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Als Nachrichtenjournalist zum Universalgenie

Volontäre stellen sich vor: Sandro Rahrisch (27) schreibt gern kurz und knapp das Wesentliche auf und verbessert so im Volo seine Allgemeinbildung.

SandroKlick gemacht hat es, …

 als mich der Direktor bat, die Sanierung der Schule mit der Videokamera festzuhalten und Beiträge für die Schulhomepage zu produzieren. Ich schnappte mir die Kamera der Eltern und verfolgte die Bauarbeiter auf Schritt und Tritt. Danach wollte ich eigentlich zum Fernsehen, habe mich aber bei der Sächsischen Zeitung um ein Praktikum in Radebeul beworben und festgestellt: Hier lernst du das Schreiben gründlicher und bist beim Texten nicht so stark ans Bildmaterial gebunden.

 Vor dem Volo hätte ich nicht gedacht, … 

dass man als Journalist zum Universalgenie für Käseimitate, Videoüberwachung, EU-Agrarsubventionen und Bierflaschenhälse werden kann.

 Mein Leben ohne Journalismus hätte so aussehen, …

 dass ich meine Studienrichtung, Politikwissenschaft, als Doktorand weiterverfolgen würde.

 An diese Geschichte erinnere ich mich oft…

 Ein Tornado legte 2010 viele Häuser in und um Großenhain in Schutt und Asche. Als ich wenige Tage später zwei Familien besuchte, deren Heim plötzlich nicht mehr existent war, war das eine Gratwanderung. Ich merkte schnell, dass ich mit vorbereiteten Fragen nicht weiterkam, weil diese Menschen über ihr Schicksal und ihre Erinnerungen frei erzählen wollten. Sich als Journalist zurückzuhalten und kaum Fragen zu stellen, war eine ungewohnte Situation für mich, für die beiden Geschichten aber absolut notwendig.

 Ich bin Spezialist für…

 Nachrichten, Meldungen, Berichte und Features. Sie zwingen einem, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und nicht abzuschweifen.

 Dass ich bei der SZ richtig bin, habe ich gemerkt …

 als ich meinen Ausbildungsplan zum ersten Mal las: Neben der vierteljährlichen Rotation von Ressort zu Ressort, wie es bei den meisten Zeitungen, Fernseh- und Radiosendern üblich ist, gehört ein Lehrgang an der Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg und ein Aufenthalt im Berliner Korrespondentenbüro zu meinen Stationen.

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Nach Redaktionsschluss zum Holzhacken

Wulf Stibenz hat in viel von der Welt gesehen: als Stipendiat in den USA oder auf Reisen nach Ägypten oder Russland. Heute leitet er die Redaktionen Niesky und Weißwasser und liebt das Leben auf dem Land.

Wulf StibenzWulf, wie hast du dir anfangs die Region zwischen Weißwasser und Niesky vorgestellt?

Als Student war ich nur einige Male zu Eishockeyspielen in Weißwasser oder auch zu Wanderungen in Polen und der Tschechei. Die Stadt habe ich vom Durchfahren damals als trist in Erinnerung, voller DDR-Hochhäuser und ohne kulturelle Attraktionen. Niesky hingegen musste laut Buschfunk eher klein, bürgerlich und langweilig sein. Rundum gab es ja nur Tagebaue und Kraftwerke, die Neiße als Grenzfluss und im Süden die Autobahn.

Wie hat es dich nach diversen Praktika bei Medien, Firmen und Ministerien doch aufs  Land verschlagen?

Nach meinem Studium hatte ich Großstädte, das etwas Aufgesetzte, das Schnelllebige und das Überangebot satt. Ich war durch die halbe Welt gereist, aber kaum durch Sachsen. Nur durch das Volontariat bei der SZ habe ich Lokalredaktionen und die Menschen vor Ort kennengelernt. Je weiter ab vom Schuss die waren, desto interessanter habe ich das immer empfunden.

Was macht die Menschen in der Region aus?

Ein Großteil der Klischees über Weißwasser oder Niesky stimmt nicht – wie so oft bei Klischees. Ich habe Weißwasseraner kennen und schätzen gelernt, die für ihre Stadt alles geben. Menschen, die trotz der sozialen und wirtschaftlichen Probleme vor Ort nicht der Karriere wegen wegziehen, die ihre Stadt mitgestalten wollen. Das ist faszinierend. Ich behaupte, dass ein Weißwasseraner, Rothenburger oder Nieskyer sich mehr mit dem Herzen für seine Stadt einsetzt, als es ein Dresdner, Leipziger oder Cottbuser tut – weil allen klar ist, dass es oftmals keinen anderen gibt, der die nötigen Aufgaben sonst erledigt.

Wie nah bist du beim Volontariat den Menschen gekommen, so ohne Ortskenntnis und Kontakte?

Ich habe mir dank der SZ-Kollegen vor Ort immer eine Unterkunft direkt in meiner Volo-Region gesucht. Ganz absichtlich, um schnell zu den Leuten dort Kontakt aufzunehmen, ihre Träume, Sorgen und Hoffnungen zu erkunden – und um ein Gefühl dafür zu bekommen, was gerade Thema ist. Fast jeden Abend bin ich vor Ort auch privat unterwegs gewesen – und auch übers Wochenende geblieben, obwohl ich in Dresden ja eine Wohnung hatte. Von täglichen Autobahnfahrten zur Arbeit habe ich nie etwas gehalten.

Ganz allein werkelt man als Volo im Lokalen ja nicht …

Die Tipps der Kollegen sind immer hilfreich. Sie sind es ja, die sich mit der Materie ihrer Region auskennen. Sie können Entwicklungen und Ereignisse sofort einordnen. Klar, mit etwas Berufserfahrung kann ein guter Journalist auch ohne Ortskenntnis und Kontakte trotzdem eine gute Geschichte bringen. Aber der Mehrwert des Eindringens in die Materie ist für die persönliche Entwicklung und die Zeitung unbezahlbar. Ich habe deshalb meine Volo-Stationen als ein riesiges Geschenk empfunden. Und es hat mich vor allem Respekt vor den Leistungen der Lokalredakteure gelehrt. Selbst wenn ein Nachwuchsjournalist später in Mantelredaktionen oder bei überregionalen Publikationen tätig sein will – der Einblick ins Lokale ist meines Erachtens von enormer Bedeutung.

