Erfahrungsbericht

„Qualitätsluft“ schnuppern

Die Arbeit im Boulevard- und Qualitätsjournalismus ist ein krasser Gegensatz? Nein, nicht wirklich – zumindest bei den Stadtredaktionen.

Ich bin Chris, Online-Volontär beim überregionalen Newsportal TAG24 – Boulevardpresse. Innerhalb sich meines dem Ende neigenden Volos wollte ich noch einmal beim grünen „Geschwisterteil“ im Nachbargebäude vorbeischauen und die „Qualitätsluft“ schnuppern. Vier Wochen Außenpraktikum in der Stadtredaktion Dresden der Sächsischen Zeitung haben mir erneut ins Gedächtnis gerufen: Wir sind gar nicht so verschieden. Die Themen, an die ich mich „hing“, waren vergleichbar mit denen aus meiner Zeit bei der Stadtredaktion unseres Print-Pendants, der Morgenpost. Kolleg*innen bin ich immer wieder zu Presseterminen begegnet – dieses Mal nur aus „grüner Perspektive“. Für die Arbeit galt in Sachen Umgang mit Informationen die gleichen hohen Qualitätsstandards.

Die Unterschiede bemerkte ich erst beim Schreiben der Beiträge im bei der Sächsischen Zeitung neu eingeführten Redaktionssystem Arc Publishing (Fazit dazu: muss man sich dran gewöhnen). Auf kreative Wortzusammensetzungen, etwa bei Schlagzeilen, und eine allzu umgangssprachliche Ausdrucksweise habe ich lieber verzichtet. Auch die Taste für das Ausrufezeichen musste ich unangetastet lassen. Zudem hatten meine Satzkreationen deutlich mehr Raum, sich zu entfalten. Die so wesentlich längeren Beiträge habe ich selbstverständlich mit allerlei mehr Infos gepickt.

Am Ende bleibt mir nur zu sagen: Danke, dass ich mal vorbeischauen durfte! Vielen Dank an das Team der SZ-Stadtredaktion Dresden, vor allem in Sachen Hilfsbereitschaft und zwischenmenschlicher „Qualitäten“.

Ein Text von Chris Pechmann

Erfahrungsbericht

Was machen eigentlich „Die Mehrwertmacher“?

Mehrwertmacher – was machen die denn für einen Mehrwert? Was ist der Job und warum sitzen sie gerade bei uns im Haus der Presse? Ein Erfahrungsbericht von Viktoria und Annemarie.

Sie haben ein hellblaues Logo und ihr Büro liegt ganz oben im Haus der Presse, mit   einem   wunderschönen   Blick   auf   den   Dresdener   Zwinger.   Ehrlich gesagt war das vor unserer Station im Januar das Erste, was uns zu den „Mehrwertmachern“   einfiel. Wir wussten auch, dass sie andere Medienhäuser beraten. Aber wie genau das funktioniert…?

Auf jeden Fall spielt die Messmethode Lesewert dabei eine ganz wichtige Rolle. Mit einem Scanstift, der aussieht wie ein großer Textmarker, lesen Testpersonen den Text. Sie erfassen mit dem Stift die Zeile, an der sie aufgehört haben, einen Artikel zu lesen. So zeigt der Lesewert nicht nur, in welche Artikel die Leserinnen und Leser einsteigen, sondern auch sehr genau, wie weit sie diese Artikel gelesen haben. Die Scandaten werden für die Redaktion in „Lesewerte“ übersetzt. Daraus lässt sich erkennen, wie   erfolgreich ein Artikel ist. Über mehrere Ausgaben zeichnet sich ab, welche Themen und Formate gut bei den Lesern ankommen und welche nicht.

Im Januar konnte ich (Viktoria) an der Auswertung der „Badische Neueste Nachrichten“ mitarbeiten. Den Sport- und den Kulturteil dieser Karlsruher Zeitung habe ich genau unter die Lupe genommen. Es war sehr spannend in den vier Wochen zu erleben, wie andere Zeitungen arbeiten, auf welche Themen sie ihren Fokus legen und wie das von den Lesern aufgenommen wird. 

