Die Arbeit im Boulevard- und Qualitätsjournalismus ist ein krasser Gegensatz? Nein, nicht wirklich – zumindest bei den Stadtredaktionen.
Ich bin Chris, Online-Volontär beim überregionalen Newsportal TAG24 – Boulevardpresse. Innerhalb sich meines dem Ende neigenden Volos wollte ich noch einmal beim grünen „Geschwisterteil“ im Nachbargebäude vorbeischauen und die „Qualitätsluft“ schnuppern. Vier Wochen Außenpraktikum in der Stadtredaktion Dresden der Sächsischen Zeitung haben mir erneut ins Gedächtnis gerufen: Wir sind gar nicht so verschieden. Die Themen, an die ich mich „hing“, waren vergleichbar mit denen aus meiner Zeit bei der Stadtredaktion unseres Print-Pendants, der Morgenpost. Kolleg*innen bin ich immer wieder zu Presseterminen begegnet – dieses Mal nur aus „grüner Perspektive“. Für die Arbeit galt in Sachen Umgang mit Informationen die gleichen hohen Qualitätsstandards.
Die Unterschiede bemerkte ich erst beim Schreiben der Beiträge im bei der Sächsischen Zeitung neu eingeführten Redaktionssystem Arc Publishing (Fazit dazu: muss man sich dran gewöhnen). Auf kreative Wortzusammensetzungen, etwa bei Schlagzeilen, und eine allzu umgangssprachliche Ausdrucksweise habe ich lieber verzichtet. Auch die Taste für das Ausrufezeichen musste ich unangetastet lassen. Zudem hatten meine Satzkreationen deutlich mehr Raum, sich zu entfalten. Die so wesentlich längeren Beiträge habe ich selbstverständlich mit allerlei mehr Infos gepickt.
Am Ende bleibt mir nur zu sagen: Danke, dass ich mal vorbeischauen durfte! Vielen Dank an das Team der SZ-Stadtredaktion Dresden, vor allem in Sachen Hilfsbereitschaft und zwischenmenschlicher „Qualitäten“.
Mehrwertmacher – was machen die denn für einen Mehrwert? Was ist der Job und warum sitzen sie gerade bei uns im Haus der Presse? Ein Erfahrungsbericht von Viktoria und Annemarie.
Sie haben ein hellblaues Logo und ihr Büro liegt ganz oben im Haus der Presse, mit einem wunderschönen Blick auf den Dresdener Zwinger. Ehrlich gesagt war das vor unserer Station im Januar das Erste, was uns zu den „Mehrwertmachern“ einfiel. Wir wussten auch, dass sie andere Medienhäuser beraten. Aber wie genau das funktioniert…?
Auf jeden Fall spielt die Messmethode Lesewert dabei eine ganz wichtige Rolle. Mit einem Scanstift, der aussieht wie ein großer Textmarker, lesen Testpersonen den Text. Sie erfassen mit dem Stift die Zeile, an der sie aufgehört haben, einen Artikel zu lesen. So zeigt der Lesewert nicht nur, in welche Artikel die Leserinnen und Leser einsteigen, sondern auch sehr genau, wie weit sie diese Artikel gelesen haben. Die Scandaten werden für die Redaktion in „Lesewerte“ übersetzt. Daraus lässt sich erkennen, wie erfolgreich ein Artikel ist. Über mehrere Ausgaben zeichnet sich ab, welche Themen und Formate gut bei den Lesern ankommen und welche nicht.
Im Januar konnte ich (Viktoria) an der Auswertung der „Badische Neueste Nachrichten“ mitarbeiten. Den Sport- und den Kulturteil dieser Karlsruher Zeitung habe ich genau unter die Lupe genommen. Es war sehr spannend in den vier Wochen zu erleben, wie andere Zeitungen arbeiten, auf welche Themen sie ihren Fokus legen und wie das von den Lesern aufgenommen wird.
Im April haben die Mehrwertmacher drei Schweizer Tageszeitungen gecoacht und dabei durfte ich (Annemarie) zusehen und den Redaktionscoach Julia helfen. Und was dort in der Südostschweiz abging, war doch interessant und mitunter sogar amüsant. In Glarus haben Menschen für den „Schlafzimmerblick“ den Glarner Nachrichten einen Blick in ihr Schlafzimmer gewährt. Den Beginn der Serie machte ein Pfarrer (mit Teddysammlung). Und in Graubünden sorgte der entflogene Zirkuspapagei Ole für eine Menge Artikel. Ein Thema weiterzudrehen und damit eine Themenkarriere zu starten, ist eins der Erfolgsrezepte, zu dem die Mehrwertmacher raten. Auch Umfragen stehen bei ihnen auf dem Programm.