Wie schaffst du es zwei Lokalredaktionen zu leiten, die über 30 Kilometer auseinanderliegen?

Nicht alle Redaktionsangelegenheiten können per Telefon oder Mail koordiniert werden. Ohne Auto wäre ich komplett aufgeschmissen. Der persönliche Kontakt – das habe ich auch als einen der wichtigsten Unterschiede zur Arbeit in urban geprägten Regionen schätzen gelernt – ist nicht durch fernmündliche Verbindungen zu ersetzen. Auch die Geschichten für die Zeitung entstehen hier deshalb oft anders. Denn die Wege zu den Menschen, über die wir berichten, sind lang. Zeit ist das wertvollste Gut – also musst du dich richtig gut organisieren. Fehler sind dabei im Laufe eines Tages oft nicht zu korrigieren, dürfen also nicht passieren.

Gerade, wenn es eine Konkurrenzzeitung gibt…

Der Zeit- und Qualitätsdruck bei Tageszeitungen ist enorm und richtig – die Kunst ist es, die eigenen Ansprüche und externen Anforderungen an die Arbeit für sich positiv zu besetzen. Dann bereitet Journalismus sehr viel Freude. Positiver Stress also, der einen fordert und anregt. Umso wichtiger ist es, im Spannungsfeld den privaten Ausgleich und sein Glück zu finden. Denn nur so sind kreative und rationale, effektive und feinsinnige, aufsehenerregende und bodenständige Resultate möglich.

Was kann man denn in der Gegend nach Feierabend machen – außer, Eishockey gucken?

Die Region hat viel mehr zu bieten als eine faszinierende Landschaft. Es gibt hier natürlich auch Szenen – von Jugend- bis Hochkultur. Und die müssen sich nicht vor denen in größeren Städten verstecken. Der Unterschied ist nur in der Masse des Angebots, nicht in der Qualität. Und es hat eben auch viel Charme, wenn sich auf Veranstaltungen von Konzerten bis bildnerische Kunst, Lesungen oder Sportaktionen viele Leute kennen, weil sie sich immer wieder treffen. Das schafft eine zusätzliche Verbindung, die ich so in größeren Städten nie erlebt habe. Das Leben „auf dem Lande“ ist also tatsächlich schön, wenn man sich darauf einlässt.

Wie hast du hier dein privates Glück gefunden?

Mein Glück entsteht durch ein Wechselspiel. Ich baue ein altes Jägerhaus mitten im Wald bei Niesky aus – wo ich mit Frau, Kind, drei großen Hunden und vier Katzen lebe. Ringsum ist nichts als Wald. In der Redaktion hingegen sind wir komplett vernetzt, schnell und aktuell. Privat habe ich weder Internet, noch Telefon – nur Handy natürlich. Auf Arbeit habe ich jeden Tag mit vielen unterschiedlichen Personen zu tun. Privat habe ich im Wald normalerweise nur meine beiden Nachbarn – die 1,8 und 2,4 Kilometer entfernt, auch irgendwo im Nirgendwo einen Hof haben. In der Redaktion muss alles professionell ablaufen. Beim Hausumbau werkele ich gerne selbst rum. Es ist der Ausgleich, der große Zufriedenheit und eben auch Glück ermöglicht.

Du wohnst also ganz abgeschieden. Wie pflegst du den Kontakt zu Kollegen, die nicht am Schreibtisch nebenan sitzen?

Das Kantinengespräch mit Kollegen anderer Redaktionen fällt ja leider aus. Der Einfluss anderer Denk- und Sichtweisen ist in einer Lokalredaktion also naturgemäß kleiner. Deshalb wird viel telefoniert. Und ich pflege gerne die Kontakte zu Kollegen. Das ist mit den diversen Online-Netzwerken einfacher geworden. Nur – ersetzen können sie den persönlichen Kontakt nicht.

Besuchen dich Kollegen anderer Redaktionen eigentlich im Wald?

Einige lieb gewordene Kollegen besuchen mich mehr oder weniger regelmäßig im Waldgut. Ich glaube, das ist für viele Städter auch etwas Therapie – so ganz ohne Straße, Laternen, Post, Trinkwasserleitungen, Internet, Bus, Bahn, Kneipe oder gar Nachbarn in Sichtweite. Ich genieße die Besuche sehr, weil ich viele der SZ-Kollegen beruflich und eben auch menschlich sehr schätze. Wenn es sich einrichten lässt, revanchiere ich mich natürlich auch gerne – es ist ja nicht so, dass ich ungern in der Stadt bin. Unter dem Aspekt betrachtet ist die SZ auch eine Art Journalistenfamilie.

Die Fragen stellte Dagny Rößler.

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Ja, sie lebt noch

Zwei überregionale Blätter stehen vor dem Aus. Aber der Tod der Zeitung, den manche heraufbeschwören, ist das noch lange nicht.

Vielleicht liegt es auch bloß an dieser trüben Stimmung im Herbst. Volkstrauertag, Buß- und Bettag, Totensonntag, und dann noch die ARD-Themenwoche zum Thema Sterben – da kann man schon mal in Todessehnsucht verfallen. Sind wir jetzt also soweit: Ist diese Woche der Anfang vom Ende der Zeitungen? Gleich zwei Blätter stehen vor dem Aus: Die „Frankfurter Rundschau“, die in der alten Bundesrepublik das Leib-undMagen-Blatt linksliberaler Intellektueller war. Und die „Financial Times Deutschland“, gegründet im Jahr 2000, als deutscher Ableger der britischen Wirtschaftszeitung auf lachsfarbenem Papier. Hunderte Redakteure könnten ihren Arbeitsplatz verlieren.

