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Die Schreibschule auf journalist-werden.de

Wer schön sein will muss schreiben. Trotzdem ist Journalismus in erster Linie ein Handwerk. Das ist alles auch kein Hexenwerk, trotzdem kann sich nur kreativ ausleben, wer ein paar Grundregeln beherrscht. Denn erst dann können diese gezielt durchbrochen werden. Die neue Rubik „Schreibschule“ soll Dir einen Überblick über die drei gängigsten Textgattungen geben: Die Meldung, den Bericht und die Reportage. Dann gibt es noch einen Beitrag über Interview, in dem es auch um die Frage geht, wann in dieser Gesprächssituation Freundlichkeit aufhört und Manipulation beginnt. Und zuletzt gibt es noch einen kleinen Exkurs zur Rezension von der SZ-Theaterkritikerin Johanna Lemke.

Zur neuen Schreibschule

Am Ende jeder Lektion findest du eine kleine Schreibaufgabe. Wenn du Lust hast sie alle zu machen, dann nur zu. Falls nur einzelne, auch nicht schlimm. Wenn du Feedback dazu möchtest, kannst du deine fertigen kleinen Texte gern an uns schicken, wir geben dir dann ein paar schriftliche Hinweise.

In den folgenden Tagen wird es noch einen kleinen Bonus zur Pressefotografie geben, der ein bisschen Technik behandelt und Hilfestellungen zu den gängigsten Motiven geben soll. Fehlen euch noch Kategorien? Falls ihr, liebe Kollegen, euch berufen fühlt, etwas zu weiteren Textarten wie Gerichtsberichten oder Features zu schreiben, freut sich dieser Blog gern jederzeit über Anregungen.

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Schöne Geschichten aus der Provinz

Volontäre stellen sich vor: Carina Brestrich (24) kam vom Radio zur Zeitung – und arbeitet gern in der Oberlausitz.

Klick gemacht hat es…

als ich im dritten Semester war. An der Universität Leipzig studierte ich zu der Zeit im Bereich Kommunikations- und Medienwissenschaft – ein sehr vielfältiges Fach, das viele Möglichkeiten bietet, sich auszuprobieren. Ich entschied mich, es zunächst beim Radio zu versuchen. Ein Schnupperwochenende brachte mich zum Lokalradiosender der Uni, wo ich neben dem Studium mitarbeiten konnte. Vom Radio ging es später zur Zeitung. Bei einem Praktikum zeigte sich: Das ist genau das Richtige für mich.

Vor dem Volo hätte ich nicht gedacht…

dass  selbst in der tiefsten Provinz viele schöne Geschichten schlummern.

Mein Leben ohne Journalismus würde so aussehen…

dass ich wahrscheinlich heute noch überlegen würde, welcher Beruf für mich geeignet ist. Wahrscheinlich wäre es trotzdem was mit Medien geworden. Schließlich gehöre ich zu der „Was mit Medien“-Generation und habe auch in die Richtung studiert.

Ich bin Spezialist für…

Porträts. Es macht mir Spaß, im Gespräch das Besondere eines Menschen herauszufinden und dann in einer Geschichte zu erzählen. Jeder hat irgendetwas, dass ihn interessant macht – ein besonderes Talent, eine herausragende Leistung, eine spannende Lebensgeschichte oder eine verrückte Idee.

An die Geschichte erinnere ich mich oft…

als ich einen Bestatter einen Tag begleitete. Ich durfte zuschauen, wie er einen Toten für die Bestattung vorbereitet – mit allem Drum und Dran. Sie ist zwar nie in der SZ erschienen, aber ich habe sie im Rahmen eines Kurses an der Henri-Nannen-Schule in Hamburg geschrieben. Der gehört zur Volontärs-Ausbildung.

Dass ich bei der SZ richtig bin, habe ich gemerkt…

als ich nach meinem Vorstellungsgespräch meine Heimat Bautzen besucht habe. Auf der Fahrt ist mir bewusst geworden, wie schön es dort eigentlich ist. Da stieg in mir schon ein wenig Sehnsucht auf. Damals habe ich über 700 Kilometer weit weg in Süddeutschland gewohnt und dachte nicht, dass meine Bewerbung bei der SZ auch zum Erfolg führt.

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Als Reporter bei Prostituierten

Volontäre stellen sich vor: Thomas Christmann (25) hat schon im Studium viel ausprobiert – und übernimmt auch unangenehme Aufgaben. 