Ich war auch dabei, als der Sachsenkompass finalisiert wurde. Wie blicken die Sachsen auf ihr Bundesland? Das sollte ein Fragebogen herausfinden. Auch der Bildungskompass wurde in dieser Zeit erstellt. Das bedeutete jede Menge Fragen überlegen. Kontroverse Themen wie Migrationspolitik von allen Seiten beleuchten, und sie dann wieder auf eine überschaubare Anzahl an Antworten herunterbrechen. Knackig, verständlich und so, dass sich alle Sachsen irgendwo darin wiederfinden. Gar nicht so einfach und doch ziemlich cool, weil ich auch meinen Senf dazugeben durfte.
Auch die eigenen Redakteure im Haus der Presse werden von den Mehrwertmachern gecoacht. Für das User Needs Training habe ich (Viktoria) PowerPoint-Präsentationen vorbereitet. Und für unser Wasserprojekt hat uns Christoph Knoop sogar mit einer Excel-Schulung wichtige Skills vermittelt (und ein bisschen auch gequält).
Im Volo einen Monat lang keinen Artikel zu schreiben, hat uns beide zu Beginn erstmal stutzig gemacht. Aber im Nachhinein hat uns die Zeit bei den Mehrwertmachern super viel gebracht (und zwar nicht nur den orangen Lesewert-Kaffeebecher, den es zum Abschied gab). Wie tickt der Leser? Wo springt er ab? Und wie können wir das verhindern?
Wenn wir jetzt einen Text schreiben, dann mit diesen Fragen im Hinterkopf.
Ein Text von Viktoria Langenhuizen und Annemarie Banek
VG Wort ist wie ein geflügeltes Wort. Jeder kennt es irgendwie, aber keiner weiß so ganz, was eigentlich dahinter steckt. Fragt man in der Redaktion herum, ob es jemand erklären kann, dann wird öfter mit dem Kopf geschüttelt als genickt. Also klären wir hier mal auf: Was ist das? Woher kommt das Geld? Und wie funktioniert es eigentlich?
Was ist die VG Wort?
Die VG Wort (kurz für: Verwertungsgesellschaft Wort) ist eine Organisation, die die Rechte und Vergütungsansprüche von Autor*innen, Journalist*innen und anderen Urheber*innen von Texten vertritt – und damit auch von uns. Sie wurde 1958 gegründet und ist nach der GEMA und GVL die drittgrößte Verwertungsgesellschaft in Deutschland.
Warum ist die VG Wort für uns so wichtig?
Zusätzliches Einkommen: Das wichtigste zuerst! Mit VG Wort erhalten Journalist*innen eine zusätzliche Vergütung für die Nutzung ihrer Texte, die sie sonst nicht bekommen würden. Wie das funktioniert, siehst du weiter unten.
Schutz der Urheberrechte: Die VG Wort setzt sich für die Rechte der Urheber ein und sorgt für eine faire Vergütung.
Kollektive Vertretung: Als einzelne*r Journalist*in wäre es schwierig, alle Nutzungen der eigenen Texte zu verfolgen und Vergütungen einzufordern. Die VG Wort übernimmt diese Aufgabe kollektiv.
Wie funktioniert VG Wort für Journalisten?
Zunächst muss man sich erstmal bei VG Wort anmelden. Dafür musst du einen Wahrnehmungsvertrag ausfüllen. Das klingt irgendwie kompliziert, ist es aber nicht – also wenn du es schaffst deinen Namen und das Datum einzutragen und es abzuschicken. Außerdem musst du angeben, welcher Berufsgruppe du zugehörst. Wenn du das hier liest, weil du irgendwie irgendwas mit Journalismus machst, dann gehörst du zur Berufsgruppe 2.
Den Vertrag bekommst du irgendwann zurückgeschickt – aber das war es leider noch nicht, jetzt fängt es erst richtig an.
Grundsätzlich muss man sich im Online-Portal T. O. M. (steht für Texte Online Melden) registrieren, damit man überhaupt die eben erwähnten Arbeiten erledigen kann. Ggf. erhältst du sogar schon mit dem Wahrnehmungsvertrag Hinweise dazu. Du kannst aber auch einfach das Portal aufrufen: https://tom.vgwort.de/portal/index
Dort findest du links den Reiter „Presse“ unter dem du deine Autorenzeile und dein Kürzel bearbeiten kannst. Zudem hast du im Wahrnehmungsvertrag eine Nummer zugeschickt bekommen. Die wird bei deinem Autorenprofil bei deinem Unternehmen hinterlegt. Dadurch werden deine Artikel automatisch an VG Wort gemeldet und du musst das nicht mehr machen.