Im April haben die Mehrwertmacher drei Schweizer Tageszeitungen gecoacht und dabei durfte ich (Annemarie) zusehen und den Redaktionscoach Julia helfen. Und was dort in der Südostschweiz abging, war doch interessant und mitunter sogar amüsant. In Glarus haben Menschen für den „Schlafzimmerblick“ den Glarner Nachrichten einen Blick in ihr Schlafzimmer gewährt. Den Beginn der   Serie machte ein Pfarrer (mit Teddysammlung). Und in Graubünden sorgte der entflogene Zirkuspapagei Ole für eine Menge Artikel. Ein Thema weiterzudrehen und damit eine Themenkarriere zu starten, ist eins der Erfolgsrezepte, zu dem die Mehrwertmacher raten. Auch Umfragen stehen bei ihnen auf dem Programm.

Ich war auch dabei, als der Sachsenkompass finalisiert wurde. Wie blicken die Sachsen auf ihr Bundesland? Das sollte ein Fragebogen herausfinden. Auch der Bildungskompass wurde in dieser Zeit erstellt. Das bedeutete jede Menge Fragen überlegen. Kontroverse Themen wie Migrationspolitik von   allen Seiten beleuchten, und sie dann wieder auf eine überschaubare Anzahl an Antworten herunterbrechen. Knackig, verständlich und so, dass sich alle Sachsen irgendwo darin wiederfinden.   Gar nicht so einfach und doch ziemlich cool, weil ich auch meinen Senf dazugeben durfte.

Auch die eigenen Redakteure im Haus der Presse werden von den Mehrwertmachern gecoacht. Für das User Needs Training habe ich (Viktoria) PowerPoint-Präsentationen vorbereitet. Und für unser Wasserprojekt hat uns Christoph Knoop sogar mit einer Excel-Schulung wichtige Skills vermittelt (und ein bisschen auch gequält). 

Im Volo einen Monat lang keinen Artikel zu schreiben, hat uns beide zu Beginn erstmal stutzig gemacht. Aber im Nachhinein hat uns die Zeit bei den Mehrwertmachern super viel gebracht (und zwar   nicht nur den orangen Lesewert-Kaffeebecher, den es zum Abschied gab). Wie tickt der Leser? Wo springt er ab? Und wie können wir das verhindern?

Wenn wir jetzt einen Text schreiben, dann mit diesen Fragen im Hinterkopf.

Ein Text von Viktoria Langenhuizen und Annemarie Banek

Erfahrungsbericht, Wie geht Journalismus

Mäuse, Zaster, Knete? Egal, Hauptsache mehr Geld mit VG Wort

VG Wort ist wie ein geflügeltes Wort. Jeder kennt es irgendwie, aber keiner weiß so ganz, was eigentlich dahinter steckt. Fragt man in der Redaktion herum, ob es jemand erklären kann, dann wird öfter mit dem Kopf geschüttelt als genickt. Also klären wir hier mal auf: Was ist das? Woher kommt das Geld? Und wie funktioniert es eigentlich?

Was ist die VG Wort?

Die VG Wort (kurz für: Verwertungsgesellschaft Wort) ist eine Organisation, die die Rechte und Vergütungsansprüche von Autor*innen, Journalist*innen und anderen Urheber*innen von Texten vertritt – und damit auch von uns. Sie wurde 1958 gegründet und ist nach der GEMA und GVL die drittgrößte Verwertungsgesellschaft in Deutschland.

Warum ist die VG Wort für uns so wichtig?