In Ostdeutschland werden beide Zeitungen kaum gelesen. Sogar deutschlandweit haben sie zusammen weniger Auflage als etwa die Sächsische Zeitung. Auch kommt ihr Aus für Branchenkenner nicht überraschend. Die „Frankfurter Rundschau“ wurde seit Jahren mit verschiedenen Rettungsversuchen am Leben erhalten. Und die „Financial Times Deutschland“ hatte es als Neugründung von Anfang an schwer, sich auf dem Zeitungsmarkt zu behaupten.

Trotzdem tun manche so, als hätte jetzt endlich das seit vielen Jahren prophezeite Zeitungssterben begonnen. Vor allem im Internet überschlagen sich die Kommentare. Mit mehr oder weniger unverhohlener Schadenfreude spotten Blogger und Online-Autoren über die Zeitung als „Totholzmedium“. Aber auch bei Zeitungsredakteuren ist das lähmende Gefühl weit verbreitet, für ein todgeweihtes Medium zu arbeiten, das der Übermacht des Internets hilflos ausgeliefert ist. Es regt sich kaum Widerspruch, wenn jetzt davon die Rede ist, die Tageszeitung sei längst ein „fragliches journalistisches Konstrukt“. Sind also nicht nur einige Blätter am Ende, sondern überhaupt die Idee Tageszeitung?

Man muss das wohl mit Ja beantworten, wenn man unter dem Begriff „Zeitung“ nichts anderes als ein Papierprodukt versteht, für das Leser artig bezahlen, weil es jeden Morgen am Kiosk oder im Briefkasten liegt und die Neuigkeiten des vergangenen Tages erzählt. Das funktioniert im Grunde genommen schon heute nicht mehr. Aber geht es nicht auch anders? Muss es Papier sein? Muss es früh morgens sein? Muss es immer nur das sein, was gestern schon in der „Tagesschau“ war und im Internet sowieso? Zeitungen werden sich ändern müssen, aber untergehen werden sie nicht. Sie werden überleben, wenn sie sich wandeln. Dabei müssen sie nicht unbedingt schneller werden, aber anders. Und noch viel besser.

Noch sind Zeitungen die Leitmedien in dieser Gesellschaft. Das wird sich auch in naher Zukunft nicht ändern. Vieles, was auf Facebook, Twitter oder in Online-Foren diskutiert wird, wurde zuerst von Zeitungsjournalisten aufgedeckt – so zum Beispiel die Affären von Guttenberg und Wulff. Die Online-Diskussionen sind dabei oft eine Bereicherung. Es gibt im Internet viele kluge Stimmen, die sonst nicht zu Wort kämen. Aber sie bilden meist bloß die Begleitmusik zu Debatten, die im Wesentlichen von Zeitungen angestoßen und von Fernsehen und Rundfunk aufgegriffen werden. Die Presse erfüllt also nach wie vor sehr rege die Funktion, die ihr in einer Demokratie zukommt: Sie trägt zur Meinungs- und Willensbildung bei.

Auch in Zahlen betrachtet, ist die deutsche Zeitungslandschaft immer noch beeindruckend vielfältig und lebendig. Es gibt 339 verschiedene Tages- und Sonntagszeitungen. Zusammen kommen sie auf eine Gesamtauflage von über 21 Millionen Exemplaren. Laut einer Umfrage des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger lesen sogar zwei Drittel der Erwachsenen täglich eine gedruckte Zeitung. Deutschland war und ist ein Land von Zeitungslesern, auch im Zeitalter von Smartphones und Tablet-Computern.

Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass die Auflage der Zeitungen seit vielen Jahren langsam, aber stetig sinkt. Im Jahr 2002 lag die Gesamtauflage noch bei mehr als 27 Millionen – in den letzten zehn Jahren ist die Zahl um sechs Millionen geschrumpft. Tendenz weiter sinkend. Vor allem junge Menschen lesen immer weniger Zeitung. Nur Wochenzeitungen wie „Die Zeit“ oder die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ konnten einige Leser hinzugewinnen.

Was also muss sich ändern, damit Zeitungen nicht tatsächlich einen schleichenden Tod sterben? Sicher ist, dass es künftig immer weniger gedruckte Zeitungen geben wird. Doch die Inhalte müssen nicht unbedingt wie bisher auf Papier daherkommen. Sie können auch als Onlineauftritt, PDF, App, SMS oder was auch immer auf Computer, Handy oder Tablet landen. Millionen Menschen kaufen längst keine CDs mehr, sondern laden ihre Lieblingsmusik aus dem Internet runter. So könnte es bald auch mit Zeitungsartikeln sein. Na und? Zeitungsjournalisten wollen gelesen werden. Auf welchem Weg, das kann ihnen egal sein.

Aber was es da zu lesen gibt, das ist nicht egal, das wird über die Zukunft der Zeitung entscheiden. Der Tageszeitungsrhythmus ist in der Nachrichtenflut von heute auch ein Vorteil: Einmal am Tag kann sich der Leser in Ruhe über die Hintergründe informieren, ausgeruhte Analysen, Kommentare und Reportagen lesen. Die schnellen Happen können die Zeitungen getrost dem Internet überlassen. Ihre Stärke sind ihre Redaktionen, in denen Journalisten täglich miteinander diskutieren, ihre Texte gegenseitig kritisch begutachten, Informationen hinterfragen und auswerten, Fakten recherchieren.

Journalisten sind nicht klüger als ihre Leser. Aber sie werden dafür bezahlt, dass sie Informationen prüfen, sortieren und aufbereiten. Das unterscheidet eine Zeitung von kostenlosen Online-Nachrichten. Und deshalb kostet eine Zeitung Geld. Für eine Ausgabe der Sächsischen Zeitung etwa bezahlt man 1,20 Euro. Das ist preiswerter als eine Tasse Kaffee. Warum sollten Leser nicht auch in Zukunft bereit sein, einen solchen Betrag für eine digitale Version der SZ zu bezahlen? Sie wollen ja kein Papier kaufen, sondern Inhalte.

