweitens: Sei immer informiert.
- Drittens: Bist du es mal nicht, sei interessiert.
Vom Studium direkt in den Job
Das Studium war ein auf drei Jahre zugeschnittenes Programm, an dessen Ende der Bachelor of Arts stand. Prüfungen bedeuteten nicht gleich Stress. Es kam eher auf die konstante Leistungsbereitschaft in der Praxis an. Rückblickend hat sich diese Ausbildungsmethode für mich bewährt: Über mein zweites längeres Praktikum, das ich Anfang 2009 bei Radio Schleswig-Holstein (R.SH) von der Radioholding Regiocast absolvierte, ebnete sich der Weg zum ersten Job.
Bei R.SH begleitete ich das Tagesprogramm und setzte mich stark bei Onlinethemen ein. In allen Bereichen konnte ich schon sendefähige Inhalte abliefern. Das Umschalten zwischen verschiedenen Kanälen war für mich keine Hürde und zugleich ein Alleinstellungsmerkmal. Schließlich war man in dem Haus entweder Onliner, Nachrichtenredakteur oder Moderator – jedoch nicht alles auf einmal.
Passend zu dieser Erfahrung schrieb ich im Sommer des gleichen Jahres beim Bayerischen Rundfunk in München meine Bachelorarbeit. Sie war der erste Teil eines ARD-Forschungsprojekts über crossmediales Arbeiten in Fernsehen, Hörfunk und Internet beim heutigen Jugendformat BR Puls. Trotz des Schreibens an dieser Abschlussarbeit hielt ich weiter Verbindung nach Kiel und bot mich für ein Volontariat in der Onlineredaktion der Regiocast-Gruppe an. Ich bekam den Job, wurde zum Redakteur und lernte noch etwas: Als Journalist sollte man Kontakte nicht nur sammeln wie Paninibilder, sondern pflegen wie ein Scheckheft.
Der Wechsel zur Zeitung
Insgesamt blieb ich dreieinhalb Jahre beim Radio und arbeitete für die Sender R.SH, delta radio, Radio NORA (alle Kiel), Radio PSR, R.SA (beide Leipzig), Radio Bob (Kassel) und auch für das mittlerweile eingestellte Fußballradio 90elf. Viel Radio also. Doch mein Fokus lag nicht nur auf Wortbeiträgen, für die ich wegen meiner sächsischen Herkunft eine Sprecherausbildung durchlief. Ich war Onliner durch und durch.
Der Wechsel zur Sächsischen Zeitung Ende 2012 war für mich kein harter Schnitt. Auch in meinem neuen Job bin ich Onlineredakteur und habe ähnliche Aufgaben. Die einzigen Unterschiede: Die SZ hat einen höheren journalistischen Anspruch als Privatradios. Statt über Leipziger Fußball schreibe ich endlich über Dynamo. Und ich habe mit 26 Jahren einen festen Job in meiner Heimatstadt Dresden gefunden. Besser hätte es nicht laufen können.