Junge Journalisten absolvieren in der Regel ein Volontariat. Klingt nach einem Freiwilligendienst, ist aber keiner. Die Ausbildungsleiterin der Madsack-Mediengruppe klärt auf im Podcast „Journalismus machen“.
Anika Schock ist bei der Madsack-Mediengruppe für die Ausbildung von Nachwuchs-Journalisten verantwortlich.
Das Volontariat ist immer noch der klassische Einstieg in den Journalismus. Außerhalb der Medienbranche ist die redaktionelle Ausbildung aber den wenigsten ein Begriff. Deshalb haben wir die Ausbildungsleiterin der Madsack Mediengruppe in unseren Podcast „Journalismus machen“ eingeladen.
Anika Schock klärt auf, warum ein Volontariat keinesfalls so unbezahlt ist, wie der Name vermuten lässt, und wie die Ausbildung konkret abläuft. Nur so viel vorab: Langweilig wird es nicht!
Außerdem verrät sie, was Interessierte heute mitbringen sollten. Auch diejenigen, die bisher keine Medienerfahrungen haben, sollten dranbleiben. Denn die Anforderungen an den Beruf haben sich geändert, die Chancen auf einen Platz und eine spätere Übernahme stehen nicht schlecht.
„Ich kann ganz klar sagen, dass es nicht mehr so ist, dass man diesen klassischen ‚Ich wollte schon immer Journalist:in werden‘- Werdegang vorweisen muss“, sagt Schock.
Wer sogar die Qual der Wahl hat, bekommt Tipps von Anika Schock, auf was man bei der Auswahl eines Volontariats achten sollte. Die Volontärsbeauftragte weiß, wovon sie spricht, da sie erst vor drei Jahren selbst ein Volontariat bei den Lübecker Nachrichten begonnen hat.
Mittlerweile kümmert sie sich von Hannover aus um etwa 60 Volontäre und Volontärinnen, die bei den Medien der Madsack-Gruppe den Einstieg in den Journalismus gewagt haben.
Sie gehören zum Journalisten-Alltag immer noch dazu, aber wenige reden darüber: Leserbriefe. Aber was genau wird so angespült, wo kommen sie her und was macht das eigentlich mit einem?
Bevor ich meine Arbeit in einer Redaktion angefangen habe, wusste ich nicht, dass sie auch dazu gehören. Sie flattern manchmal täglich, manchmal nur einmal im Monat rein – ganz davon abhängig, worüber man gerade seine Texte schreibt. Manchmal sind sie lang, manchmal sehr kurz, manchmal fordern sie zum Dialog, manchmal sind sie aber auch beleidigend. Als Brief kommen sie schon lange nicht mehr, sondern viel mehr als Mail: Leserbriefe.
Ich kann gar nicht sagen, wie viele Lesermails eintrudeln, das ist ganz unterschiedlich. Allerdings fällt es auf, dass die Inhalte doch eher negativen statt positiven Inhalts sind. So bekam ich schon Mails, in denen ich als „unfähige Journalistin“ bezeichnet wurde. Wobei das wohl eher noch die geringste Form der Beleidigung darstellt. „Unfähig“ scheinen wir nach den Leserbriefen aber alle zu sein und genauso wenig die deutsche Rechtschreibung (wie viele Fehler sind wohl in diesem Text?) zu beherrschen. Denn regelmäßig bekomme ich auch Briefe, in denen mir angekreidet wird, es wäre eine Unverschämtheit, Personen in Artikeln nur mit dem Nachnamen zu bezeichnen. Also zum Beispiel „sagte Schulz“ und nicht „sagte Frau Schulz“. Bei solchen Mails frage ich mich allerdings, ob die Schreiber überhaupt Zeitung lesen, denn es ist ja nun normal, das so zu machen – oder ist es das plötzlich nicht mehr? Das Memo habe ich nicht bekommen.
Und „reinen Populismus“ scheinen wir auch zu betreiben. Egal ob nach Links oder nach Rechts. Vor allem sind wir aber „Linke Propagandistinnen“ und würden „Links/Grüne Propaganda“ betreiben. Manche holen auch richtig aus und schmeißen uns Sätze entgegen, die versteckt hinter dem Mailfach entstehen und sie uns sicherlich seltenst ins Gesicht sagen würden. So kam auch erst vor kurzem der Satz:
„Können Sie noch in den Spiegel schauen? Kommen Zweifel darüber, ob Sie Journalistin sind? Ich gebe Ihnen gern die Antwort: Sie sind keine Journalistin, Sie sind eine linke Propagandistin. Kein Wort über diese nicht repräsentative Datenerfassung des „Sachsen-Kompass“; diese Klarstellung gehört an erste stelle. Mein Wunsch wäre: ein fairer Journalismus weg von dieser SPD-Parteilichkeit, aber wenn Sie diesen obszönen linken Parteijournalismus nicht folgen (würden), hätten Sie keine Chance; schreiben für die untergehende SPD, oder kein Rückrad.“ (Das Zitat wurde in der Rechtschreibung aus dem Original übernommen).
Und ja, sowas trifft. Soll es sicherlich auch. Aber wir können uns nicht wehren. Wir sitzen auch nur an unseren Computern, recherchieren, gehen zu Terminen und treffen Menschen, schreiben Artikel, kontrollieren mehrfach die Fakten und fragen noch mal nach – machen eben unseren Job – dass nicht jedem gefällt, wie wir ihn machen, ist klar. Aber wir sind eben auch nur Menschen. Wir bekommen die Briefe und lesen sie (und ja – nehmen sie uns auch zu Herzen). Wir kennen die Menschen nicht, die uns schreiben. Sie kennen uns sicherlich ein bisschen mehr (glauben es zumindest).
Ich habe am Anfang geschrieben, dass ich nicht wusste, dass es noch immer so viele Leserbriefe gibt. Das stimmt – man wird nicht wirklich darauf vorbereitet. Keiner sagt einem, wie man am besten damit umgeht. Es gibt Kollegen, die mir geraten haben, sie zu beantworten, damit der Schreiber des Briefes weiß „hey – hier ist auch ein Mensch und hier liest jemand ihre Nachrichten“. Andere Kollegen haben mir geraten, sie einfach zu ignorieren. Beides war für mich nie die optimale Lösung. Ich habe mich dazu entschieden, auf die zu antworten, die aufrichtig zu sein scheinen und an einem Austausch interessiert sind. Denn die gibt es natürlich auch und es sind gar nicht so wenige.