Das Problem, mit dem die meisten Verlage heute noch kämpfen, ist die Suche nach einem funktionierenden Bezahlmodell. Und auch die Anzeigen bringen im Internet bislang deutlich weniger Geld ein als in der gedruckten Zeitung. Das ist für viele Verlage schmerzhaft. Aber letztlich sind das betriebswirtschaftliche Schwierigkeiten, die nichts an der Grundbedingung für die Existenz von Zeitungen ändern: Qualitätsjournalismus wird künftig mehr gebraucht denn je – in einer Welt, die immer komplexer, rasanter und unübersichtlicher wird. Und was gebraucht wird, ist den Menschen auch Geld wert.

Dafür bekommen sie künftig noch mehr als heute geboten. Viele wollen sich nicht mehr nur Informationen auftischen lassen, sondern sich einmischen und mitreden. Oder auch mitschreiben. Bitte schön! Auch dafür können Zeitungen in Zukunft eine Plattform sein. Die Zeiten, in denen Redakteure ihre Leser in klugen Leitartikeln belehren durften, sind ohnehin längst vorbei. Journalisten sind Dienstleister und keine Oberlehrer. Diese Haltung gilt im Online-Zeitalter mehr denn je.

Gerade für Regionalzeitungen liegt hier eine Riesenchance: Sie sind näher an ihren Lesern dran als die großen überregionalen Blätter. Und sie können ihr Publikum künftig über das Internet noch stärker einbinden. Die Inhalte einer Regionalzeitung sind sowieso unersetzbar. Je lokaler ein Ereignis ist, desto schwieriger ist es, verlässliche Nachrichten kostenlos im Netz zu finden. Wer wissen will, was in seinem Wohnort passiert, ist auf eine Lokalzeitung angewiesen. Daran hat sich durch die digitale Welt nichts geändert.

Eine andere Frage ist, ob Leser künftig noch regelmäßig einen festen Preis für eine komplette Zeitung zahlen werden – oder nur noch für bestimmte Themen oder gar einzelne Artikel. In der Musikindustrie ist das längst so weit. Auf Streamingdiensten wie Spotify oder Simfy kann man gegen eine Monatsgebühr unendlich viele Titel hören. Bei iTunes und anderen Plattformen werden nicht mehr nur komplette Musikalben, sondern vor allem einzelne Songs verkauft. Nicht ausgeschlossen, dass es eines Tages mit Zeitungsartikeln ähnlich funktioniert.

Zukunftsmusik? Auch die Hardrockband AC/DC hat sich lange gegen Veränderungen gewehrt. Online-Stores würden die „Musikwirtschaft umbringen“, hatten die Altrocker gewettert. Jetzt haben sie ihren Widerstand aufgegeben. „Highway to Hell“ gibt’s neuerdings für 1,29 Euro im Netz. Daran wird der Rock ’n‘ Roll auch nicht zugrunde gehen.

Von Marcus Krämer und Heinrich Löbbers

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Dabei sein, wenn es passiert

Volontäre stellen sich vor: Dagny Rößler (24) studiert Journalistik an der Uni Leipzig  und holt sich in einem Jahr die nötige Portion Praxis.

Klick gemacht hat es…

in meiner Bachelorzeit. Als ich bei der Düsseldorfer Unizeitung „Campus Delicti“ Woche für Woche selbst Themen setzen, Texte schreiben und Fotos machen konnte. Die fertige Ausgabe haben wir unseren Lesern sogar noch persönlich in die Hand gedrückt.

Vor dem Volo hätte ich nicht gedacht…

dass ich im Lokalen jeden Tag aufs Neue die unterschiedlichsten Themen auf dem Schreibtisch liegen habe. Für den Döbelner Anzeiger sprach ich einmal morgens im Kuhstall mit Sachsens bester Melkerin und am Nachmittag philosophierte ich mit einem Chirurgen über sein absolutes Gehör.

Mein Leben ohne Journalismus hätte so ausgesehen…

dass ich vielleicht Leute überzeugen würde, an einer Umfrage teilzunehmen – am Telefon oder in der Fußgängerzone. In meinem Bachelor ging es nämlich auch um empirische Sozialforschung. Zum Glück ließ mir das Studium viele Freiheiten, mich nach Alternativen umzuschauen.

Ich bin Spezialistin für…

Porträts über Menschen mit einer ungewöhnlichen Lebensgeschichte: über eine Frau, die früher ein Mann war; über einen Paralympics-Teilnehmer, der als Kind mit seinem Pony zur Schule ritt. Gerne höre ich Leuten zu, aber noch lieber bin ich ganz nah an ihnen dran, erlebe sie, wenn etwas passiert. Ich habe für eine Zeitung schon in einem Hörsaal übernachtet, als Studenten ihn zum ersten Mal besetzten. In Dresden habe ich in der Warteschlange gestanden, als die Klappsessel des Kulturpalasts verkauft wurden – für ein Ehepaar hingen daran Erinnerungen aus 30 Jahren.

An die Geschichte erinnere ich mich oft…

Gleich in der ersten Volo-Woche konnte ich eine Frau porträtieren, die Sterbende ehrenamtlich begleitet. Das klingt nach einem deprimierenden Thema, doch die Hospizhelferin sprudelte nur so vor Lebensfreude. Ihr Motto: „Es nützt ja nichts, wenn ich traurig bin.“ Widersprüche machen das Leben erst richtig interessant.

Dass ich bei der SZ richtig bin, habe ich gemerkt als…

ich einen Blick in andere regionale Tageszeitungen geworfen habe und von vielen Mini-Meldungen oder Kurzkommentaren erschlagen wurde. Die SZ nimmt sich den Platz, den die besten Geschichten brauchen.

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Den Alltag unter die Lupe nehmen

Antje Ritter hat als Praktikantin sechs Wochen in der Radebeuler Redaktion gearbeitet. In der Zeit traf sie einen Eishockeyprofi, drei indianische Häuptlinge und nervöse Interviewpartner.

„Wer sich nur an Schreibkurse und Lehrbücher über das Schreiben hält, begreift das Wesentliche nicht: Schreiben ist zu Papier gebrachtes Leben“, schreibt Paolo Coelho in seinem neuesten Roman „Aleph“. Wie Recht der brasilianische Schriftsteller hat, zeigte sich bei meiner Arbeit in der Radebeuler Lokalredaktion. Sechs Wochen lang nahm ich direkt am Leben der Mitmenschen teil und war so nah am Geschehen wie beinahe nirgendwo anders.

