Das Haus der Presse in Dresden.
Wie geht Journalismus

Was ist ein Volontariat?

Ein Volontariat ist der Einstieg in die meisten Journalistenberufe, ob Hörfunk, Fernsehen, oder eben Zeitung. Da dieser Blog vom Berufseinstieg handelt und auch von den SZ-Volos betrieben wird, stellen wir hier in einem kurzen Video vor, wie das Volontariat bei der Sächsischen Zeitung abläuft.

Bei der SZ gibt es meist vier bis sechs Volontär*innen zeitgleich. Die Ausbildung dauert zwei Jahre und man tingelt durch die meisten überregionalen Ressorts und einige Lokalredaktionen. Zwischendurch gibt es Schulungen, Workshops, Projekte und einen einmonatigen Aufenthalt an der Henri-Nannen-Schule. Der Name Volontariat kommt eigentlich von Freiwilligkeit und damit hat es wenig zu tun. Ehrliches Geld für ehrliche Arbeit gibt es, na wenn das nichts ist!

In diesem kurzen Video erklären euch die Volontäre Niels und Martin, wie das Volontariat bei der Sächsischen Zeitung abläuft.

Erfahrungsbericht

Darum wollen wir Journalist*innen werden

Sieben junge Frauen und Männer werden zurzeit
bei der SZ zu Redakteur*innen ausgebildet. Ihr zweijähriges Volontariat führt sie durch alle Ressorts der Zeitung. Hier erklären sie, was sie sich von ihrem Beruf versprechen.

Timotheus Eimert

Vor 30.000 Leuten

Einmal vor 30.000 Menschen Fußball spielen – das ist der Traum eines jeden Fußballjungen. So auch meiner. Doch irgendwann musste ich feststellen, dass meine Qualitäten nicht für
ein Spiel im Dresdner Rudolf-Harbig-Stadion ausreichen. Dass ich heute dennoch manchmal vor 30.000 Menschen arbeiten darf (wenn nicht gerade Corona ist), habe ich einem Zeitungspraktikum zu verdanken. Ein Montagabendspiel in der 2. Bundesliga zwischen Dynamo Dresden und Fortuna Düsseldorf vor neun Jahren hat den Grundstein für eine Karriere im Journalismus gelegt. Heute berichte ich nicht nur über Dynamo-Spiele, sondern schreibe über fehlende Sporthallen, neue Buslinien, Kitas und Gesundheitsämter, die bei Corona-Inzidenzen tricksen. Kein Tag ist wie der andere. Täglich lerne ich neue Menschen kennen. Welcher Beruf bietet solche Vielfalt? Auf Sächsische.de kann ich zwar schneller und aktueller berichten als in der Zeitung, dennoch möchte ich Lesern vor allem Orientierung bieten. Verlässliche Informationen und gut recherchierte Texte. Gerade dafür brauche ich eine gute Ausbildung.

Erik-Holm Langhof

Alles hinterfragen

Ich war 15, als ich bei der Sächsischen Zeitung als Praktikant angefangen habe. In der Lokalredaktion Zittau habe ich gelernt, wie wichtig es ist, über regionale Themen zu schreiben und mit den Menschen vor Ort ins Gespräch zu kommen. Das hat sich auch die folgenden Jahre so gehalten, weshalb ich 2019 als Volontär in der Lokalredaktion Döbeln gestartet bin. Für mich hat der Journalist eine wichtige Aufgabe: schwierige, interessante Themen möglichst leicht verständlich, wahrheitsgetreu und objektiv für Leser, Hörer oder Zuschauer aufarbeiten. Vor allem in der heutigen medialen Zeit wird diese Aufgabe immer wichtiger. Nicht zuletzt deshalb setze ich mich dafür ein, dass Falschmeldungen verhindert werden und sich qualitativer Journalismus auch weiterhin durchsetzt. Kritisch sein, Dinge hinterfragen, Nachrichten gut aufarbeiten und Menschen zu Wort kommen lassen – das ist mein Ziel als Redakteur, das ich täglich verfolge und auch in Zukunft verfolgen möchte. Egal, ob in Print, online oder den sozialen Netzwerken.