Klick gemacht hat es…

als ich für die regionale Online-Plattform Snapscouts gearbeitet habe. Auf Partys unterwegs sein, Fotos machen, Berichte schreiben, Kontakte knüpfen – dort liegen die Anfänge. Es folgte ein Praktikum bei der Lokalredaktion der Sächsischen Zeitung in Zittau, eine freie Mitarbeit und ein Medienmanagement-Studium an der Hochschule Mittweida. Dort durfte ich in praxisnahen Projekten unter anderem als Redaktionsleiter beim Nachrichtenportal medienMITTWEIDA und Pressesprecher für das Campusfestival arbeiten, zum Medienforum mit  Ex-RTL-Chef Helmut Thoma ein Videointerview führen sowie im Fernsehstudio vor vollen Zuschauerrängen Sachsens Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich über die Grenzkriminalität und  die ehemalige Kultusministerin Eva-Maria Stange zum Hochschulgesetz befragen. Eine neue, aufregende und erlebnisreiche Zeit.

Vor dem Volo hätte ich nicht gedacht…

dass ich in der Zeit mit eigenen Projekten vertraut werde wie „Schüler und Zeitung“, Mittelschulbeilage, Hochzeitsseite, der Serie „Handel im Wandel“ und am Nachwuchskonzept in Form dieser Seite mitarbeiten kann. Sie bedeuten Verantwortung, aber auch Vertrauen.

Mein Leben ohne Journalismus hätte so ausgesehen…

dass ich irgendwas mit Medien mache. Dort ließ das Studium auch alle Möglichkeiten offen. Nur stand das bislang nicht zur Diskussion.

Ich bin Spezialist für…

unangenehme Aufgaben, die kein anderer übernehmen will oder zusätzlich anfallen. Das steht zumindest in einigen Bewertungsbögen. Zudem habe ich mich in meiner Abschlussarbeit mit der Bedeutung von Social Media für Journalisten beschäftigt, nutze seither Facebook und Twitter für die Themensuche oder weitere Recherche. Glücklicherweise nimmt  die Zahl der digitalwilligen Kollegen zu.

An die Geschichte erinnere ich mich oft…

als ich zum ersten Mal ein Bordell besuchte, rein beruflich natürlich. Eine Kollegin bat mich, sie für einen Bericht über Prostitution nach Tschechien zu begleiten. Eine Frau, nachts, allein, im Puff – nein, das ging nicht. Aber keiner der anderen Kollegen konnte (oder wollte) mit. Schon kurz hinter die deutschen Grenze, am Ortseingang von Rumburk, leuchtete ein rotes Herz: Ein Nachtclub. Auf einem benachbarten Supermarkt-Parkplatz hielten wir. Zwei dubiose männliche Gestalten standen dort, sprachen uns in Landessprache an, doch bald wieder zu verschwinden. Lange wollten wir auch nicht bleiben. Meine Kollegin schloss sich im Auto ein. Ich begab mich allein zum Haus. Die Suche nach der Klingel blieb erfolglos. Stattdessen öffneten mir zwei Damen in Unterwäsche die Tür, brachten mich in den Raum, wo zwei ältere, noch leichter bekleidete Damen, an der Bar standen. Diskokugel, Tanzstange, Rotlicht – und kein Sex. Trotz Erstaunen der Damen darüber kam ich gleich zur Sache: In gebrochenem Deutsch kamen die Antworten über Preise, Kunden und die Probleme der Branche. Dank einer Überwachungskamera über der Bar konnte ich das Geschehen auf dem Parkplatz beobachten. Die Männer näherten sich unserem Auto, griffen zum Telefon. Die Damen befummelten mich bereits, gingen sogar mit dem Preis runter, wollten meine Handynummer. Ich zeigte ihnen mein leeres Portemonaie, auf die Kamera, riss mich los und lief zur Tür. Als wir losfuhren, kam die Polizei…

Dass ich bei der SZ richtig bin, habe ich gemerkt…

als ich die Chance für das Volontariat bekommen habe. Schließlich bewarben sich noch mehr um die Stelle. So konnte ich nicht nur Kollegen und Arbeitsweise in den verschiedenen Ressorts wie Lokales, Online, Kultur, Politik und Wirtschaft der Sächsischen Zeitung kennenlernen, sondern auch einen vierwöchigen Kurs an der Henri-Nannen-Schule in Hamburg belegen, das Korrespondentenbüro in Berlin besuchen, monatlich an Weiterbildungen teilnehmen und auf eigenen Wunsch bei der Dresdner Morgenpost arbeiten. Und wer sich anstrengt, dem bietet sich auch eine Perspektive im Unternehmen.