Den aufregendsten Tag zu benennen, ist daher unmöglich, denn jede Geschichte birgt etwas Einmaliges. Da wäre mein Interview mit einem kanadischen Eishockeyprofi, der in Radebeul sein Zuhause gefunden hat, als auch der Eintrag von drei indianischen Häuptlingen ins Goldene Buch der Stadt oder der restaurierte Schlussstein am Weinberg „Goldener Wagen“. Nervös war ich beinahe vor jedem Termin, da man nie weiß, was genau gleich passieren wird. Sind meine Fragen richtig ausgearbeitet, übersehe ich auch nichts oder werde ich mir alles richtig notieren? All dies sind Überlegungen, die sich in der Gedankenwelt kurz vorher breitmachen. Aber zum Glück sind die Mitarbeiter der Lokalredaktion in Radebeul liebenswerte und hilfsbereite Leute, die mir immer mit Rat und Tat zur Seite standen, sei es bei technischen Fragen, wie man einen Artikel im System anlegt oder wie Sätze besser formuliert werden können, damit der Inhalt besser vermittelt wird. Wenn dann das fertige Werk in der Zeitung abgedruckt ist und man es in seinen Händen hält, ist das Gefühl von Stolz schon in der Brust zu spüren.

Zur SZ bin ich durch eine Initiativbewerbung gekommen. Bereits während meines Studiums der Klassischen Archäologie absolvierte ich ein Praktikum bei einer Tageszeitung und arbeitete dort als freie Mitarbeiterin.  Das Beschreiben von Gegebenheiten und das genaue Studieren von Objekten helfen mir sehr im journalistischen Alltag. So achtet man oft auf bei Terminen auf Dinge, die nicht offensichtlich ins Auge fallen. Sei es das Tonnengewölbe in einer Kirche oder das nervöse Zappeln des Interviewpartners.

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„Zeitungmachen ist eine Frage des Herzblutes“

Jens Ostrowski leitet die jüngste Redaktion der Sächsischen Zeitung. Nur ein Jahr nach seinem Volontariat bei der Westfälischen Rundschau bewarb er sich auf die Stelle in Riesa.

Wie ist es, wenn eine Redaktion aus Dreißigjährigen für die Leser um die Sechzig schreibt? 

Dass der Altersdurchschnitt unserer Abonnenten steigt, alarmiert uns. Wir werden aber nicht den Fehler machen und eine Seniorenzeitung produzieren. Wir setzen auf eine Themenmischung, die für alle Generationen etwas bereithält. Wir machen eine Zeitung für die ganze Familie, weil wir nur so bei potenziellen – auch jungen – Neuabonnenten punkten können. Das junge Durchschnittsalter unserer Redaktion spielt bei den Lesern keine spürbare Rolle. Was man aber manchmal zu hören bekommt, gerade wenn in der Zeitung ein Fehler passiert ist, vielleicht der Straßenname falsch geschrieben wurde: „Na ja, die kommen ja nicht von hier.“ Und gerade weil nicht alle aus unserer Redaktion aus der Region stammen, ist es besonders wichtig, noch aufmerksamer zu arbeiten.

Und wo liegt der Altersdurchschnitt bei den Lokalchefrunden?

Wie alt die Kollegen im Einzelnen sind, weiß ich natürlich nicht genau. Der Durchschnitt liegt so bei Anfang 50. Ich selbst bin im Februar 30 geworden – und damit das Nesthäkchen in der Lokalchefrunde.

Viele junge Leute zieht es nach Berlin, Hamburg oder Dresden. Warum ist Riesa der richtige Ort für junge Journalisten?

Ich kenne ja die Arbeit in der Großstadtredaktion Dortmund, die unheimlich viel Spaß gemacht hat. Aber, um als Redaktionsleiter Fuß zu fassen, kann ich mir keinen besseren Ort als den Altkreis Riesa vorstellen. Hier gibt es alles, was man braucht, um Zeitung zu machen. Die Stadt befindet sich im Strukturwandel, hier gibt es ein eigenes Amtsgericht, eine Justizvollzugsanstalt, mehrere wirtschaftliche Globalplayer, die Gedenkstätte eines ehemaligen Kriegsgefangenenlagers, hier sind 1945 Ost- und Westfront aufeinander getroffen. Dazu kommt ein Fußballverein mit großer DDR-Tradition, der wieder in die Oberliga aufsteigen will. Nicht zu vergessen: Hier wohnt die NPD-Bundesführung, hier sitzt der NPD-Verlag Deutsche Stimme. Das alles zusammen macht die journalistische Arbeit hier unheimlich spannend.

Wie sind Sie so schnell Chef geworden?

Durch eine Stellenanzeige bei newsroom.de. Die Aussicht darauf, eine Lokalausgabe weiterzuentwickeln, hat einen unheimlich großen Reiz auf mich ausgeübt. Und das hat sich bis heute nicht geändert. In diesen schwierigen Zeiten ein Blatt zu machen, das nicht nur die Bestandsleser befriedigt, sondern auch neue findet, halte ich für eine riesengroße Herausforderung. Man braucht Ideen und muss viel ausprobieren. Und man darf sich nicht zu schade sein, Neuerungen, die nicht funktionieren, wieder rückgängig zu machen. Solche Aufgaben sind nichts für Sicherheitsfanatiker. Mich reizen sie. Mir ist bewusst, dass es nicht selbstverständlich ist, ein Jahr nach dem Volontariat auf eine Redaktionsleiterstelle zu rutschen. Bei der SZ habe ich die Chance vor anderthalb Jahren geboten bekommen. Und das war für mich auch der Hauptgrund für den beruflichen Wechsel aus einer Mantelredaktion zurück ins Lokale.

Fehlt Ihnen als Redaktionsmanager manchmal das Schreiben?