Marvin Graewert

Nimm das, Zuckerberg!

Häufiger werde ich gefragt, warum ich ausgerechnet bei einer Zeitung arbeite: Das nervige Rascheln, das unhandliche Format und für Menschen geschrieben, für die
meine Großeltern im Bus aufstehen würden. Warum die SZ, wenn ich auch für Joko Winterscheidts JWD-Magazin oder den Spiegel-Online-Ableger bento arbeiten könnte. Aus heutiger Sicht ist die Antwort einfach: Beide wurden eingestellt.
Tatsächlich lässt sich in einer Zeitungsredaktion beides vereinen: Ruhe für gut recherchierte Texte und Spielwiese für neue Erzählformate. Das spannende Leben der Menschen um uns herum kennenzulernen und aufzuschreiben, macht unglaublich viel Spaß. Dass sich damit auch junge Leser begeistern lassen, zeigen regelmäßige Experimente in meiner WG-Küche: Auch
wenn es niemand zugeben würde, greifen morgens alle nach der Zeitung. Jeder liest sich an irgendeiner Stelle fest, zumindest so lange, bis ich mit Block und Stift unter dem Küchentisch hervorspringe und kreische: „Nimm das, Marc Zuckerberg!

Angelina Sortino

Auch Spießer sind spannend

Dass ich Journalistin werden möchte, habe ich während meines ersten Praktikums bei einer süddeutschen Lokalzeitung gemerkt. In meinem ersten Text, der in dieser
Zeitung abgedruckt wurde, ging es um eine knapp zwei Meter hohe Pflanze im Garten eines Rentners – zugegebenermaßen kein Thema, das die Welt bewegt. Dennoch
merkte ich schnell, dass selbst die etwas spießige Kleinstadt, für die meine Redaktion verantwortlich war, voller spannender Menschen und Geschichten steckte, die ich unbedingt erzählen wollte. Das ist auch der Grund dafür, dass ich nach mehreren Praktika bei überregionalen Medien immer wieder gern zum Lokaljournalismus zurückgekehrt bin. Denn obwohl es natürlich auch spannend und wichtig ist, sich mit großen gesellschaftlichen Problemen und Zusammenhängen auseinanderzusetzen, beeinflussen die lokalen Ereignisse den Alltag von uns und unseren Lesern einfach am meisten. Ich werde Journalistin, weil ich die Geschichten von den Menschen erzählen will, denen sonst nicht genug zugehört wird. Ich wünsche mir, dass meine Texte die Leser berühren, wütend machen und zum Nachdenken anregen. Allerdings muss ich auch zugeben, dass mir mein Job einfach unglaublich viel Spaß macht, und das allein ist eigentlich schon Grund genug, um Journalistin zu werden.

Tim Ruben Weimer

Das Buch muss warten

Schon als Kind hatte ich den Wunsch, ein Buch zu schreiben. Ich fing an, mir Geschichten und Figuren auszudenken. Aber schon nach den ersten Seiten gingen mir die Ideen aus. Meine Geschichten waren viel zu „normal“, als dass sie jemand lesen würde.
Der Wunsch nach einem eigenen Buch blieb, bis heute. Doch inzwischen sind aus den Geschichten echte Begegnungen und aus den Figuren reale Personen geworden. Was ich mir vergeblich auszumalen versuchte, erlebe ich heute im echten Leben. Mit einem Senner stand ich morgens vor Sonnenaufgang auf, um Ziegen zu melken. Ich verbrachte ganze Nachmittage im stinkenden Dachzimmer eines „Reichsbürgers“. Das echte Leben ist häufig viel spannender als die Fantasie. Gleichzeitig weiß ich: Meine Geschichten konstruieren Realität. Meinen Lesern bin ich schuldig, der Wahrheit so nah wie möglich zu kommen.
Jeden Tag in einem neuen Thema vom Amateur zum Experten zu werden, darin liegt für mich der Reiz des Journalismus. Und vielleicht wird es ja eines Tages doch noch was mit meinem Buch mit „wahren“ Gesichten.