  1. Zusätzliches Einkommen: Das wichtigste zuerst! Mit VG Wort erhalten Journalist*innen eine zusätzliche Vergütung für die Nutzung ihrer Texte, die sie sonst nicht bekommen würden. Wie das funktioniert, siehst du weiter unten.
  2. Schutz der Urheberrechte: Die VG Wort setzt sich für die Rechte der Urheber ein und sorgt für eine faire Vergütung.
  3. Kollektive Vertretung: Als einzelne*r Journalist*in wäre es schwierig, alle Nutzungen der eigenen Texte zu verfolgen und Vergütungen einzufordern. Die VG Wort übernimmt diese Aufgabe kollektiv.

Wie funktioniert VG Wort für Journalisten?

Zunächst muss man sich erstmal bei VG Wort anmelden. Dafür musst du einen Wahrnehmungsvertrag ausfüllen. Das klingt irgendwie kompliziert, ist es aber nicht – also wenn du es schaffst deinen Namen und das Datum einzutragen und es abzuschicken. Außerdem musst du angeben, welcher Berufsgruppe du zugehörst. Wenn du das hier liest, weil du irgendwie irgendwas mit Journalismus machst, dann gehörst du zur Berufsgruppe 2.

Damit es noch leichter wird: Den Wahrnehmungsvertrag findest du hinter dem Link.

Den Vertrag bekommst du irgendwann zurückgeschickt – aber das war es leider noch nicht, jetzt fängt es erst richtig an.

Grundsätzlich muss man sich im Online-Portal T. O. M. (steht für Texte Online Melden) registrieren, damit man überhaupt die eben erwähnten Arbeiten erledigen kann. Ggf. erhältst du sogar schon mit dem Wahrnehmungsvertrag Hinweise dazu. Du kannst aber auch einfach das Portal aufrufen: https://tom.vgwort.de/portal/index

Dort findest du links den Reiter „Presse“ unter dem du deine Autorenzeile und dein Kürzel bearbeiten kannst. Zudem hast du im Wahrnehmungsvertrag eine Nummer zugeschickt bekommen. Die wird bei deinem Autorenprofil bei deinem Unternehmen hinterlegt. Dadurch werden deine Artikel automatisch an VG Wort gemeldet und du musst das nicht mehr machen.

Irgendwo in diesem ganzen Spaß findest du die Abfrage, ob du ein Inkassoauftrag fürs Ausland abschließen möchtest. Die Antwort ist hier klar: JAAAA. Denn damit stellst du sicher, dass du über die VG Wort auch Gelder aus den Verwertungen deiner Nutzungsrechte im deutschsprachigen Ausland erhältst.

Zweimal im Jahr bekommst du dann eine E-Mail von VG Wort, um deine Ausschüttung vorzubereiten (Warum denke ich jetzt an Mr. Krabs? „Geld Geld Geld Geld“). Folge einfach den Anweisungen in der Mail. Dann sollte nichts mehr schiefgehen.

Woher kommt das Geld?

Das Geld der VG Wort stammt aus verschiedenen Quellen:

  1. Kopier- und Druckergebühren
  2. Vergütungen für die Nutzung von Texten in Pressespiegeln
  3. Bibliothekstantiemen
  4. Vergütungen für die Zweitverwertung von Texten

Die Verwertungsgesellschaft sammelt diese Gelder von Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen und anderen Institutionen, die theoretisch geistiges Eigentum der VG-Wort-Mitglieder verbreiten oder zu dessen Verbreitung beitragen.

Ganz ehrlich: Wir wissen auch nicht sooo ganz genau wie es funktioniert, aber vielleicht war das schon mal eine Hilfe, um die ersten großen Fragezeichen aus deinem Kopf streichen zu können. Hier noch was Lustiges zum Abschluss:

Ein Text von Olivia Daume und Elisa Schulz

Erfahrungsbericht, Volontäre

Ich schreib’ da mal ein Kommentar

Es gibt ein Format im Journalismus, das geht gern unter, viele sträuben sich davor, aber es ist sehr wichtig: der Kommentar. In einem unserer Volo-Seminare haben wir uns damit beschäftigt. Mit wenig Zeit und nur grober Vorkenntnis haben wir uns also mal die Klimapolitik angesehen. Die Endergebnisse wollen wir euch nicht vorenthalten.