Auf die, die mich beleidigen und mich degradieren, antworte ich nur, wenn ich wirklich das innerliche Bedürfnis habe etwas richtigzustellen.
Ich möchte nicht darüber jammern, dass sich Leser mit uns Kontakt aufnehmen wollen, denn wirklich oft gibt es einen schönen Austausch oder eine nette Mail. Trotzdem bleiben die Mails, die unter die Gürtellinie zielen, doch eher mal hängen.
Dann gibt es da noch einen Mini-Prozentsatz, den ich euch auch nicht vorenthalten möchte: Menschen, die uns schreiben wegen wirklich ganz kleinen Sachen und sehr oft sind diese Mails sehr witzig. So bekam ich erst vor kurzen eine Nachricht, in der sich jemand über ein gewähltes Foto empörte:
„Auf dem Bild trägt Roland Kaiser mit Sicherheit keine Porsche-Sonnenbrille, wenn doch Porsche, dann müsste es richtig heißen: Porsche-Design. Ich vermutet, dass es sich um eine Ray-Ben-Sonnenbrille handelt. Aber Roland Kaiser ist nicht so einer, der mit einer Porsche-Design-Brille, die ein Protzzeichen, ein Statussymbol ist, bei einem Konzert auftreten würde“
Die Olympischen Spiele in Paris gehen auf das Ende zu. Es gab allerhand Medaillen, aber auch abseits des Sports immer wieder neue Eindrücke, Aufreger und Geschichten, die einige Medaillenträger überdauern werden. Was bleibt also hängen, wenn man gar keinen Sport verfolgt?
Seit dem 26. Juli finden in (mehr oder weniger) Paris die Olympischen Spiele statt. Wer bisher welche Medaillen wofür geholt hat, weiß ich nicht. Allerdings sind die folgenden Dinge hängengeblieben:
Eröffnungsfeier = Gotteslästerei?
Direkt nach der Eröffnungsfeier gab es schon den ersten Diskussionspunkt. Ist denn nun das Endbild der Feier eine Nachahmung des Abendmahls? Ich habe die Feier nicht geschaut, bis zu dem Freitag gar nicht auf dem Schirm gehabt, dass es überhaupt schon so weit ist. Die Nachrichten am nächsten Tag, dass sich Kirchenoberhäupter und Politiker darüber aufregen, hat mich jedoch neugierig gemacht. In verschiedenen YouTube-Videos kann man sich die Szene noch mal ansehen. An das Abendmahl von Leonardo da Vinci erinnert es mich allerdings nicht, eher an die Mottowoche nach dem Abi. In einem offiziellen Statement hieß es dann, es soll an das Fest der Götter von Jan Hermans erinnern. Das hat zumindest mehr Ähnlichkeit. Das einzige, was aber bis heute wirklich hängen geblieben ist, ist doch die Frage: Wer ist eigentlich der komplett blau angemalte Mann im Vordergrund, ist er wirklich nackt und was hat er für diesen Auftritt bekommen?
Screenshot aus einem YouTube Video: Wer ist denn der blaue Typ eigentlich?
Simone Biles ist zurück
Turnierin Simone Biles war schon vor vier Jahren, während der Olympischen Spiele in Tokio ein Thema. Jetzt ist sie wieder da und wird in den sozialen Medien gefeiert. Sogar mehrere Turnübungen wurden nach ihr benannt. So gibt es Biles I und Biles II, wie genau die aber aussehen, weiß ich nicht. Genauso wenig weiß ich, wie viele Medaillen sie jetzt eigentlich gewonnen hat und wofür – nur, dass es überaus viele sind. In Tokio ist sie damals wegen mentalen Problemen vom Turnier zurückgetreten, jetzt strahlt sie wieder wie zuvor. Hängen geblieben ist mir, dass sie gleich nach ihrem Sieg ihren Psychologen angerufen hat – coole Sache mit der Zeitverschiebung. Außerdem wird sie wohl als älteste Turnerin gehandelt, mit gerade 27 Jahren. So alt bin ich auch… und jetzt fühle ich mich noch älter.
Norweger liebt Muffins
Er ist nahezu täglich auf meiner FYP bei Instagram und trotzdem habe ich eigentlich keine Ahnung, wer genau er ist. Aber ich weiß: Er kommt aus Norwegen und liebt die Schokoladenmuffins aus dem Olympia-Dorf. Nach kurzer Googlesuche findet man ihn dann doch schnell, denn er ist der „Muffinman von Olympia“. Sein Name ist Henrik Christiansen und er ist Schwimmer. Wie gut er darin ist und ob er eine Medaille gewonnen hat, weiß ich nicht. Ich schaue mir, wenn nur die Videos über die Schokomuffins an und manchmal würde ich auch gern so einen essen.
Es gibt da aber noch jemanden, der meine FYP schwemmt und das ist US-Rugby-Spielerin Ilona Maher. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir ihre Art, mit Bodyshaming umzugehen. Und ihre klare Botschaft: Jeder Körpertyp macht bei Olympia mit. Soweit ich weiß, gewann das US-Frauen-Rugby-Team auch eine Medaille, aber nagelt mich da nicht fest.
Boxer oder Boxerin
Ein Thema, dem ich mich eigentlich nicht widmen wollte und trotzdem bleibt es natürlich hängen, ist die Diskussion um die Boxerinnen, die als „zu männlich“ betitelt wurden. Vielleicht ist es hier die falsche Stelle, um dieses Thema noch einmal aufzurollen, aber die Diskussion wird bleiben… Deswegen noch mal zu den Fakten: Die algerische Boxerin Imane Khelif und die taiwanesische Boxerin Lin Yu-Ting seien beide „zu männlich“ für den Boxkampf der Frauen. Deswegen wurden beide vom Internationalen Boxverband IBA disqualifiziert. Die IBA teilte mit, sie seien durch einen nicht näher spezifizierten Geschlechtstest gefallen. Ein Test, bei dem die Testosteronwerte gemessen werden. Blödsinn, sagen die einen. Richtig so, die anderen. Fakt ist aber, dass beide als Frauen geboren und aufgewachsen sind. Also nicht, wie viele behaupten, als Transpersonen am Wettkampf teilnehmen. Dazu kommt außerdem, dass Khelif auch in einem Land lebt, wo Homosexualität mit hohen Gefängnisstrafen einhergeht und alle, die der LGBTQ+-Community angehören verfolgt werden. Mal ganz zu schweigen davon, dass die IBA selbst seit 2019 suspendiert ist, wegen Korruption in der Verbandsführung, intransparenter Finanzen und vor allem grassierender Manipulationsfälle bei Kampfrichtern.