Luisa Zenker

Keine halbe Wahrheit

„Schreiben Sie bitte nicht so schlecht über uns.“ Das sagte mir kürzlich ein Sprecher des Essenslieferdienstes Lieferando, der für seine Arbeitsbedingungen in der Kritik stand. „Ich schreibe nicht schlecht“, versicherte ich, „sondern ehrlich.“
Viele Affären wären nicht aufgedeckt worden, hätten Journalisten und Journalistinnen nicht gründlich recherchiert. Solche, die selbst Themen setzen, andere Stimmen zu Wort kommen lassen und bei alledem den lokalen Alltag nicht vergessen.
Genau das möchte ich lernen, hier bei der Sächsischen Zeitung. Ob Stadträtin, Landtagsabgeordneter oder Geschäftsführerin – sie alle treffen wichtige Entscheidungen, deshalb sollte man ihnen besonders auf die Finger schauen. Denn was würde passieren, wenn kein Journalist mehr den Dresdner oder Freitaler Stadtrat kommentiert? Und um noch mal zum Anfang zurückzukommen: Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der nur halbe Wahrheiten über die Arbeitsbedingungen in großen Unternehmen veröffentlicht werden.

Martin Skurt

Zu viel Glutamat

Immer, wenn ich Chinesisch esse, fühle ich mich schlapp. Ich dachte lange, das liegt am Glutamat. Doch nach einer kurzen Recherche bin ich auf das Chinese Restaurant Syndrom gestoßen. US-amerikanische Ärzte beschrieben Ende der 1960er-Jahre genau meine Symptome. Mittlerweile weiß man jedoch, dass der Begriff eher den Rassismus von damals ausdrückt. Ob Glutamat Beschwerden auslöst, ist bis heute umstritten. Vielleicht esse ich nur immer zu viel davon. Was ich mit diesem kleinen Beispiel sagen will? Ich recherchiere unheimlich gern. Vertreibe mir ohne Probleme stundenlang in Online-Medien und Foren die Zeit. Als Journalist will ich digitale Kanäle verstärkt nutzen, relevante Informationen filtern und dabei interessante Geschichten aufstöbern sowie erzählen . Deshalb bin ich glücklich, meine Leidenschaft zum Beruf zu machen. Das Spannendste ist dabei häufig der Weg zur Geschichte. Recherche eben. Die Recherche sei die Kür des Journalismus, heißt es manchmal. Ich sehe sie vielmehr als Pflicht. Gerade, weil Medien mit Glaubwürdigkeitsproblemen kämpfen.

News

Die Schreibschule auf journalist-werden.de

Wer schön sein will muss schreiben. Trotzdem ist Journalismus in erster Linie ein Handwerk. Das ist alles auch kein Hexenwerk, trotzdem kann sich nur kreativ ausleben, wer ein paar Grundregeln beherrscht. Denn erst dann können diese gezielt durchbrochen werden. Die neue Rubik „Schreibschule“ soll Dir einen Überblick über die drei gängigsten Textgattungen geben: Die Meldung, den Bericht und die Reportage. Dann gibt es noch einen Beitrag über Interview, in dem es auch um die Frage geht, wann in dieser Gesprächssituation Freundlichkeit aufhört und Manipulation beginnt. Und zuletzt gibt es noch einen kleinen Exkurs zur Rezension von der SZ-Theaterkritikerin Johanna Lemke.

Zur neuen Schreibschule

Am Ende jeder Lektion findest du eine kleine Schreibaufgabe. Wenn du Lust hast sie alle zu machen, dann nur zu. Falls nur einzelne, auch nicht schlimm. Wenn du Feedback dazu möchtest, kannst du deine fertigen kleinen Texte gern an uns schicken, wir geben dir dann ein paar schriftliche Hinweise.