Irgendwo in diesem ganzen Spaß findest du die Abfrage, ob du ein Inkassoauftrag fürs Ausland abschließen möchtest. Die Antwort ist hier klar: JAAAA. Denn damit stellst du sicher, dass du über die VG Wort auch Gelder aus den Verwertungen deiner Nutzungsrechte im deutschsprachigen Ausland erhältst.
Zweimal im Jahr bekommst du dann eine E-Mail von VG Wort, um deine Ausschüttung vorzubereiten (Warum denke ich jetzt an Mr. Krabs? „Geld Geld Geld Geld“). Folge einfach den Anweisungen in der Mail. Dann sollte nichts mehr schiefgehen.
Woher kommt das Geld?
Das Geld der VG Wort stammt aus verschiedenen Quellen:
Kopier- und Druckergebühren
Vergütungen für die Nutzung von Texten in Pressespiegeln
Bibliothekstantiemen
Vergütungen für die Zweitverwertung von Texten
Die Verwertungsgesellschaft sammelt diese Gelder von Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen und anderen Institutionen, die theoretisch geistiges Eigentum der VG-Wort-Mitglieder verbreiten oder zu dessen Verbreitung beitragen.
Ganz ehrlich: Wir wissen auch nicht sooo ganz genau wie es funktioniert, aber vielleicht war das schon mal eine Hilfe, um die ersten großen Fragezeichen aus deinem Kopf streichen zu können. Hier noch was Lustiges zum Abschluss:
Es gibt ein Format im Journalismus, das geht gern unter, viele sträuben sich davor, aber es ist sehr wichtig: der Kommentar. In einem unserer Volo-Seminare haben wir uns damit beschäftigt. Mit wenig Zeit und nur grober Vorkenntnis haben wir uns also mal die Klimapolitik angesehen. Die Endergebnisse wollen wir euch nicht vorenthalten.
1) Verschläft Sachsen die Klimakrise?
Alle Jahre wieder bricht der aktuelle Sommer den Hitzerekord vom vergangenen Jahr und führt uns die Klimakrise in erschreckender Deutlichkeit vor Augen. Hinzu kommen extreme Wetterereignisse wie Hurrikan Milton, Flutkatastrophen in Spanien und Hochwasser in Süddeutschland. Und schließlich sollte auch der letzte Skeptiker – in seiner heilen, kleinen Welt – erkennen, dass der Klimawandel längst Realität ist.
In dieser ohnehin schon hitzigen Phase sendet die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten ein fatales Signal. Seine Ankündigung, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen und auf fossile Brennstoffe zu setzen, könnte einen gefährlichen Dominoeffekt auslösen.
Vor diesem Hintergrund ist Sachsens zögerliche Klimapolitik nicht länger hinnehmbar. Während andere Bundesländer längst Klimaschutzgesetze verabschiedet haben, verharrt Sachsen im Stillstand. Die Behauptung der Landesregierung, einen „überdurchschnittlichen Beitrag“ im Kohleausstieg zu leisten, ist angesichts fehlender verbindlicher Ziele nicht haltbar.
Ein sächsisches Klimaschutzgesetz ist dringend nötig, um Behörden in die Pflicht zu nehmen und Klimafolgen abzumildern. Die Kommunen benötigen dabei finanzielle und personelle Unterstützung sowie vereinfachte Fördermöglichkeiten. Es ist Zeit, dass Sachsen die Klimapolitik zur Chefsache macht.
2) Die Politik vergisst den größten Krieg unserer Zeit
Kriege in Nahost und der Ukraine, eine zerbrochene Bundesregierung und ein Faschist an der Spitze der größten Volkswirtschaft der Welt. Diese Themen dominieren aktuell die deutschen Nachrichten und damit auch die Politik. Haben wir in letzter Zeit nicht etwas vergessen? Etwas, das alle betrifft, ob Konservative oder Progressive, ob Deutsche oder Amerikaner. Das Klima. 2024 wird dem EU-Klimawandeldienst „Copernicus“ zufolge so gut wie sicher das erste Jahr seit Aufzeichnungsbeginn werden, in dem es im Durchschnitt mehr als 1,5 Grad wärmer als im vorindustriellen Mittel war. Damit werde es auch das wärmste Jahr seit dem Start der Messungen.
Extremer Regen, anhaltende Dürren, heftige Stürme – das alles nimmt statistisch zu, doch in der Politik gehen Klimathemen zwischen anderen Krisen unter. Das ist ein katastrophales Zeichen der Gleichgültigkeit, das keineswegs in Relation zu den möglichen Auswirkungen der steigenden Erderwärmung steht.
Der Klimawandel tötet Menschen. Nicht perspektivisch, sondern jetzt. Den zehn weltweit tödlichsten Wetterereignissen der letzten 20 Jahre sind mehr als 570.000 Menschen zum Opfer gefallen. Vier davon waren in Europa. Der Klimawandel ist wie ein globaler Krieg, der zwar manche Länder stärker trifft als andere, aber keines verschonen wird. Ein Krieg, der nicht mehr gewonnen werden kann, nur verzögert.