Also noch mal kurz für alle Schwurbler: Es sind zwei Frauen. Testosteronschwankungen sind normal. Es sind keine Transpersonen. Danke und aus.
Olympia, olympische Spiele, Olympiade – was denn nun?
Nach jetzt gut zwei Wochen Olympische Spiele ist mir auch langsam klar geworden, wie es denn nun richtig heißt. Denn die drei Bezeichnungen „Olympia“, „olympische Spiele“ und „Olympiade“ sind keine Synonyme, obwohl sie oft so genutzt werden. Die Sportveranstaltung, die gerade stattfindet, heißt „Olympische Spiele“. Der Ort in Griechenland, wo die Aktion herkommt, heißt Olympia und liegt übrigens im Nordwesten der Halbinsel Peloponnes. Und die Olympiade ist seit der griechischen Antike die gebräuchliche Zeiteinheit, die das vierjährige Intervall zwischen zwei Olympischen Spielen bezeichnet. (Bildungsauftrag erfüllt)
Olympia in Griechenland – sollte man mal Urlaub machen.
…und dann wäre da noch Snoop Dog
Was bei dem eigentlich genau abgeht, weiß ich leider auch nicht. Aber er trägt gern die Fotos von US-Athleten auf dem Shirt und verteilt eigens designte Pins, auf denen er beim Kiffen zu sehen ist – die Rauchringe in den Farben der Olympischen Spiele. Cooler Dude, sage ich da nur. Aber warum ist er eigentlich da?
Einige von unseren Volontären sind gerade erst oder schon vor einer Weile mit ihrem Volontariat fertig geworden. Hier erzählen sie, warum sie bei der Sächsischen Zeitung geblieben sind.
Fionn Klose, seit Juli 2024 in der Lokalredaktion Bautzen
Bei der SZ habe ich eine der besten Ausbildungen überhaupt machen dürfen. Jede einzelne Station in meinem Volontariat war spannend und voller Highlights. Die Kollegschaft ist eine der besten, die man haben kann. Alle sind nett und freundlich, haben für alles ein offenes Ohr und helfen einem wo sie können. Ein Arbeitsumfeld, in dem man sich wohl fühlt und durch das man jeden Tag mit guter Laune in den nächsten Arbeitstag startet, ist mir echt wichtig. Deswegen will ich bei der SZ bleiben. Und wegen des guten, kostenlosen Kaffees aus der Tag24-Maschine.
Lucy Krille, seit Oktober 2023 in der Lokalredaktion Meißen
Ich bin nach meinem Volontariat bei der SZ geblieben, weil ich hier die Möglichkeit habe, in einer Redaktion zu arbeiten und dennoch die Freiheiten habe, mir eigene Themen zu suchen, egal ob für die Lokal- oder die Sportredaktion. Langweilig wird es mir nie. Ich treffe unterschiedlichste Menschen und beobachte Entwicklungen in der Region. Dabei lerne ich den Landkreis Meißen, in dem ich geboren und aufgewachsen bin, selbst nochmal ganz neu kennen. Denn als Journalistin, und das ist keine Phrase, lernt man jeden Tag irgendwas dazu. Die Entscheidung zu bleiben, haben mir auch die anderen Volos leicht gemacht. Gemeinsam haben wir viel gelernt, und alle wollen wir unser Medium auch in Zukunft lesenswert gestalten.
Connor Endt, seit Dezember 2023 in der Stadtredaktion Dresden
Ich bin nach dem Volo bei der Sächsischen Zeitung geblieben, weil ich in der Stadtredaktion Dresden als Redakteur anfangen konnte. Das war während der Ausbildung meine Lieblingsstation (Themen und Team) und ich habe mich sehr gefreut, dort zu starten. Auch jetzt, ein gutes halbes Jahr später muss ich sagen: Ich habe die Entscheidung bisher nicht bereut. Bin gespannt, was die Zukunft bringt…
Simon Lehnerer, seit Juli 2024 in der Lokalredaktion Freital
Ich genieße es sehr, dass ich durch mein Volontariat bei der Sächsischen Zeitung fast alle Ressorts und damit auch die meisten Kollegen kennenlernen durfte. Ich konnte mich unter den verschiedenen Ressortleitern beweisen, zeigen was ich kann und mir damit ein gewisses „Standing“ erarbeiten – denke ich zumindest. Außerdem macht es natürlich auch Spaß, wenn man beim Mittagessen in der Kantine oder morgens im Aufzug viele Kollegen kennt, kurz schnacken kann und sich gegenseitig updatet, was gerade so los ist. Das schafft eine familiäre Atmosphäre, die mir das Arbeiten definitiv versüßt.
Moritz Schloms, seit Juli 2024 in der Stadtredaktion Dresden
Bei der Schülerzeitung bin ich gelandet, weil mir die Redaktionssitzung mit anderen Schülern attraktiver erschien als die Doppelstunde Biologie, die ich damals in der 10. Klasse hätte eigentlich besuchen sollen. Für die Sächsische Zeitung habe ich mich aber ganz bewusst entschieden. Denn bei der Schülerzeitung habe ich gelernt, dass es im Journalismus darum geht, Steine umzudrehen. Jeder sieht den Stein, aber wir dürfen ihn umdrehen und schauen, was darunter krabbelt. In der Redaktion der Sächsischen Zeitung habe ich einen Ort gefunden, wo ich noch viel übers Steine umdrehen lernen kann und in meiner Heimat Dresden einen Ort mit genug Steinen, die es umzudrehen gilt.
Im Podcast „Journalismus machen“ erzählt die langjährige Korrespondentin Christina Schott von ihren Erfahrungen als Journalistin am anderen Ende der Welt.
Christina Schott lebte und arbeitete 20 Jahre in Indonesien und Südostasien. Im Podcast „Journalismus machen“ erklärt sie, was zu beachten ist, um erfolgreich als Freier Journalist im Ausland zu arbeiten.
Dort arbeiten, wo sich die Palmen sanft im Wind wiegen und morgens das azurblaue Meer glitzert. Arbeiten im Ausland ist für viele ein Traum. Für den Berufszweig „Journalist“ ist dies kein Ding der Unmöglichkeit.