In den folgenden Tagen wird es noch einen kleinen Bonus zur Pressefotografie geben, der ein bisschen Technik behandelt und Hilfestellungen zu den gängigsten Motiven geben soll. Fehlen euch noch Kategorien? Falls ihr, liebe Kollegen, euch berufen fühlt, etwas zu weiteren Textarten wie Gerichtsberichten oder Features zu schreiben, freut sich dieser Blog gern jederzeit über Anregungen.

News

Schöne Geschichten aus der Provinz

Volontäre stellen sich vor: Carina Brestrich (24) kam vom Radio zur Zeitung – und arbeitet gern in der Oberlausitz.

Klick gemacht hat es…

als ich im dritten Semester war. An der Universität Leipzig studierte ich zu der Zeit im Bereich Kommunikations- und Medienwissenschaft – ein sehr vielfältiges Fach, das viele Möglichkeiten bietet, sich auszuprobieren. Ich entschied mich, es zunächst beim Radio zu versuchen. Ein Schnupperwochenende brachte mich zum Lokalradiosender der Uni, wo ich neben dem Studium mitarbeiten konnte. Vom Radio ging es später zur Zeitung. Bei einem Praktikum zeigte sich: Das ist genau das Richtige für mich.

Vor dem Volo hätte ich nicht gedacht…

dass  selbst in der tiefsten Provinz viele schöne Geschichten schlummern.

Mein Leben ohne Journalismus würde so aussehen…

dass ich wahrscheinlich heute noch überlegen würde, welcher Beruf für mich geeignet ist. Wahrscheinlich wäre es trotzdem was mit Medien geworden. Schließlich gehöre ich zu der „Was mit Medien“-Generation und habe auch in die Richtung studiert.

Ich bin Spezialist für…

Porträts. Es macht mir Spaß, im Gespräch das Besondere eines Menschen herauszufinden und dann in einer Geschichte zu erzählen. Jeder hat irgendetwas, dass ihn interessant macht – ein besonderes Talent, eine herausragende Leistung, eine spannende Lebensgeschichte oder eine verrückte Idee.

An die Geschichte erinnere ich mich oft…

als ich einen Bestatter einen Tag begleitete. Ich durfte zuschauen, wie er einen Toten für die Bestattung vorbereitet – mit allem Drum und Dran. Sie ist zwar nie in der SZ erschienen, aber ich habe sie im Rahmen eines Kurses an der Henri-Nannen-Schule in Hamburg geschrieben. Der gehört zur Volontärs-Ausbildung.

Dass ich bei der SZ richtig bin, habe ich gemerkt…

als ich nach meinem Vorstellungsgespräch meine Heimat Bautzen besucht habe. Auf der Fahrt ist mir bewusst geworden, wie schön es dort eigentlich ist. Da stieg in mir schon ein wenig Sehnsucht auf. Damals habe ich über 700 Kilometer weit weg in Süddeutschland gewohnt und dachte nicht, dass meine Bewerbung bei der SZ auch zum Erfolg führt.

News

Als Reporter bei Prostituierten

Volontäre stellen sich vor: Thomas Christmann (25) hat schon im Studium viel ausprobiert – und übernimmt auch unangenehme Aufgaben. 

Klick gemacht hat es…

als ich für die regionale Online-Plattform Snapscouts gearbeitet habe. Auf Partys unterwegs sein, Fotos machen, Berichte schreiben, Kontakte knüpfen – dort liegen die Anfänge. Es folgte ein Praktikum bei der Lokalredaktion der Sächsischen Zeitung in Zittau, eine freie Mitarbeit und ein Medienmanagement-Studium an der Hochschule Mittweida. Dort durfte ich in praxisnahen Projekten unter anderem als Redaktionsleiter beim Nachrichtenportal medienMITTWEIDA und Pressesprecher für das Campusfestival arbeiten, zum Medienforum mit  Ex-RTL-Chef Helmut Thoma ein Videointerview führen sowie im Fernsehstudio vor vollen Zuschauerrängen Sachsens Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich über die Grenzkriminalität und  die ehemalige Kultusministerin Eva-Maria Stange zum Hochschulgesetz befragen. Eine neue, aufregende und erlebnisreiche Zeit.