Deshalb müssen Klima-Themen wieder mehr Platz in der Politik bekommen. Nichts kann fataler sein, als den Blick für den großen Krieg unserer Zeit zu verlieren.
3) Wenn Klimapolitik nur stört
Mit Klimaschutz werden wohl keine Wahlen gewonnen. Trump will aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen. In Deutschland wird über der Rückkehr zur Kohle nachgedacht und ob Windräder schön genug sind oder doch lieber wieder abgebaut werden sollten. Es werden globale Hitzerekorde gebrochen und Extremwetterereignisse, wie das Hochwasser in Spanien nehmen auch hierzulande zu. Doch die Parteien ziehen sich aus dem Thema zurück. Ist die Angst zu groß Wähler zu verlieren, wenn man klare Kante zeigt? Bei anderen Themen funktioniert es doch auch. Die deutsche Klimapolitik wirkt aktuell wie ein Flickenteppich aus Kompromissen, Verzögerungen und kurzfristigen Lösungsansätzen, wenn sie überhaupt zur Sprache kommt.
Aber nur, weil der Klimaschutz ignoriert wird, ändert sich nicht das Grundproblem: Weiterhin werden die Meeresspiegel steigen. Weiterhin wird jedes Jahr das „wärmste Jahr seit der Wetteraufzeichnung“ und weiterhin werden Naturkatastrophen zunehmen. Jahrhunderthochwasser und Ernteausfälle wegen spätem Frost oder Dürre werden alltäglich. Dazu kommen die ausführlichen und hitzig geführten Debatten um Gebäudesanierungen und Wärmepumpen, die anscheinend zum Verlust des allgemeinen Interesses geführt haben. Es stellt sich eine Gleichgültigkeit gegenüber der Klimapolitik ein oder sie kommt nur zur Sprache, wenn man sie für Grabenkämpfe nutzen kann. Das Interesse ist weg, also ist auch Klimapolitik nicht mehr wichtig?
4) Klimaschutz ist nicht hässlich
Friedrich Merz findet Windräder also hässlich und möchte sie lieber heute als morgen wieder abbauen. Wie sein Parteikollege und Ministerpräsident Sachsens, Michael Kretschmer, zur Ästhetik von Windkraftanlagen steht, ist zwar nicht abschließend geklärt. Doch ging der Ausbau der erneuerbaren Energien im Freistaat in den letzten Jahren, vorsichtig ausgedrückt, eher schleppend voran. Viel lieber scheint sich Kretschmer an „grüner Ideologie“ abzuarbeiten, als konstruktive Klimapolitik im Freistaat voranzubringen. Dabei gibt es dort noch so viel Nachholbedarf. Und der ist nicht zuletzt eben auch der CDU zuzuschreiben. In Thüringen etwa plakatierte die im Vorfeld der Landtagswahl „Grillen muss erlaubt bleiben“ und halluzinierte damit ein vermeintlich drohendes Grill-Verbot herbei. Die CDU bewegte sich auf der Populismus-Skala damit auf der Ebene des peinlichen Onkels auf der Polit-Familienfeier. Ganz nah der panisch-empörten Schnappatmung, die sonst nur Hafermilch oder der pinke DFB-Dress auslösen. Bei denen lässt sich über Geschmack streiten, bei Windrädern nicht. Zumindest nicht so – und schon gar nicht im Stile einer Regierungspartei, die den menschengemachten Klimawandel bekämpfen sollte. Katastrophen wie zuletzt in Valencia zeigen, was eben jener auch vermehrt in Sachsen auslösen könnte – und dann wird es wirklich hässlich. Also: weniger Stilfragen und wieder mehr sachliche Klimapolitik braucht es von der CDU – für ein Ziel, das größer ist als Wahlkampf und populistische Parteipolitik.
In Sachsen wurde Anfang September ein neuer Landtag gewählt. Am selben Tag wechselte unsere Volontärin Elisa ins Politikressort. Wie sie sich dabei fühlte und was die Landtagswahl mit Sportwetten zu tun hat.
Es ist gar nicht so lange her, dass in Sachsen ein neuer Landtag gewählt wurde und trotzdem fühlt es sich an, als wäre es schon eine Ewigkeit. Der ganze Trubel hat sich mittlerweile etwas gelegt, was es auszuwerten gab, wurde ausgewertet und alle warten jetzt ab, wer denn nun wirklich die neue Regierung stellen wird. Und ich sitze da irgendwie mittendrin.