An die Umstellung muss man sich gewöhnen. Plötzlich geht es nicht mehr nur darum, Themen zu finden, Termine wahrzunehmen und diese für die eigene Seite zu schreiben. Plötzlich geht es um das große Ganze. Um Etatfragen, um Personalplanung, um sämtliche administrative Aufgaben, die mit Journalismus rein gar nichts zu tun haben. Dazu kommt der redaktionelle Alltag, aus dem man sich in einer fünfköpfigen Redaktion nicht komplett herausnehmen kann. Freiräume sind aber wichtig, wenn man die Zeitung weiterentwickeln möchte. Die Konzeptplanung von Serien, neuen Rubriken, Formen der Leser-Blatt-Bindung braucht Zeit, die man sich nehmen muss. Ich weiß ein junges, dynamisches Team hinter mir, das mir diese Freiräume ermöglicht – und auf das ich mich verlassen kann.

Was macht Ihre Redaktion anders als die alten Hasen?

Ich habe in den letzten zehn Jahren gemerkt, dass es keine Frage des Alters ist, ob eine Redaktion eine gute Zeitung macht oder eben nicht. Mir sind Kollegen mit 40 Jahren Berufserfahrung über den Weg gelaufen, die ihr Blatt richtig rocken, die überraschende Themen setzen und auf ausgefallene Optiken stehen. Dann sind mir junge Kollegen begegnet, die Zeitung so verstehen, wie sie vor dreißig Jahren gemacht wurde. Das Klischee von dynamischen Jungen und eingestaubten Alten ist also völliger Quatsch. Zeitungmachen ist eine Frage des Herzblutes und nicht des Alters. In Riesa wollen wir überraschende Inhalte in frischen Optiken präsentieren. Zum einen brauchen wir Themen, die große Teile unserer Leserschaft interessieren. Und wenn die noch optisch so präsentiert sind, dass sie den Leser schnell leiten und dazu noch verblüffen, weil das Layout aus dem Rahmen fällt, sind wir zufrieden. Aber die Zeitung darf nicht zum Kirmesblättchen werden.

Wie sieht die optimale Ausgabe also aus?

Man braucht eine durchgehend sauber gestaltete Zeitung mit einzelnen Höhepunkten. Alles in allem ist das der tägliche Versuch, Henri Nannens berühmten Küchenruf zu provozieren: „Hast Du schon gelesen, was in der Zeitung steht?“ So landet die Azubi-Serie in den Händen des Enkels. So gelangt der Kita-Test zur jungen Familienmutter. Und so erfährt auch der Nichtleser, dass der Bürgermeister beim Diebstahl von gemeindeeigenen Pflastersteinen erwischt wurde. Wann immer ein Nichtleser unsere Zeitung in die Hände bekommt, muss er Themen finden, die ihn brennend interessieren. Je öfter das geschieht, desto größer die Chance, dass er künftig für unsere Inhalte zahlt.

Die Fragen stellte Dagny Rößler.

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Macht Zeitunglesen schlau?

Bei der „Mission Grips“ bekommen Azubis ein Zeitungsabo gesponsert. Die 17-jährige Julia Rump liest seitdem regelmäßig. Für sie zahlt sich die Aktion schon jetzt aus.

Wissen, was in Dresden passiert – das ist für Julia Rump schon lange wichtig. Während die 17-Jährige früher gelegentlich einen Blick in die Sächsische Zeitung der Oma warf, hat sie mittlerweile ihr eigenes Abo. Das wird finanziert von ihrem Ausbildungsbetrieb, den Dresdner Verkehrsbetrieben (DVB). Vorstand Hans-Jürgen Credé ist von dieser Maßnahme für die eigenen Azubis überzeugt: „Es hilft ihnen, politische, ökonomische, kulturelle und soziale Zusammenhänge besser zu erkennen und bildet eine solide Basis, um sich aktiv in die Gesellschaft einzubringen.“

Rund 20 Unternehmen verfolgen diesen Ansatz und nehmen deshalb an der „Mission Grips“ der Sächsischen Zeitung teil. Dabei wird wissenschaftlich untersucht, wie sich die tägliche Zeitungslektüre auf das Allgemeinwissen der Teilnehmer auswirkt. Dazu hat Professor Lutz Hagen vom Institut für Kommunikationswissenschaft der TU Dresden gemeinsam mit seinen Mitarbeitern Fragebögen entwickelt. So testet er vor dem Start des Zeitungsabos das Allgemeinwissen der Jugendlichen. „Es werden unter anderem Fragen aus Politik, Geschichte, Wirtschaft, Naturwissenschaften und auch zur Sprache gestellt“, sagt Hagen. Während des Testjahres gibt es dann alle 14 Tage ein kleines Quiz, das sich auf aktuelle Themen bezieht, die auch in der Zeitung stattgefunden haben. Direkt am Computer am Arbeitsplatz können die Jugendlichen diese Tests absolvieren. „Das regelmäßige Quiz dient vor allem dazu, die Azubis immer wieder für das Projekt zu motivieren“, sagt Hagen. Kleine Preise für die Bestplatzierten würden weitere Anreize schaffen.

Nach Ablauf eines Kalenderjahres werden die Jugendlichen dann noch einmal von der TU Dresden getestet. Inwiefern sich die Jugendlichen durch das Zeitunglesen mehr Wissen aneignen wird auch dadurch herausgefunden, dass es parallel eine Kontrollgruppe gibt. Diese Jugendlichen lesen wiederum keine Tageszeitung. „Bisherige Studien haben schon gezeigt, dass es positive Zusammenhänge zwischen dem Zeitunglesen und dem Wissen gibt“, sagt Professor Hagen. Zudem werde dadurch eine Kette angestoßen: Wer mehr weiß, bringt auch mehr Interesse für weitere Themen auf – was wiederum dazu führt, dass sich diejenigen weiter informieren wollen. Zum Abschlusstest gehören dann Fragen wie „Was ist größer: Umsatz oder Gewinn“ oder „Wie heißt der deutsche Vizekanzler“.