Über den ganzen Erdball verteilt arbeiten Korrespondenten für deutschsprachige Medien. Einige davon schreiben als freie Journalisten, verkaufen ihre Geschichten für ein bestimmtes Honorar an Zeitungen oder Online-Medien und verdienen sich so ihren Lebensunterhalt. Klingt traumhaft – oder gibt’s da etwa einen Haken?
In der dritten Folge des Podcasts „Journalismus machen“ spricht SZ-Redakteur Simon Lehnerer mit Christina Schott (hier geht es zu ihrem Profil) über ihr Leben und ihre Arbeit als Journalistin im Ausland.
Wie kam es dazu, dass sie viele Jahre in Indonesien lebte? Was muss man beachten, wenn man sich als freier Journalist am anderen Ende der Welt versuchen will? Welche Eigenschaften und Qualifikationen sollte man dafür mitbringen? Wie findet man Themen und gute Kontakte vor Ort? Die erfahrene Auslandsjournalistin liefert Antworten und Tipps für potentielle Nachwuchsjournalsiten. Ein Tipp vielleicht schon mal vorab. Sie sagt: „Man muss offen sein und verstehen, dass man nicht immer mit dem europäischen Blick an alles rangehen kann, sondern sich wirklich in die andere Seite versetzen können.“
Zur Person: Christina Schott hat 20 Jahre lang als freie Journalistin in Indonesien und Südostasien gelebt und gearbeitet. Seitdem sie 1998 den Umsturz des Suharto-Regimes in Jakarta miterlebte, haben sie die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in der Region nicht mehr losgelassen. Ihre Artikel erschienen unter anderem im Stern, in der Zeit, taz, FAZ und in der Jakarta Post. Außerdem führt sie seit 2021 die Geschäftsstelle des international agierenden Journalisten-Netzwerks „Weltreporter“.
Stefanie Dodt ist Investigativjournalistin beim NDR. In der ersten Folge des SZ-Volontärspodcasts „Journalismus machen“ erklärt die Reporterin, wie ihr Handwerk funktioniert.
NDR-Reporterin Stefanie Dodt ist zu Gast im Volontärspodcast „Journalismus machen“ bei Sächsische.de.
Die Volontäre der Sächsischen Zeitung starten den Podcast „Journalismus machen“. In der erste Folge wird gefragt, wie man eigentlich richtig investigativ recherchiert. Zu Gast ist Stefanie Dodt, Investigativ-Reporterin beim NDR. Sie erzählt, wie sie von einem Volontariat bei einem kleinen Radiosender zum Investigativjournalismus kam – und warum das viel damit zu tun hat, dass sie nicht auf ihren Chef gehört hat.
„Wann ich das erste Mal investigativ recherchiert habe? Mit 18 habe ich ein Volontariat im Regionalradio gemacht. Wir haben damals immer versucht etwas mehr über Polizeimeldungen rauszukriegen, haben viel an Türen geklingelt. Aber ob das bewusst war? Ich glaube nicht im Geringsten“, sagt Dodt. Dabei gibt sie zu, dass sie ihre Arbeit „komplett unterm Radar“ gemacht habe. „Ich habe geschaut, ob es der Chef irgendwann merkt oder nicht.“
Außerdem erzählt sie von ihrer einjährigen VW-Recherche in Brasilien, für die sie für den Grimme-Preis nominiert wurde. „Das war eine klassische Nerdgeschichte“, sagt sie. Sie sei in Brasilien gewesen, als der erste Bericht der sogenannten Wahrheitskommission veröffentlicht wurde. „Das war eine Kommission, die sich in Brasilien zum ersten Mal so richtig ausführlich damit beschäftigt hat, was in Zeit der Militärdiktatur eigentlich passierte? Welche Menschenrechtsverletzungen wurden begangen? Wie viele Leute sind dem zum Opfer gefallen?“ Es sei spannend zu beobachten gewesen, was in der jungen brasilianischen Demokratie an Aufarbeitung stattgefunden habe.
Sie erzählt schließlich, wie sie in einem öffentlich einsehbarem Dokument auf etwas Fragwürdiges gestoßen ist. „Da war auf einer Seite erwähnt, dass es auch Dokumente in einem kürzlich geöffneten Archiv der Militärpolizei gibt, die darauf hindeuten, dass Volkswagen in die Machenschaften der Militärdiktatur verstrickt war.“ Anschließend nahm die Geschichte und die investigative Recherche ihren Lauf.
Und natürlich wollte Moritz Schloms, Host der ersten Folge „Journalismus machen“ auch wissen, welchen Tipp Stefanie Dodt jungen Journalisten geben kann. Den hat sie, aber diesen gibt es nur zu hören in der Folge …
Wir machen jetzt auch Podcast! Wer nicht genug von uns Volos lesen kann, der kann uns jetzt auch hören. Unter dem Titel „Journalismus machen“ hört ihr die Volos jetzt öfter. Dabei geht es um alle Fragen rund um Journalismus und wie die Arbeit funktioniert.
Dabei sprechen wir, die Volontäre der Sächsischen Zeitung, sprechen mit Journalisten, die uns begeistern und inspirieren, über die Themen, die uns auch nach Feierabend noch umtreiben. Wohin entwickelt sich unsere Branche? Was muss ich als Journalist können? Und welche Wege führen eigentlich in den Journalismus? Diese und weitere Fragen klären wir ab sofort in unserem eigenen Podcast, der vor allem junge Journalisten ansprechen soll – und die, die es noch werden wollen.
„Journalismus machen“ gibt es überall, wo es Podcasts gibt und natürlich regelmäßig auf Sächsische.de.
Gestartet sind wir schon letzte Woche mit „Wie funktioniert investigativer Journalismus?“. Dabei spricht Moritz Schloms, der schon im zweiten Jahr seines Volos bei der SZ ist, mit Stefanie Dodt, Investigativjournalistin beim NDR.
Im März wurden vier Volontärinnen der Sächsischen Zeitung nach Hamburg auf die Henri-Nannen-Schule geschickt. Zwischen „wieder die Schulbank drücken“ und der Zukunft des Journalismus.
Den ersten Sonntag im März ging es los und mit dem Zug von Dresden nach Hamburg. Gepackt für vier Wochen waren die Koffer entsprechend schwer. Aber alles klappte wie geplant. Der Stundenplan der nächsten Wochen war voll. Auf uns warteten Profis aus dem Journalismus, eine Vielzahl an kleinen und größeren Projekten und natürlich Sightseeing.