Mein erster Tag in der Politik war auch gleich der Tag der Landtagswahlen. Vorher habe ich mich noch für das Feuilleton bei diversen Konzerten herumgetrieben. Der Wandel fühlte sich ein wenig an, als würde jetzt der Ernst des Lebens kommen. Ich war am Wahlsonntag am Newsdesk eingeteilt, 17 Uhr ging es los. Aber wirkliche Aufgaben gab es da noch nicht. Alle waren angespannt, der Fernseher lief und alle schauten hin bis 18 Uhr dann endlich die Hochrechnungen von der ARD kamen.
Kennt ihr diese Szenen in Filmen, wenn alle auf einen Bildschirm schauen, weil sie eine Wette beim Pferderennen abgegeben haben? Sie sitzen alle davor, das Geldbündel in der Hand und schauen zu, wie die Pferde rennen. So habe ich mir auch am Bar-ähnlichen Tisch des Newsdesk gefühlt. Die Pferde waren in dem Fall die Parteien und die Geldbündel eher die Computertastaturen. Aber der Anblick war sonst sehr ähnlich.
Meine Aufgabe war es, nach der Hochrechnung die Stimmen von Politikern, Politikerinnen und der Gesellschaft als Übersicht zusammenzufassen. Klingt ziemlich langweilig, aber die Kommentare, Mails und Instagram-Posts kamen im Minutentakt und mussten dann erstmal sortiert werden. Wer war wichtig? Wer hat wirklich was zu melden? Wen nehme ich auf?
Am Ende stand der Text, es gab Pizza und Süßigkeiten. 23 Uhr bin ich wieder gegangen. Ich habe mir im Vorfeld viel mehr Gedanken gemacht als es am Ende dramatisch war.
Carlott Bru ist freie Journalistin – und so eine Art Medien-Influencerin. Im Podcast „Journalismus machen“ verrät sie, wieso für Reporterinnen und Reportern eine eigene Social-Media-Präsenz immer wichtiger wird.
Journalisten haben meist alle Hände voll zu tun: intensive Recherchen, zeitaufwendige Gespräche, die Suche nach passenden Worten und Bildmotiven und manchmal entstehen neben tollen Texten auch noch Videos, Podcast oder andere multimediale Formate. Da kann die Arbeit an einem Thema schon mal mehrere Tage bis Wochen dauern.
Wer dann noch sagt, man soll seinen Artikel mit einem „Behind-the-scences“ auf Instagram begleiten, bekommt verbunden mit dem Hinweis auf den ohnehin viel zu hohen Workload lieb gemeint den Vogel gezeigt. Doch wie so oft im Leben eines Journalisten: Man macht es dann eben doch.
Die Frage aber ist erlaubt: Bringt das überhaupt etwas? Und ist es sogar auch notwendig, sich als Journalistin oder Journalist selbst auf Social Media zu vermarkten? Darum geht es in dieser Folge „Journalismus machen”, dem Podcast der Volontärinnen und Volontäre der Sächsischen Zeitung.
Zu Gast ist Carlott Bru, die als freie Journalistin und Moderatorin arbeitet und auch ihren eigenen Podcast namens Brabble Tea hostet. Sie klärt darüber auf, wie viel Zeit sie täglich in ihre Selbstvermarktung auf Social Media steckt, welche Rolle Networking dabei spielt und wie sie das Gleichgewicht zwischen persönlicher Authentizität und professioneller Darstellung in ihren Posts behält.
Mehr Möglichkeiten dank Social Media
Außerdem verrät sie, welche sozialen Medien sie am häufigsten nutzt, um sich selbst zu vermarkten, und welche Inhalte sie konkret zu ihrem Journalistinnen-Dasein teilt. Schließlich sagt sie: „Ich habe das Gefühl, dass ich durch Social Media mehr Leute erreiche und dadurch auch mehr Möglichkeiten bekomme. Das gibt mir – vor allem als freie Journalistin – eine gewisse Sicherheit.“
Aber das Ganze hat auch seine Schattenseiten. Leider ist das Internet auch ein sehr anonymer Ort voller Trolle. Auch Carlott Bru ist während ihrer beruflichen Laufbahn schon einigen von ihnen begegnet. Welche Erfahrungen sie als Journalistin auf Social Media gemacht hat und wie sie damit umgegangen ist, gibt es ausführlich zu hören in dieser Folge.
Zur Person: Carlott Bru schreibt unter anderem für den Spiegel und die Süddeutsche Zeitung. Die junge Journalistin wurde 2024 vom Medium Magazin unter die „Top 30 bis 30″ gewählt. Sie ist unter anderem aktiv auf Instagram und TikTok, wo sie zusammen mehr als 35.000 Follower mit ihrem meist journalistischem Content versorgt.
Als Teil des Redaktionsnetzwerks Deutschland nutzt die Redaktion der Sächsischen Zeitung ab jetzt das Redaktionssystem Arc Publishing. Ein Tool, das von der Washington Post entwickelt wurde.