Am Politikteil der Zeitung bleibt DVB-Azubi Julia Rump meist nicht lange hängen. Aber auf ihre Zeitung verzichten möchte sie auch nicht mehr. „Gerade wenn ich den ganzen Tag am Rechner gesessen habe, ist das Lesen nach der Arbeit eine gute Abwechslung.“ Besonders freut es sie, dass ihr Unterhaltungen zunehmend leichter fallen. „Wenn man für die DVB arbeitet, erwarten viele Menschen ja auch, dass man sich mit der Stadt und den aktuellen Diskussionen gut auskennt“, sagt Julia Rump.

Von Juliane Richter

Anmeldungen zu dem Projekt sind noch möglich. Kontakt Solveig Kriese Tel. 0351 48 64 24 86.

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Am Laufsteg der Schwarzen Szene

Volontäre stellen sich vor: Anna Hoben (28) hat schon als Kind das Schreiben für sich entdeckt. Und wäre dennoch fast  Lehrerin geworden.

Klick gemacht hat es…

als ich mit elf meinen ersten Artikel in der Hand hielt. Meine Heimatzeitung, die Schwäbische Zeitung, hatte beim Kulturufer-Festival in Friedrichshafen einen journalistischen Workshop für Kinder veranstaltet. Stift und Schreibblock in die Hand und losgeflitzt: zu den Künstlern hinter der Bühne, zu den Köchen im Esszelt, zu den Besuchern auf der Straße. Ich merkte: Als Reporter durfte man mehr. Und man sah mehr. Außerdem machte das Schreiben Spaß. Und am Ende stand mein Name drunter! Nach dem Abitur fing ich als Praktikantin bei der Schwäbischen Zeitung an und machte als freie Mitarbeiterin weiter.

Vor dem Volo hätte ich nicht gedacht…

dass ich Sächsisch mal besser finden würde als Schwäbisch.

Mein Leben ohne Journalismus hätte so ausgesehen…

dass ich im Jahr 2012 als Deutsch- und Englischlehrerin mit Fünftklässlern Genitiv und Dativ üben und mit Zwölftklässlern Schiller und Kafka lesen würde. Oder ich würde als Promotionsstudentin in einem muffigen Büro an der Uni sitzen, lesen, lesen, lesen – und dann einen ziemlich langen Artikel schreiben. In Konstanz am Bodensee habe ich Germanistik, Anglistik und Amerikanistik studiert, fürs Lehramt an Gymnasien. Das war aber immer nur Plan B. Plan A war schließlich, Journalistin zu werden. Deshalb habe ich parallel zu meinem Studium an der Münchner Journalistenschule ifp eine journalistische Ausbildung absolviert, mit Praktikumsstationen beim Kölner Stadt-Anzeiger, bei der Sächsischen Zeitung, beim NDR und ZDF. 2008 ging ich für ein Jahr in die USA und studierte in Yale African American Studies, während Obama seinen ersten Wahlkampf betrieb. Nach dem Examen bewarb ich mich bei der Sächsischen Zeitung um ein Volontariat – und entschied mich für ein Leben mit Journalismus.

Ich bin Spezialist für…

Reportagen, Porträts, Gesellschafts- und Kulturthemen.

An die Geschichte erinnere ich mich oft…

als ich für eine Reportage über das Wave Gotik Festival in Leipzig Protagonisten suchte. Jedes Jahr zu Pfingsten ist die Stadt Treffpunkt und Laufsteg für die Schwarze Szene, die inzwischen ziemlich bunt ist. Ich traf ein Pärchen aus Nürnberg, das für jeden der vier Festivaltage ein anderes Kostüm dabei hatte, alles selbst geschneidert und gebastelt. Ich begleitete sie fast rund um die Uhr und durfte zusehen, wie sie sich stylten: für ihre Premiere im Latex-Outfit. Das Anziehen und Schminken dauerte zweieinhalb Stunden – und war noch interessanter als das anschließende Schaulaufen. Immer wieder sehe ich außerdem die Gesichter der Asylbewerber vor mir, über die ich in Pirna eine Serie geschrieben habe, und frage mich, was aus ihnen geworden ist.

Dass ich bei der SZ richtig bin, habe ich gemerkt…

als ich 2007 ein Praktikum im Kulturressort machte. Ich bekam Verantwortung, Förderung und die Freiheit, mich auszuprobieren. Als ich vier Jahre später fürs Volontariat nach Dresden zog, war das auch eine Bauchentscheidung – die richtige.

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Gleich am ersten Tag zum Termin

Einstieg übers Praktikum: Wie kann ich mich bewerben? Was erwartet mich? Wie kann  es danach weitergehen? Antworten gibt’s am Beispiel der Döbelner Lokalredaktion.

Wie ein Praktikum in einer Lokalredaktion der SZ ablaufen kann, erklären die Redaktionsleiterin des Döbelner Anzeigers, Elke Görlitz und Praktikantin Michelle Hillebrand. Die 15-Jährige vom Johann-Mathesius-Gymnasium  hat in der neunten Klasse in der Redaktion gearbeitet.

Wen wir für ein Praktikum suchen:

Schüler oder Studenten, die nicht nur ihre Zeit absitzen, sondern wirklich etwas über unser Handwerk lernen wollen.

Welche Eigenschaften ich als Praktikantin mitbringe:

Ich schreibe gern und interessiere mich dafür, wie ein Tag in einer Zeitungsredaktion abläuft. Da erfährt man schließlich als Erster, was gerade los ist.

Wie du zu einem Praktikum bei uns kommst:

Terminlich sind wir sehr flexibel, Voraussetzung ist eigentlich nur, dass ein Arbeitsplatz frei ist – und das ist meistens so. Die Praktika dauern meist 14 Tage. Melde dich am besten persönlich. Denn manche schicken auch die Eltern vor, das macht allerdings nicht den besten Eindruck. Also anrufen oder mailen oder eine schriftliche Bewerbung schicken und um einen Termin für ein Vorstellungsgespräch bitten.