Insgesamt 19 Schüler*innen versammelten sich am Montag im Foyer von RTL. Bunt gemischt aus ganz Deutschland und der Schweiz würden wir uns in den nächsten vier Wochen sehr gut kennenlernen (und vielleicht auch langjährige Freundschaften schließen).
Gleich am ersten Tag erwartete uns die Grundlage des Journalismus – eine Nachricht schreiben. Sogar eine Pressekonferenz und ein Newsroom war für uns vorbereitet wurden. Die nächsten Wochen waren eine Sammlung an journalistischen Wissen und Fähigkeiten. Mit Dozenten von der ZEIT, vom Stern und dem Spiegel sowie von T-Online oder Freelancer brachten uns alles näher, was wir wissen mussten um als Jungjournalist zu starten: Nachrichten schreiben, Social Media Beiträge und kurze Dokus filmen und schneiden.
Das Meisterstück der vier Wochen war die Reportage. Nach ein paar Übungen und (bei einigen) einer sehr langen Themensuche, hatten wir ein ganzes Wochenende dafür Zeit. 6.000 Zeichen lang sollte sie sein und die Ergebnisse hätten nicht vielfältiger sein können: Bio-Laden, Kältebus, Tantra-Massagen und Social-Media-Sucht-Selbsthilfegruppen sowie eine Besamungsstation für Pferde, sind nur eine Auswahl der Themen.
Nach dem täglichen Unterricht lagen manchmal noch Abendtermine an, an denen Gäste eingeladen wurden. Wir durften sie mit Fragen löschern zu ihrer Arbeit und den Geheimnissen des Journalismus. Stand am Abend und am Wochenende nichts an, dann war Zeit für Sightseeing: Also furen wir mit der Fähre über die Elbe, gingen ins Theater oder Musical und spazierten durch die Stadt oder um die Alster. Und über allem Stand das Wort: Franzbrötchen. Das süß ausgebackene Teilchen war am Anfang nur eine Versuchung und am Ende nahezu täglicher Begleiter im Schulalltag der Henri-Nannen-Schule.
Der letzte Tag war bei uns aus Karfreitag. Bei einem gemeinsamen Frühstück und einer Sektrunde, wurden ein letztes Mal die vier Wochen besprochen. Zum Schluss wurde noch ein Gruppenfoto gemacht und nach und nach verabschiedeten sich alle ins Osterwochenende.
(Wir wollten auch an die „Wall-of-Fame“, die Wand mit den Bildern der Absolventen des zwei-Jährigen Kurses der Nannen-Schule. Also haben wir selbst ein Bild ausgedruckt und es ins Schulgebäude gehangen – ob das bisher aufgefallen ist? Wir wissen es nicht)
In den vergangenen Wochen hat die Redaktion der Sächsischen Zeitung auf eine besondere Ausgabe hingearbeitet. Zum 77. Geburtstag sind neben aktuellen Themen auch Artikel zu unserer Arbeit, dem Haus und uns – den Journalist:innen erschienen. Wir wurden gefragt, warum wir uns eigentlich für das Volontariat entschieden haben, und wie wir den Journalismus in der Zukunft sehen. Hier findet ihr unsere Antworten: Sieben Liebeserklärungen zum 77.
Empathie lässt sich nicht downloaden
Connor Endt
Sechs Uhr, der Wecker klingelt. Ich schäle mich aus dem Bett, ziehe Funktionsklamotten an. Zwanzig Minuten später holt mich meine Kollegin ab. Wir fahren in ein Waldgebiet, das von Umweltschützern besetzt wird. Drei Tage lang sind wir bis 22 Uhr auf den Beinen. Hetzen durch ein mehrere Hektar großes Areal, während über uns ein Helikopter kreist und Menschen aus Baumhäusern geräumt werden. Wir sprechen mit Umweltschützern, einer Anwohnerin und Polizisten. Einen Artikel schreibe ich auf der Rückbank, während meine Kollegin uns zurück nach Dresden fährt. Beim Einschlafen habe ich immer noch das Rattern der Rotorblätter im Ohr.
Aber genau das ist es, wofür ich jeden Tag gerne aufstehe. Bei der Arbeit als Journalist bedeutet beinahe jeder Tag eine Überraschung. Jeden Tag trifft man Menschen, die man sonst niemals treffen würde. Taucht ein in Welten, die einem Großteil der Menschen verschlossen bleiben.
Als Journalist bin ich Augen und Ohren unserer Leser, egal ob bei Waldräumungen, Demos oder Kreistagssitzungen. Das ist ein großer Vertrauensbeweis.
Doch die Welt des Journalismus verändert sich aktuell rapide. Künstliche Intelligenz wird immer besser darin, eigene Texte zu produzieren oder Bilder zu generieren. Social Media wird überflutet mit Bildern von der Festnahme von Donald Trump oder Wladimir Putins Kniefall vor dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping. Beide Bilder sind Fälschungen, von Künstlicher Intelligenz generiert.
Noch erkennen wir den Unterschied zu Bildern, die von echten Fotografen geknipst wurden. Aber die KIs lernen ständig dazu und werden schnell besser. Wenn immer mehr Inhalte generiert werden, die nicht echt sind, wird Vertrauen immer wichtiger.
Dazu müssen Journalisten auch in Zukunft um sechs Uhr aufstehen und beschreiben, was sie sehen und hören. Denn eine Sache ist klar. KI kann zwar jede Menge Daten sammeln und analysieren, aber sie kann keine menschlichen Erfahrungen und Emotionen nachvollziehen. Empathie, Intuition und kritische Denkweisen lassen sich nicht downloaden.
Connors Notizen kann so schnell keine KI ersetzen.
Worte, die die Welt verändern
Natalie Stolle
Schreiben, das lag mir schon immer. Zumindest wurde mir das Zeit meines Lebens nachgesagt. Geschichten, lang oder kurz, schwulstig oder nüchtern – es gibt fast nichts, was ich nicht schon ausprobiert hätte. Als sich die Fragen schließlich häuften, was ich in meinem Leben machen möchte, war mir klar, es wäre toll, wenn ich beim Schreiben bleiben könnte. Und gewissermaßen bin ich das auch.