Vor dem Volo hätte ich nicht gedacht…

dass ich in der Zeit mit eigenen Projekten vertraut werde wie „Schüler und Zeitung“, Mittelschulbeilage, Hochzeitsseite, der Serie „Handel im Wandel“ und am Nachwuchskonzept in Form dieser Seite mitarbeiten kann. Sie bedeuten Verantwortung, aber auch Vertrauen.

Mein Leben ohne Journalismus hätte so ausgesehen…

dass ich irgendwas mit Medien mache. Dort ließ das Studium auch alle Möglichkeiten offen. Nur stand das bislang nicht zur Diskussion.

Ich bin Spezialist für…

unangenehme Aufgaben, die kein anderer übernehmen will oder zusätzlich anfallen. Das steht zumindest in einigen Bewertungsbögen. Zudem habe ich mich in meiner Abschlussarbeit mit der Bedeutung von Social Media für Journalisten beschäftigt, nutze seither Facebook und Twitter für die Themensuche oder weitere Recherche. Glücklicherweise nimmt  die Zahl der digitalwilligen Kollegen zu.

An die Geschichte erinnere ich mich oft…

als ich zum ersten Mal ein Bordell besuchte, rein beruflich natürlich. Eine Kollegin bat mich, sie für einen Bericht über Prostitution nach Tschechien zu begleiten. Eine Frau, nachts, allein, im Puff – nein, das ging nicht. Aber keiner der anderen Kollegen konnte (oder wollte) mit. Schon kurz hinter die deutschen Grenze, am Ortseingang von Rumburk, leuchtete ein rotes Herz: Ein Nachtclub. Auf einem benachbarten Supermarkt-Parkplatz hielten wir. Zwei dubiose männliche Gestalten standen dort, sprachen uns in Landessprache an, doch bald wieder zu verschwinden. Lange wollten wir auch nicht bleiben. Meine Kollegin schloss sich im Auto ein. Ich begab mich allein zum Haus. Die Suche nach der Klingel blieb erfolglos. Stattdessen öffneten mir zwei Damen in Unterwäsche die Tür, brachten mich in den Raum, wo zwei ältere, noch leichter bekleidete Damen, an der Bar standen. Diskokugel, Tanzstange, Rotlicht – und kein Sex. Trotz Erstaunen der Damen darüber kam ich gleich zur Sache: In gebrochenem Deutsch kamen die Antworten über Preise, Kunden und die Probleme der Branche. Dank einer Überwachungskamera über der Bar konnte ich das Geschehen auf dem Parkplatz beobachten. Die Männer näherten sich unserem Auto, griffen zum Telefon. Die Damen befummelten mich bereits, gingen sogar mit dem Preis runter, wollten meine Handynummer. Ich zeigte ihnen mein leeres Portemonaie, auf die Kamera, riss mich los und lief zur Tür. Als wir losfuhren, kam die Polizei…

Dass ich bei der SZ richtig bin, habe ich gemerkt…

als ich die Chance für das Volontariat bekommen habe. Schließlich bewarben sich noch mehr um die Stelle. So konnte ich nicht nur Kollegen und Arbeitsweise in den verschiedenen Ressorts wie Lokales, Online, Kultur, Politik und Wirtschaft der Sächsischen Zeitung kennenlernen, sondern auch einen vierwöchigen Kurs an der Henri-Nannen-Schule in Hamburg belegen, das Korrespondentenbüro in Berlin besuchen, monatlich an Weiterbildungen teilnehmen und auf eigenen Wunsch bei der Dresdner Morgenpost arbeiten. Und wer sich anstrengt, dem bietet sich auch eine Perspektive im Unternehmen.

News

Jeden Tag ein anderer Fall

Alexander Schneider berichtet für die Sächsische Zeitung aus dem Gerichtssaal. Langweilig wird es dort nicht.