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Jeden Tag ein anderer Fall

Alexander Schneider berichtet für die Sächsische Zeitung aus dem Gerichtssaal. Langweilig wird es dort nicht.

Immer wenn in Dresden jemand gegen die Gesetze verstößt oder es brennt, ist Alexander Schneider gefragt. Er ist seit dem Jahr 2000 Justiz- und Polizeireporter der Sächsischen Zeitung. Den Vormittag verbringt der 45-Jährige im Amts- oder Landesgericht, sitzt stundenlang in Verhandlungen, spricht in Pausen mit Zeugen und Anwälten. Wieder in der Redaktion ruft er bei der Polizei an, um zu fragen, wo die Beamten den Tag über im Einsatz waren.

Jeden Tag läuft er die gleichen Wege ab, mitunter hat er es sogar mit ähnlichen Fällen zu tun und doch wird es für ihn nie langweilig. Gleich mehrere Prozesse gegen die mutmaßlichen Blockierer der Nazidemo am 19. Februar 2011 schaut er sich an. „Keine Verhandlung läuft gleich ab“, sagt er. Vorn steht immer ein anderer Richter, der seinen eigenen Befragungsstil pflegt; Angeklagte mit unterschiedlichen Beweggründen; Anwälte, die verschiedene strafmildernde Argumente finden; Zeugen mit einem anderen Blick auf die Tat. Jeder hat seine Rolle.

Fast wie im Theater

Im Prinzip ist eine Gerichtsverhandlung wie ein kleines Theaterstück. Eine spannende Geschichte – die Tat – steht im Mittelpunkt. Die Protagonisten sitzen im Zeugenstand und auf der Anklagebank. Das Stück selbst steht in groben Zügen in den Akten. Doch auch wenn jeder seine Rolle zigmal einstudiert hat, weiß man nie, welches Urteil am Ende gefällt wird.

Der Reporter kann im Zuschauerbereich alles verfolgen. Vor Gericht stellen andere die Fragen, versuchen herauszufinden, was warum passiert ist. Zu tun hat Alexander trotzdem genug. Er schreibt viele Details mit. Dabei geht es ihm weniger um Paragrafen, sondern darum, den Fall plastisch zu schildern. Wie lief die Tat ab, wie ist es dazu gekommen, was passiert überraschend im Gerichtssaal. Dem Reporter ist es wichtig, auch den Angeklagten zu Wort kommen lassen. „Es geht auch immer um die Frage, was einen Menschen zu so einer Tat bewogen hat“, sagt Alexander Schneider.

Strafmaß nicht ausschlaggebend

Die meisten Zuschauerplätze bleiben leer. Das erste Mal ging er als Volontär der Fränkischen Landeszeitung aus Neugier ins Amtsgericht, das gleich gegenüber war. „Verhandlungen kannte ich vorher nur aus Filmen“, erzählt er. Bei der Auswahl der Fälle ist für ihn nicht die Höhe der Strafe ausschlagend, oft sind die kleineren Delikte die interessanteren: „Der alltägliche Wahnsinn ist oft spannender.“ Die Staatsanwaltschaft fordert für die mutmaßlichen Blockierer einer Nazi-Demo Geldstrafen von wenigen Hundert Euro.

Um den Platz für Gerichtsberichte und Polizeimeldungen musste der Redakteur vor einigen Jahren noch kämpfen. „Vielen Zeitungen war Kriminalität zu schmutzig“, sagt er. Alexander Schneider ist es wichtig, dass die Dresdner wissen, was in ihrer Stadt los ist. Schließlich könnten sie vom Polizeigeschehen betroffen sein. „Die Leute wollen informiert werden, wenn in ihrer Straße eingebrochen wurde“, sagt er. Doch seit ein paar Jahren schätzen die Redaktionen die kurzen Geschichten aus dem Gerichtssaal. Am besten kommen beim Leser Fortsetzungen an. Wenn schon eine Polizeimeldung in der Zeitung stand und jetzt der Fall vor Gericht verhandelt wird. „Die Leute wollen immer wissen, wie es ausgeht.“

Von Dagny Rößler