Journalistisches Schreiben ist definitiv anders als kreativ zu schreiben, doch das eine schließt das andere nicht aus. Recherchieren, interviewen und Artikel verfassen mag im ersten Moment nach sich immer wiederholender Arbeit klingen. Manchmal ist es das auch. Aber manchmal hat man eben auch das Glück, auf ganz außergewöhnliche Menschen zu treffen.
Wie im Kreativen habe ich dabei die Möglichkeit, die Geschichten dieser Menschen festzuhalten, nur, dass sie eben real und nicht fiktiv sind. Ich erinnere mich an Hip-Hop-Musiker, meine ersten Interviewpartner, an eine neunzehnjährige Feuerwehrleiterin, an einen pensionierten Extremwanderer, an Gespräche über Roboter, Politik, Wirtschaft und das ganz persönliche Leben, in das ich oft Einblicke bekommen habe.
Journalismus kann mir all das zeigen, Lebensentwürfe, Weltansichten, Missstände und Erfolge. Ich wiederum kann das Erlebte in Worte verpacken und anderen Menschen die Chance geben zu hören, was ich gehört habe, zu sehen, was ich gesehen habe. Mit Blick auf Länder, in denen Presse- und Meinungsfreiheit nicht gegeben sind, wird mir selbst mit den Jahren immer klarer, wie wichtig der Journalismus ist.
Ich bin gern ein Teil davon, auch wenn es nicht immer leicht ist. Als junge Frau wird man manchmal gern belächelt, nicht direkt ernst genommen, wenn man seine Fragen stellt, aber inzwischen mag ich diese Herausforderung auch. Denn meine wahre Stärke sind die Worte, die ich zu Papier bringe. Und wenn alte wie auch neue Geschichte eins gezeigt hat, dann, dass Worte die Welt verändern können.
Natalie wird für einen Artikel zu Neujahrsvorsätzen selbst sportlich aktiv.
Irgendwas mit Medien und Menschen
Niels Heudtlaß
Ich will Journalist werden! Dieser Gedanke festigte sich erst spät in meinem Studium. Schließlich ist mit Politikwissenschaft alles möglich: „Politiker oder Taxifahrer, beides eben mit viel Gelaber“, wie mein Vater gerne kritisch anmerkte. Doch nach einem Praktikum bei der Lokalzeitung meines Studienortes Trier kam für mich nur noch eines infrage: Ich wollte schreiben und das für eine Zeitung.
„Aber Zeitungsjournalismus ist doch tot“, klang es aus allen Ecken meines Bekannten- und Familienkreises. „Wenn du irgendwas mit Medien machen willst, mach doch lieber was Modernes“, ging die Leier oft weiter. Dabei gibt es für mich nichts Zeitloseres und Interessanteres als Informationen zu sammeln, Fakten zu recherchieren und daraus spannende Geschichten zu formen.
Journalismus ist nicht nur „irgendwas mit Medien“, sondern „das mit Medien“. Ob meine Texte am Ende in einer Zeitung, auf einer Internetseite oder auf Social Media erscheinen, ist mir ziemlich egal. Prozess und Anspruch des Journalismus bleiben derselbe – gut recherchiert und spannend erzählt.
Warum aber zu einer klassischen Zeitung und dann auch noch regional über Sachsen berichten? Weil ich nicht nur irgendwas mit Medien machen wollte, sondern auch irgendwas mit Menschen – sehr genau formulierte Ziele also. So eng zugeschnitten wie der Beruf des Journalisten.
Ich habe mich im Nachhinein des Öfteren gewundert, dass ich nicht in der Mosel ertrunken bin, so blind lief ich als Student durch Trier. Erst in meiner Zeit als freier Journalist dort habe ich den Ort, in dem ich zuvor bereits jahrelang gelebt habe, wirklich kennengelernt. Und wie? Indem ich mit Menschen vor Ort gesprochen und ihre Geschichten und Probleme aufgeschrieben habe. Auf diese Art möchte ich auch Sachsen weiter kennenlernen und euch davon berichten. Das ist ein besonderes Privileg des Journalismus, und deswegen wird er so lange existieren, wie Menschen Geschichten zu erzählen und Probleme zu bewältigen haben.
Weil das Leben nie langweilig wird
Simon Lehnerer
Ich habe mich für eine berufliche Laufbahn als Journalist entschieden, weil es in diesem Job nie langweilig wird und es immer Neues zu entdecken gibt. Täglich erfahre ich etwas über Themen, mit denen ich mich vorher noch nie auseinandergesetzt habe. Außerdem habe ich durch den Journalismus die Möglichkeit, Situationen sichtbar zu machen, die sonst nur wenig oder gar keine Aufmerksamkeit erhalten, und kann die Leserinnen und Leser an Orte mitnehmen, die sie sonst nicht kennenlernen würden.
Gerade im Lokaljournalismus denke ich mir oft: „Wenn ich nicht über dieses Thema in dem kleinen Dorf in der Sächsischen Schweiz schreibe, dann tut es niemand.“ Oft sind an jenen unscheinbaren Orten, wo es fast keiner mitbekommt, tolle Geschichten zu finden. Zudem finde ich es spannend, als Pressevertreter besondere Einblicke in Institutionen aller Art zu bekommen. Ich darf hinter die Kulissen blicken, Fragen stellen, egal ob sie angenehm oder unangenehm für mein Gegenüber sind. Insgesamt kann ich also guten Gewissens behaupten, mich für das richtige Berufsfeld entschieden zu haben.
Nur, wie steht es um die Zukunft des Journalismus – gerade im Bereich der Tageszeitungen? Ich denke, das Ende des Printjournalismus ist absehbar, und die Arbeit von Journalisten wird sich immer crossmedialer ausweiten. Sprich: Reporter werden nicht mehr einfach zu Terminen gehen und danach alles in den Computer tippen, sondern spielen ihren „Content“ auf mehreren Kanälen im Internet aus. Video-Reportagen, wie die von Formaten wie „follow me reports“ oder „strgf“, werden immer beliebter, und auch Podcast eroberten die Branche in den vergangenen Jahren im Sturm.
Ich denke nicht, dass überhaupt niemand mehr Zeitung lesen wird, aber die junge Generation verlagert ihren Konsum von Nachrichten auf YouTube, Instagram und Co. Daher ist es umso wichtiger, dass zukünftige Journalisten fit im Umgang mit den Apps und Programmen sind, die von den jungen Leuten genutzt werden. Andernfalls erreichen wir sie nicht mehr.