Wie ich beim Döbelner Anzeiger beworben habe:

Für mich war relativ schnell klar, dass ich mein Praktikum in der 9. Klasse bei einer Zeitung mache, weil ich später Journalistin werden möchte. Deshalb habe ich mir einfach die Telefonnummern einiger Zeitungen in der Nähe besorgt. Zuerst habe ich in der Redaktion nachgefragt, ob ein Praktikum prinzipiell möglich wäre. Dann habe ich Frau Görlitz meinen Lebenslauf und meine Bewerbung geschickt. Ein paar Tage später hat sie mich dann zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Davor war ich ziemlich aufgeregt. Aber ich hätte mir gar keine Sorgen machen müssen. Frau Görlitz war total nett. Im Großen und Ganzen ging es nur darum, warum ich mich für ein Praktikum bei der Zeitung interessiere und was ich mir so darunter vorstelle.

Was die Praktikanten bei uns lernen können:

Erst einmal, dass Zeitungmachen wirklich harte Arbeit ist. Man braucht einen klugen Kopf, muss neugierig und hartnäckig sein, auf die Menschen zugehen können und sich nicht einschüchtern lassen. Denn erst wer genug interessante Informationen gesammelt hat, kann sie auch spannend aufschreiben. Und auch das lernen die Praktikanten bei uns.

Wie mein Praktikum gelaufen ist:

Ich durfte gleich am ersten Tag zu einem Termin bei der Schuldenberatung in Döbeln mitgehen und dann einfach „drauf-los-schreiben“. An den nächsten Tagen war ich dann einige Male bei Verhandlungen im Amtsgericht. Der erste Artikel von mir, der veröffentlicht wurde, war ein Gerichtsbericht. Ich habe nicht nur gelernt, wie man einen Artikel von der Überschrift bis hin zum letzten Satz gleichzeitig informativ und spannend schreibt. Mir fällt es auch leichter, einfach mal auf wildfremde Leute zuzugehen. Denn darum kommt man einfach nicht herum, wenn man für die Zeitung unterwegs ist, auch wenn man – wie ich – eigentlich eher schüchtern ist.

Wie wir unseren Praktikanten helfen:

Indem wir sie zunächst mitnehmen, das heißt, die Praktikanten begleiten einen oder mehrere Redakteure bei Terminen und Recherchen. Dann geht es mit kleinen Aufgaben weiter und wer wirklich Interesse und Talent hat, darf auch mal eine Reportage probieren.

Wie mir die Redaktion geholfen hat:

Alle in der Redaktion waren total nett und haben mir geholfen, wenn ich Fragen hatte. Am Anfang war es nämlich nicht ganz einfach, mit dem PC-Programm klarzukommen. Manchmal wusste ich auch einfach beim Textaufbau nicht weiter oder was ich am besten in die Überschrift schreiben sollte und wie ich einen interessanten Einstieg hinbekomme. Auch Frau Görlitz hat sich immer wieder interessante Aufgaben für mich überlegt.

Wie es für dich nach dem Praktikum bei uns weitergehen kann:

Bestenfalls bleiben die Praktikanten dabei und schreiben weiter für unsere Zeitung, zum Beispiel in den Ferien oder an Wochenenden. Die größten Talente erhalten von uns eine individuelle Förderung entsprechend ihrer jeweiligen Voraussetzungen.

Wie ich mit dem Döbelner Anzeiger in Kontakt geblieben bin:

Gegen Ende des  Praktikums hat Frau Görlitz mir dann gesagt, dass ich auch gern in den Ferien mal wieder ein paar Tage für den Döbelner Anzeiger arbeiten kann. Seitdem bin ich vor allem in den Ferien fleißig am Schreiben. Zum Beispiel habe ich einen Tag lang den historischen Besiedlungszug begleitet und habe später in einem Artikel meine Eindrücke geschildert.

Von Dagny Rößler

Mehr über die Ausbildungswege bei der Sächsischen Zeitung erfährst du hier.

News

Schöne Geschichten aus der Provinz

Volontäre stellen sich vor: Carina Brestrich (24) kam vom Radio zur Zeitung – und arbeitet gern in der Oberlausitz.

Klick gemacht hat es…

als ich im dritten Semester war. An der Universität Leipzig studierte ich zu der Zeit im Bereich Kommunikations- und Medienwissenschaft – ein sehr vielfältiges Fach, das viele Möglichkeiten bietet, sich auszuprobieren. Ich entschied mich, es zunächst beim Radio zu versuchen. Ein Schnupperwochenende brachte mich zum Lokalradiosender der Uni, wo ich neben dem Studium mitarbeiten konnte. Vom Radio ging es später zur Zeitung. Bei einem Praktikum zeigte sich: Das ist genau das Richtige für mich.

Vor dem Volo hätte ich nicht gedacht…

dass  selbst in der tiefsten Provinz viele schöne Geschichten schlummern.

Mein Leben ohne Journalismus würde so aussehen…

dass ich wahrscheinlich heute noch überlegen würde, welcher Beruf für mich geeignet ist. Wahrscheinlich wäre es trotzdem was mit Medien geworden. Schließlich gehöre ich zu der „Was mit Medien“-Generation und habe auch in die Richtung studiert.

Ich bin Spezialist für…

Porträts. Es macht mir Spaß, im Gespräch das Besondere eines Menschen herauszufinden und dann in einer Geschichte zu erzählen. Jeder hat irgendetwas, dass ihn interessant macht – ein besonderes Talent, eine herausragende Leistung, eine spannende Lebensgeschichte oder eine verrückte Idee.

An die Geschichte erinnere ich mich oft…

als ich einen Bestatter einen Tag begleitete. Ich durfte zuschauen, wie er einen Toten für die Bestattung vorbereitet – mit allem Drum und Dran. Sie ist zwar nie in der SZ erschienen, aber ich habe sie im Rahmen eines Kurses an der Henri-Nannen-Schule in Hamburg geschrieben. Der gehört zur Volontärs-Ausbildung.

Dass ich bei der SZ richtig bin, habe ich gemerkt…

als ich nach meinem Vorstellungsgespräch meine Heimat Bautzen besucht habe. Auf der Fahrt ist mir bewusst geworden, wie schön es dort eigentlich ist. Da stieg in mir schon ein wenig Sehnsucht auf. Damals habe ich über 700 Kilometer weit weg in Süddeutschland gewohnt und dachte nicht, dass meine Bewerbung bei der SZ auch zum Erfolg führt.