Habt ihr schon mitbekommen? Wir gehören jetzt zu Madsack. Haben wir noch gar nicht erzählt, oder? Gibt es auch nicht so viel zu erzählen. Mit dem Verkauf der Sächsischen Zeitung an den Madsack Verlag ist die Redaktion nun auch Partner im Redaktionsnetzwerk Deutschland. Zunächst hatte dies einige personelle, aber auch viele inhaltliche und technische Folgen.
Im Arbeitsablauf hat sich für uns Volos nicht viel geändert und auch sonst bleibt das meiste gleich (auch der Blog). Welche inhaltlichen Veränderungen jetzt genau auf uns zukommen, werden wir aber wahrscheinlich erst bei der Arbeit in den unterschiedlichen Ressorts merken.
Viel auffälliger für unsere Leser und Leserinnen ist aber die Optik. Auf Sächsische.de sind nun viel mehr Themen aus ganz Deutschland vertreten. Was das Lokale betrifft, können unsere Leserinnen und Leser online viel schneller Nachrichten aus ihrer Region oder den einzelnen Stadtteilen in Dresden finden. Darüber hinaus gibt es jetzt den „5 in 5 Newsletter“ der täglich über die wichtigsten Themen aus den einzelnen Lokalredaktionen informiert.
Und wie sich die Zeitung und die Internetseite optisch verändert, haben wir ein neues Redaktionssystem bekommen – also das, wo wir unsere Texte reintippen. Manchmal schicken wir sie auch als Worddatei oder Mail, aber wann, wo uns warum ist ein ganz anderes Thema. Vorher hatten wir Cito, jetzt ist es Arc. (So wie das Videospiel „Ark“ mit den Sauriern, wenn das einige von euch kennen – Handhabung ähnlich).
Neben unserem neuen Redaktionssystem Arc gibt es seit der Umstellung auch ein Planungssystem Kordiam. Vereinfacht gesagt, werden hier die Aufgaben des jeweiligen Tages für die einzelnen Redakteure bestimmt. Es ist genau zu sehen, wer gerade an welchem Thema arbeitet, wann die Artikel fertiggestellt werden und wann sie erscheinen sollen.
Auf den ersten Blick ist alles anders und ein wenig überfordernd. Vor allem viele bunte Farben für jeden Arbeitsschritt. Aber auch hier heißt es wohl: „learning by doing“.
Ein Text von Viktoria Langenhuizen und Elisa Schulz
Die Sommerzeit ist vorbei, der Herbst zeigt sich in voller Blüte (oder wohl eher toter Blüte). Doch einige nutzten die letzten warmen Tage des Septembers, um ihren Urlaub nachzuholen. So auch unsere Volos. Wo sie waren und warum gerade dort.
Olivia erkundete Malle
In diesem Jahr habe ich meinen wohl verdienten Sommerurlaub am Pool chillend und Sangria schlurfend auf Mallorca verbracht. Zusammen mit meinem Freund habe ich diese wunderschöne Insel mit Bus und Vespa erkundet und die ein oder andere Paella verdrückt. Ob Sonnen am Hotelpool oder Baden im Mittelmeer – verfilztes Haar stand hier auf dem Tagesprogramm. Insgesamt zehn Tage ging unser kleiner Roadtrip von Alcudia über Sóller nach Palma. Wieso fühle ich mich schon wieder urlaubsreif?
Elisa wandert an der polnischen Ostsee
Zum 30. Geburtstag meines Freundes ging es eine Woche an die polnische Ostsee. Bei 15 Grad und Nebel sind wir trotzdem jedem Tag barfuß knapp 10 Kilometer am Strand spaziert. Geendet haben wir mit einem Spaziergang durch Stettin. So entspannend es auch war, mein Fuß hat es mir mit einer Verletzung gedankt. Naja – ein Grund mehr, eine Pause zu machen.
Viktoria powert sich auf Fuerteventura aus
Ende Juli war ich eine Woche lang auf Fuerteventura. Tagsüber habe ich viele Strandspaziergänge unternommen und mich bei diversen Sportkursen ausgepowert. An den Abenden konnte ich nach einem leckeren Essen mit den anderen Hotelgästen an der Poolbar oder auf der Dachterrasse gemütlich zusammensitzen.
Annemarie chillt am Strand
Nach meinem letzten Urlaub (Paris-Trip, sehr spontan, halbe Stadt erlaufen) hatte ich diesmal deutlich weniger Ambitionen. Der Liegestuhl in der Sonne tut es auch! Zuerst habe ich mich in der Heimat auf eben dem bequem gemacht und ihn dann an der Ostsee gegen das Handtuch getauscht. Abgesehen vom typischen Strandprogramm (Schwimmen, Stand-up-Paddling, Hafen und Bummeln an der Promenade) habe ich mich vor allem dem seligen Nichtstun gewidmet. Herrlich!