Simon (l.) sucht mit seinen Kolleg:innen Domokos Szabó und Katarina Gust den besten Döner in Pirna.
Hinter den Türen, die sonst verschlossen sind
Fionn Klose
Alles begann mit einer Kamera, die ich zum Aktionspreis in einem überregional bekannten Technikgroßhandel erwarb. Und einem Formular der Jugendpresse Sachsen. Ein paar Wochen später kam mein Jugendpresseausweis, genau an dem Tag, an dem Pegida eine große Kundgebung in Dresden ankündigte.
Ich ging dorthin, machte meine Fotos, veröffentlichte kleine Berichte über die Demo auf einem Blog. Die Anfänge meiner journalistischen Arbeit.
Mir hat das viel Spaß gemacht, das viele Rumrennen, mit Leuten auf allen Seiten reden, die Situation genau beobachten, Fotos machen. „Das mache ich mal beruflich“, dachte ich mir. Und jetzt sitze ich hier, als Volontär der SZ, recherchiere, schreibe meine Texte, suche mir Themen, rede mit vielen Leuten, mache ab und an noch Fotos und marschiere mit meinem Presseausweis durch Polizeisperren.
Das Schöne daran ist auch, dass Journalismus nicht nur Schreibtischarbeit ist. Man muss auch draußen vor Ort sein und mit eigenen Augen sehen, was passiert.
Und dann im Büro, am PC das Sprachrohr zur Welt sein. Das, was man gesehen hat, wiedergeben. Von Erlebnissen und Abenteuern erzählen, über die nicht so viele erzählen können. Denn auch das ist ein Grund, warum ich Journalist geworden bin. Es können sich einem Türen öffnen, die für die Allgemeinheit sonst verschlossen bleiben. Dann kann man dahinterschauen und einen eigenen Zugang für alle schaffen, indem man darüber schreibt. Finde ich schon sehr spannend.
Ich will auf jeden Fall weiter als Journalist arbeiten. Ich würde auch gerne mal dafür durch die Welt reisen, Reportagen schreiben, an Orte gehen, an denen es auch mal ungemütlich werden kann. Und auf Missstände aufmerksam machen. Aber leider, so denke ich, wird das Ganze nicht mehr lange in einer gedruckten Zeitung zu lesen sein.
Online first, so lautet das Stichwort. Find ich schon schade, weil ich es eigentlich immer cool fand, die Zeitung von meinen Eltern in der Hand zu haben und dann so zu tun, als verstünde ich alles, was drinsteht. Und dann schwarze Finger von der Druckerschwärze zu bekommen. Auch eine Sache, die mich zum Journalismus brachte.
Karla Kolumna 2.0
Lucy Krille
Mein Weg in den Journalismus begann indirekt schon mit den Hörspielen von Bibi Blocksberg und Benjamin Blümchen. Als Kind habe ich die Kassetten so oft angehört, bis das Band von der Spule fiel. Die Hexe und der Elefant leben in den Geschichten in einer kleinen Stadt. Immer dabei: die „rasende Reporterin“ Karla Kolumna mit ihrem roten Roller.
Als Jugendliche fiel mir die Berufswahl schwer, denn ich habe mich für vieles gleichzeitig interessiert. Dann kam mir wieder Karla Kolumna in den Sinn, denn die muss sich gar nicht entscheiden: Sie schlüpft jeden Tag in andere Rollen und lernt dabei auch noch immer wieder dazu. Als Journalistin ist sie mittendrin im echten Leben, egal ob Schule, Fußballstadion oder Rathaus.
Schnell war mir klar, dass Journalismus viel komplexer ist als „sennsationelll“ (Karlas Lieblingswort). Längst reicht es nicht mehr aus, bei Veranstaltungen oder Ereignissen dabei zu sein. Vielmehr müssen wir eigene Themen setzen, Debatten anregen und vor allem: zuhören. Gerade im ländlichen Raum ist die SZ oft die einzige Zeitung, an die sich die Menschen wenden können, wenn sie Fragen haben. Ungerechtigkeiten nachzugehen, auch das gehört zu unserem Job.
Dass unsere Texte in zehn Jahren noch in der Zeitung stehen, ist eher unwahrscheinlich. Aus ökonomischen und ökologischen Gründen ist das nachvollziehbar, auch wenn ich das Rascheln des Papiers zwischen den Fingern vermissen werde. Im Freundeskreis bin ich eine der wenigen, die noch Artikel auf Papier lesen. Selbst meine Eltern haben jetzt das E-Paper bestellt. Längst haben auch Podcasts, Reels und Newsletter den Markt erobert.
Aber mit der Zeitung ist es vielleicht wie mit meinen Bibi-Blocksberg-Kassetten: Sie werden langsam überholt, und damit müssen wir umgehen. Doch die Inhalte bleiben wichtig! Die meisten wollen doch wissen, was in der Welt und vor allem in ihrer Nähe passiert. Und auch, wenn mir noch keine Hexe und kein sprechender Elefant begegnet sind, hält die Region immer wieder spannende Geschichten bereit.
Lucy mit Henry Berndt (l.) und Martin Skurt vor einer Reportage zum 9-Euro-Ticket.
Mit Herzblut gegen die Maschinen
Moritz Schloms
Ich wollte Journalist werden, obwohl ich in der Schule bei Diktaten regelmäßig schlechte Noten kassierte. Meine Kommas waren überall, nur nicht an den richtigen Stellen. Journalist wollte ich trotzdem werden. Ich habe den Drang, immer Neues lernen zu wollen und meine Neugier zu stillen. Das kann ich mit der Arbeit als Journalist: Jeden Tag etwas Neues erleben und darüber berichten.
Mit der Zeit wurde meine Rechtschreibung besser, meine Kommas landeten immer öfter an den richtigen Stellen. Dafür musste ich viel Schreiben üben. Doch jetzt, so scheint es, war das alles umsonst.
Denn mittlerweile gibt es jemanden, der schneller schreibt als jeder Journalist: ChatGPT. Künstliche Intelligenzen wie der Chatbot sind mittlerweile so fortgeschritten, dass sie Texte verfassen können, die von echten Menschen geschrieben worden sein könnten.
Das wird nur der Anfang sein. ChatGPT schreibt und schreibt und schreibt. Eine Künstliche Intelligenz hat keine schlechten Tage, lungert nicht an der Kaffeemaschine rum und liefert Texte immer vor der Deadline ab, nie danach. Ein Traum für jeden Chef. Direkte Konkurrenz mit einer Künstlichen Intelligenz? Braucht es Journalisten noch?