1) Verschläft Sachsen die Klimakrise?

Alle Jahre wieder bricht der aktuelle Sommer den Hitzerekord vom vergangenen Jahr und führt uns die Klimakrise in erschreckender Deutlichkeit vor Augen. Hinzu kommen extreme Wetterereignisse wie Hurrikan Milton, Flutkatastrophen in Spanien und Hochwasser in Süddeutschland. Und schließlich sollte auch der letzte Skeptiker – in seiner heilen, kleinen Welt – erkennen, dass der Klimawandel längst Realität ist.

In dieser ohnehin schon hitzigen Phase sendet die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten ein fatales Signal. Seine Ankündigung, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen und auf fossile Brennstoffe zu setzen, könnte einen gefährlichen Dominoeffekt auslösen.

Vor diesem Hintergrund ist Sachsens zögerliche Klimapolitik nicht länger hinnehmbar. Während andere Bundesländer längst Klimaschutzgesetze verabschiedet haben, verharrt Sachsen im Stillstand. Die Behauptung der Landesregierung, einen „überdurchschnittlichen Beitrag“ im Kohleausstieg zu leisten, ist angesichts fehlender verbindlicher Ziele nicht haltbar.

Ein sächsisches Klimaschutzgesetz ist dringend nötig, um Behörden in die Pflicht zu nehmen und Klimafolgen abzumildern. Die Kommunen benötigen dabei finanzielle und personelle Unterstützung sowie vereinfachte Fördermöglichkeiten. Es ist Zeit, dass Sachsen die Klimapolitik zur Chefsache macht.

2) Die Politik vergisst den größten Krieg unserer Zeit

Kriege in Nahost und der Ukraine, eine zerbrochene Bundesregierung und ein Faschist an der Spitze der größten Volkswirtschaft der Welt. Diese Themen dominieren aktuell die deutschen Nachrichten und damit auch die Politik. Haben wir in letzter Zeit nicht etwas vergessen? Etwas, das alle betrifft, ob Konservative oder Progressive, ob Deutsche oder Amerikaner. Das Klima. 2024 wird dem EU-Klimawandeldienst „Copernicus“ zufolge so gut wie sicher das erste Jahr seit Aufzeichnungsbeginn werden, in dem es im Durchschnitt mehr als 1,5 Grad wärmer als im vorindustriellen Mittel war. Damit werde es auch das wärmste Jahr seit dem Start der Messungen.

Extremer Regen, anhaltende Dürren, heftige Stürme – das alles nimmt statistisch zu, doch in der Politik gehen Klimathemen zwischen anderen Krisen unter. Das ist ein katastrophales Zeichen der Gleichgültigkeit, das keineswegs in Relation zu den möglichen Auswirkungen der steigenden Erderwärmung steht.

Der Klimawandel tötet Menschen. Nicht perspektivisch, sondern jetzt. Den zehn weltweit tödlichsten Wetterereignissen der letzten 20 Jahre sind mehr als 570.000 Menschen zum Opfer gefallen. Vier davon waren in Europa. Der Klimawandel ist wie ein globaler Krieg, der zwar manche Länder stärker trifft als andere, aber keines verschonen wird. Ein Krieg, der nicht mehr gewonnen werden kann, nur verzögert.

Deshalb müssen Klima-Themen wieder mehr Platz in der Politik bekommen. Nichts kann fataler sein, als den Blick für den großen Krieg unserer Zeit zu verlieren.