Wenn sich die Ferienruhe über das Land legt, Politikbetrieb und Sport-Ligen sich eine Auszeit gönnen, kriechen sie aus den Untiefen der „Potenzielle-Beiträge-wenn-man-nichts-anderes-hat-Kiste“ hervor: die Sommerloch-Themen.
Sie sind verliebt, auf der Flucht oder täuschen ein ganzes Land: Tiere. Ihr Schicksal bewegt nicht selten wochenlang die ganze Nation und das dann, wenn es sowieso nichts anderes zu berichten gibt.
So sorgte im vergangenen Jahr ein Handyvideo auf Twitter für eine großangelegte Suchaktion mit hunderten Polizisten nahe Berlin. Warum dieser Aufstand? Das Video zeigte angeblich eine Löwin. Die Suche nach der mutmaßlichen Raubkatze im brandenburgischen Kleinmachnow dauerte mehr als 30 Stunden. Gefunden wurde die Löwin nie. Komisch, da es sich bei dem Tier nach Einschätzungen von Experten doch eigentlich um ein Wildschwein handelte.
Von Kühen und Schwänen
Auch Kuh Yvonne stand 2011 im Scheinwerferlicht der Medien und erhöht die Zeit einer ihr zu Ehren angelegten Suchaktion auf ganze drei Monate. Nachdem sie sich nicht zum Schlachter hatte führen lassen, türmte sie und flüchtete in Oberbayern in den Wald. Drei Monate später erwischt man Yvonne dann mit einem Betäubungspfeil und brachte sie zum Gnadenhof.
Ein ähnlich großes Aufsehen erregte Trauerschwan Petra. Mit einer ebenso niedlichen wie skurrilen Lovestory auf dem Aasee in Münster rückte der schwarze Vogel 2006 in die Aufmerksamkeit vieler Medien. Wochenlang wich Petra einem Tretboot in Schwanengestalt nicht von der Seite. Versuche, sie mit einem echten Schwan zu verkuppeln, scheiterten.
In diesem Jahr eroberte wieder eine Kuh die Schlagzeilen. Im Juni hat ein Familienvater im Blankenhainer Ortsteil Lengenfeld im Weimarer Land eine eher ungewöhnliche Entdeckung in seinem Garten gemacht: in seinem Pool badeten zwei Kühe. Es brauchte mehr als 25 Einsatzkräfte, zwei Tierärztinnen und über vier Stunden, um die beiden Rinder aus dem zwei Meter tiefen Pool zu hieven. Ende gut, alles gut.
Weniger niedlich und tollpatschig, dafür genauso tierisch geht es mit dem zweiten Sommerloch-Thema weiter: den „Hot Rodent Men“. Nagetier-Männer sollen das Sexsymbol des Sommers sein und einen Gegenentwurf zur toxischen Männlichkeit darstellen. Optisch würden die Männer an kleine Nager erinnern und das finden viele Girls der Gen Z sexy.
Maus oder Mann – das ist die Frage
Angefangen hat alles im Internet. Als im April der Film „Challengers“ in den Kinos anlief, kursierten schnell die ersten Memes. Die Menschen fanden nämlich: Die Schauspieler Mike Faist und Josh O’Connor haben etwas mausartiges an sich. Schnell fanden sich weitere Stars, die Ähnlichkeiten mit Ratten, Mäusen und Eichhörnchen haben sollen: Adam Driver, Jeremy Allen White, Timothée Chalamet oder auch Harry Styles.
Am Ende ist der „Hot Rodent Men“ wohl der Versuch, ein neues Bild von Männlichkeit zu konstruieren. Warum dafür ein Vergleich mit Nagetieren hermuss, wissen wir auch nicht. Fest steht, dass damit weiterhin Menschen sexualisiert und auf ihr Äußeres reduziert werden. Und auch, wenn der Ratten-Trend ein neues Idealbild von einem Mann schaffen soll, handelt es sich bei den Vorbildern trotzdem noch um die ausgebesserte Optik von Hollywoodstars. Du willst trotzdem wissen ob du Mann oder Maus bist? Die Taz hat einen ganz wundervollen Selbsttest.
Sommerloch für Sommerthemen
Eine ganze Füllgrube an Sommerlochthemen bieten die Ratgeberseiten in Print und Netz. Das Thema bei den meisten: Sommer. Da finden sich Beiträge, wie man richtig Eis portioniert oder den Koffer richtig packt, aber auch wie das Büro oder Schlafzimmer am besten gekühlt wird. Besonders auffällig? Umso heißer die Temperaturen, desto wilder sind die Themen. Da geht es dann nicht mehr unbedingt um praktische Tipps und allgemeine Ratgeber, sondern auch schnell auch darum, ob man sich wirklich rasieren sollte oder welche Eissorte denn nun in Amerika die beliebteste ist. Das alles nur, damit die Seiten gefüllt werden.