Immer wenn in Dresden jemand gegen die Gesetze verstößt oder es brennt, ist Alexander Schneider gefragt. Er ist seit dem Jahr 2000 Justiz- und Polizeireporter der Sächsischen Zeitung. Den Vormittag verbringt der 45-Jährige im Amts- oder Landesgericht, sitzt stundenlang in Verhandlungen, spricht in Pausen mit Zeugen und Anwälten. Wieder in der Redaktion ruft er bei der Polizei an, um zu fragen, wo die Beamten den Tag über im Einsatz waren.

Jeden Tag läuft er die gleichen Wege ab, mitunter hat er es sogar mit ähnlichen Fällen zu tun und doch wird es für ihn nie langweilig. Gleich mehrere Prozesse gegen die mutmaßlichen Blockierer der Nazidemo am 19. Februar 2011 schaut er sich an. „Keine Verhandlung läuft gleich ab“, sagt er. Vorn steht immer ein anderer Richter, der seinen eigenen Befragungsstil pflegt; Angeklagte mit unterschiedlichen Beweggründen; Anwälte, die verschiedene strafmildernde Argumente finden; Zeugen mit einem anderen Blick auf die Tat. Jeder hat seine Rolle.

Fast wie im Theater

Im Prinzip ist eine Gerichtsverhandlung wie ein kleines Theaterstück. Eine spannende Geschichte – die Tat – steht im Mittelpunkt. Die Protagonisten sitzen im Zeugenstand und auf der Anklagebank. Das Stück selbst steht in groben Zügen in den Akten. Doch auch wenn jeder seine Rolle zigmal einstudiert hat, weiß man nie, welches Urteil am Ende gefällt wird.

Der Reporter kann im Zuschauerbereich alles verfolgen. Vor Gericht stellen andere die Fragen, versuchen herauszufinden, was warum passiert ist. Zu tun hat Alexander trotzdem genug. Er schreibt viele Details mit. Dabei geht es ihm weniger um Paragrafen, sondern darum, den Fall plastisch zu schildern. Wie lief die Tat ab, wie ist es dazu gekommen, was passiert überraschend im Gerichtssaal. Dem Reporter ist es wichtig, auch den Angeklagten zu Wort kommen lassen. „Es geht auch immer um die Frage, was einen Menschen zu so einer Tat bewogen hat“, sagt Alexander Schneider.

Strafmaß nicht ausschlaggebend

Die meisten Zuschauerplätze bleiben leer. Das erste Mal ging er als Volontär der Fränkischen Landeszeitung aus Neugier ins Amtsgericht, das gleich gegenüber war. „Verhandlungen kannte ich vorher nur aus Filmen“, erzählt er. Bei der Auswahl der Fälle ist für ihn nicht die Höhe der Strafe ausschlagend, oft sind die kleineren Delikte die interessanteren: „Der alltägliche Wahnsinn ist oft spannender.“ Die Staatsanwaltschaft fordert für die mutmaßlichen Blockierer einer Nazi-Demo Geldstrafen von wenigen Hundert Euro.

Um den Platz für Gerichtsberichte und Polizeimeldungen musste der Redakteur vor einigen Jahren noch kämpfen. „Vielen Zeitungen war Kriminalität zu schmutzig“, sagt er. Alexander Schneider ist es wichtig, dass die Dresdner wissen, was in ihrer Stadt los ist. Schließlich könnten sie vom Polizeigeschehen betroffen sein. „Die Leute wollen informiert werden, wenn in ihrer Straße eingebrochen wurde“, sagt er. Doch seit ein paar Jahren schätzen die Redaktionen die kurzen Geschichten aus dem Gerichtssaal. Am besten kommen beim Leser Fortsetzungen an. Wenn schon eine Polizeimeldung in der Zeitung stand und jetzt der Fall vor Gericht verhandelt wird. „Die Leute wollen immer wissen, wie es ausgeht.“

Von Dagny Rößler