Auch wenn KI-Systeme mittlerweile schneller schreiben als wir, so haben wir doch einen unschlagbaren Vorteil: Wir haben Herzblut und Leidenschaft für unseren Beruf. Wir lieben es, uns in Themen zu vertiefen, uns mit Menschen auszutauschen und ihre Geschichten aufzuschreiben. ChatGPT stellt keine kritischen Fragen, besucht keine Pressekonferenzen und liest auch keine Leserbriefe.
Aber die Möglichkeiten von ChatGPT werden den journalistischen Alltag verändern. Das bringt neue Herausforderungen, gerade für angehende Journalisten wie mich. Und wie wir mit den neuen Herausforderungen umgehen können, wird ChatGPT uns nicht beantworten können. Zum Glück sind wir neugierig. Wir werden es herausfinden.
Es ist noch gar nicht lange her, da wurde hier ein Blogeintrag darüber veröffentlicht, wie wir das Internet unterschätzt haben. Vier Jahre später gibt es nun ChatGPT, eine künstliche Intelligenz, die schlauer als das Internet sein soll. Und die noch mehr wissen soll, als Journalist:innen. Uns stellt sich damit schnell die Frage: „Sind wir nun überflüssig?“
Die Maschine wurde mit Unmengen an Daten gefüttert, damit sie auf noch so jede komische Frage eine Antwort geben kann. Aufsätze, Rezepte, Pro- & Contra- Listen – ChatGPT kann Ratschläge geben, die mit denen von echten Menschen locker mithalten können. Bildgeneratoren wie Midjourney malen uns außerdem verblüffende Bilder in allen denkbaren Stilrichtungen, die wir auch noch kostenlos nutzen können.
Bei einem Kurs in der Henri-Nannen-Schule sind wir der Frage nachgegangen, ob Chat GPT auch gute Texte schreiben kann. Um euch (und uns) gleich zu beruhigen: Nein wir sind natürlich nicht überflüssig. Zusammen mit der Schreibtrainerin Amelie Gräf haben wir den Chat mal gestartet. „Hi, wie kann ich dir helfen?“, fragt die KI. Wir antworten:
„Hi. Schreibe doch bitte eine Geschichte, in der ein Zelt und Kopfhörer vorkommen! Die Geschichte sollte nicht mehr als 3.000 Zeichen haben.“ Diese Übung macht Amelie Gräf in ihren Seminaren normalerweise nur mit Stift und Block (was übrigens ein ganz einfacher, aber wahnsinnig wertvoller Ansatz ist, um auf neue Ideen zu kommen und fokussiert zu arbeiten).
Nun ist aber die Maschine an der Reihe. Nach weniger als einer halben Minute hat Chat GPT eine Geschichte auf den Bildschirm gezaubert:
Es war ein lauer Sommerabend, als Luca und seine Freunde sich aufmachten, um ihr Zelt im nahegelegenen Wald aufzuschlagen. Mit Rucksack und Zelt auf dem Rücken machten sie sich auf den Weg, begleitet von der Musik, die Luca über seine Kopfhörer hörte.
Als sie den Wald erreichten, fanden sie einen schönen Platz am Ufer eines kleinen Sees. Luca und seine Freunde schlugen ihr Zelt auf und machten es sich darin gemütlich. Die Nacht war klar und der Sternenhimmel funkelte über ihnen.
Während seine Freunde sich um das Lagerfeuer versammelten, entschied Luca sich, alleine am Seeufer entlangzuschlendern. Mit seinen Kopfhörern im Ohr und der Musik im Hintergrund fühlte er sich frei und unbeschwert.
Als er den See erreichte, sah er, wie das Mondlicht auf der Wasseroberfläche funkelte und das Ufer in ein silbriges Licht tauchte. Luca setzte sich ans Ufer und starrte auf das Wasser. Die Musik in seinen Kopfhörern wurde leiser und er hörte das sanfte Rauschen der Blätter im Wind.
In diesem Moment fühlte Luca sich eins mit der Natur und mit sich selbst. Er schloss die Augen und lauschte dem Klang der Nacht. Es war ein Gefühl der Ruhe und des Friedens, das er in dieser Nacht gefunden hatte.
Als er zu seinem Zelt zurückkehrte, fand er seine Freunde schlafend vor. Luca kroch in seinen Schlafsack und zog seine Kopfhörer aus den Ohren. Er lag da und lauschte dem leisen Rauschen des Waldes, während er einschlief.
Die Nacht war kurz, aber er hatte das Gefühl, dass er in dieser Nacht mehr erlebt hatte als in vielen Nächten zuvor. Der Klang der Natur und die Musik in seinen Kopfhörern hatten ihn zu einem besonderen Ort gebracht, an dem er sich frei und unbeschwert fühlte.
Der Text ist grammatikalisch richtig und logisch aufgebaut. Doch ein bisschen liest er sich wie aus einem Kinderbuch. Botschaften zwischen den Zeilen? Spannende Pointen? Fehlen irgendwie. Auch, wenn wir der KI noch einen bestimmten Stil, eine andere Länge oder weitere Charaktere diktieren können, so kommt sie an diesem Vormittag dann doch nicht an die Geschichten heran, die die Kursmitglieder mit ihrem eigenen Hirnschmalz aufs Papier gezaubert haben.
Dazu kommt, dass die Maschine von den Informationen lebt, die der Mensch ihr gibt. Viele dieser Informationen bekommen wir aber nur durch Anrufe, das persönliche Gespräch oder Eindrücke vor Ort. Die KI ist ein Allrounder, aber die Expert:innen, das sind dann doch noch die Menschen, die sich intensiv mit einem Thema beschäftigen.
Wenn Chat GPT allerdings mit genügend Inhalten und einem erfüllbaren Auftrag gefüttert wird, dann kann sie eine Hilfe für uns sein. Pressemitteilungen umschreiben, Überschriften vorschlagen oder Statistiken auswerten – die Möglichkeiten werden größer.
Das sieht auch Chat GPT so. Auf die Frage, ob die Jobs im Journalismus künftig von der KI erledigt werden, gibt sie Entwarnung. „Letztendlich ist der Einsatz von KI-Sprachmodellen wie mir nicht dazu gedacht, menschliche Journalisten zu ersetzen, sondern ihre Arbeit zu ergänzen und ihre Produktivität zu steigern.“