Mittlerweile gibt es zum Sommerloch in den Redaktionen ganze PR-Teams, die daraus das Beste machen wollen. Bei einem kurzen Blick auf „die dunkle Seite der Macht“ (PR-Firmen und alle Arten der Öffentlichkeitsarbeit) fällt schnell auf, dass sie richtige Pläne entwickeln, wie man während des Sommerlochs am besten an die Medienhäuser herantritt. Bei einem Marketingblog habe ich eine ganze Anleitung dazu gefunden, was Journalisten denn gern im Sommerloch wollen. Dort heißt es dann: „Statt wie alle anderen die Füße hochzulegen, kannst du diese ruhige Zeit also nutzen, um mit einem passenden Gesprächsangebot im spärlich gefüllten Posteingang der Journalisten zu landen.“ Oder: „Egal, ob richtig gedrehtes (Service-)Thema oder passender Anlass – mit solchen kurzfristigen Vorschlägen landest du vor allem bei Tageszeitungen und Online-Magazinen einen Volltreffer.“ – sowas könnte man anzweifeln, aber wahrscheinlich haben die PR-Kollegen hier recht. Wo wir wieder bei den Ratgebern wären.
Stoppelige Angelegenheiten
Noch interessanter scheinen aber für das Sommerloch die Promis zu sein. Besonders interessant war diesen Sommer der Bart von Prinz William aus dem britischen Königshaus. Das erste Mal aufgefallen ist er nach einem Video, dass er und seine Frau Kate auf X teilten, um den Olympioniken zu gratulieren. Für den Inhalt hat sich aber nicht wirklich jemand interessiert, stattdessen für den wilden Bart vom Prinzen. Seitdem ist die stoppelige Behaarung gar nicht mehr aus der Klatschpresse wegzudenken.
— The Prince and Princess of Wales (@KensingtonRoyal) August 11, 2024
Nicht weniger interessant war im Sommerloch Pop-Ikone Taylor Swift. Davon abgesehen, dass sie natürlich mit ihrer Eras-Tour einfach einen unglaublichen Aufzug gemacht hat, war es die perfekte Zeit, um Löscher im Sommerloch zu stopfen. Auf Schritt und Tritt wurde sie verfolgt, Fans befragt und jede noch so kleine Sache zu ihrer Tour wurde zu einem großen Thema. Die Marketingfirma hat vielleicht recht – man muss nur wissen, wie man sich verkauft und das Sommerloch richtig nutzt.
Beamtendeutsch kann einem schon mal den letzten Nerv rauben – kein Wunder, dass wir Journalisten manchmal wie der Ochse vorm Berg stehen! Trotz unseres Ziels, alle Leser zu erreichen, schleichen sich hin und wieder ein paar bürokratische Zungenbrecher ein. Könnt ihr genug Beamtendeutsch sprechen, um unser Quiz zu bestehen?
Du liest Beamtendeutsch und verstehst nur Bahnhof? Dann geht es dir wie uns und unseren Leserinnen und Lesern. Jeder, der schon mal einen Behördenbrief in der Hand hatte, weiß, wovon ich rede. Kein Wunder, denn Deutschland ist bekannt für seine akribische Bürokratie, die einem mit Worten wie „Personenvereinzelungsanlage“, „Lautraum“ oder „raumübergreifendes Großgrün“ das Leben manchmal schwer machen kann.
Als Journalisten bei einer nicht-fachspezifischen Zeitung sind wir deswegen dazu angehalten, immer und überall auf Fachjargon und Bürokratendeutsch zu verzichten. Unser Ziel: jede und jeden mit unseren Texten ansprechen und erreichen – von der Großstadt-Uni-Professorin bis hin zum Kuhbauer mitten in der Pampa.
Hin und wieder passiert es dann aber doch, dass sich ein nicht zu verstehender Zungenbrecher einschleicht – unabsichtlich natürlich. Grund dafür, sind die Pressemitteilungen und Angaben von Ministerien & Co., auf die wir bei unseren Recherchen stoßen und auf die wir uns beziehen. Bei denen scheint noch nicht angekommen zu sein, dass man auch in einfacher Sprache Sätze formulieren kann, die dann auch der letzte Dulli versteht.
Ein paar Beispiele, die in den letzten Wochen aufgrund ihrer unnötigen Länge herausragten, wollen wir euch auf keinen Fall vorenthalten. Sprecht ihr genug Beamtendeutsch, um unser Quiz zu bestehen?