3) Wenn Klimapolitik nur stört

Mit Klimaschutz werden wohl keine Wahlen gewonnen. Trump will aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen. In Deutschland wird über der Rückkehr zur Kohle nachgedacht und ob Windräder schön genug sind oder doch lieber wieder abgebaut werden sollten. Es werden globale Hitzerekorde gebrochen und Extremwetterereignisse, wie das Hochwasser in Spanien nehmen auch hierzulande zu. Doch die Parteien ziehen sich aus dem Thema zurück. Ist die Angst zu groß Wähler zu verlieren, wenn man klare Kante zeigt? Bei anderen Themen funktioniert es doch auch. Die deutsche Klimapolitik wirkt aktuell wie ein Flickenteppich aus Kompromissen, Verzögerungen und kurzfristigen Lösungsansätzen, wenn sie überhaupt zur Sprache kommt.

Aber nur, weil der Klimaschutz ignoriert wird, ändert sich nicht das Grundproblem: Weiterhin werden die Meeresspiegel steigen. Weiterhin wird jedes Jahr das „wärmste Jahr seit der Wetteraufzeichnung“ und weiterhin werden Naturkatastrophen zunehmen. Jahrhunderthochwasser und Ernteausfälle wegen spätem Frost oder Dürre werden alltäglich. Dazu kommen die ausführlichen und hitzig geführten Debatten um Gebäudesanierungen und Wärmepumpen, die anscheinend zum Verlust des allgemeinen Interesses geführt haben. Es stellt sich eine Gleichgültigkeit gegenüber der Klimapolitik ein oder sie kommt nur zur Sprache, wenn man sie für Grabenkämpfe nutzen kann. Das Interesse ist weg, also ist auch Klimapolitik nicht mehr wichtig?

4) Klimaschutz ist nicht hässlich

Friedrich Merz findet Windräder also hässlich und möchte sie lieber heute als morgen wieder abbauen. Wie sein Parteikollege und Ministerpräsident Sachsens, Michael Kretschmer, zur Ästhetik von Windkraftanlagen steht, ist zwar nicht abschließend geklärt. Doch ging der Ausbau der erneuerbaren Energien im Freistaat in den letzten Jahren, vorsichtig ausgedrückt, eher schleppend voran. Viel lieber scheint sich Kretschmer an „grüner Ideologie“ abzuarbeiten, als konstruktive Klimapolitik im Freistaat voranzubringen. Dabei gibt es dort noch so viel Nachholbedarf.
Und der ist nicht zuletzt eben auch der CDU zuzuschreiben. In Thüringen etwa plakatierte die im Vorfeld der Landtagswahl „Grillen muss erlaubt bleiben“ und halluzinierte damit ein vermeintlich drohendes Grill-Verbot herbei. Die CDU bewegte sich auf der Populismus-Skala damit auf der Ebene des peinlichen Onkels auf der Polit-Familienfeier. Ganz nah der panisch-empörten Schnappatmung, die sonst nur Hafermilch oder der pinke DFB-Dress auslösen. Bei denen lässt sich über Geschmack streiten, bei Windrädern nicht. Zumindest nicht so – und schon gar nicht im Stile einer Regierungspartei, die den menschengemachten Klimawandel bekämpfen sollte. Katastrophen wie zuletzt in Valencia zeigen, was eben jener auch vermehrt in Sachsen auslösen könnte – und dann wird es wirklich hässlich.
Also: weniger Stilfragen und wieder mehr sachliche Klimapolitik braucht es von der CDU – für ein Ziel, das größer ist als Wahlkampf und populistische Parteipolitik.

Erfahrungsbericht

Was die sächsische Landtagswahl mit Sportwetten zu tun hat

In Sachsen wurde Anfang September ein neuer Landtag gewählt. Am selben Tag wechselte unsere Volontärin Elisa ins Politikressort. Wie sie sich dabei fühlte und was die Landtagswahl mit Sportwetten zu tun hat.

Es ist gar nicht so lange her, dass in Sachsen ein neuer Landtag gewählt wurde und trotzdem fühlt es sich an, als wäre es schon eine Ewigkeit. Der ganze Trubel hat sich mittlerweile etwas gelegt, was es auszuwerten gab, wurde ausgewertet und alle warten jetzt ab, wer denn nun wirklich die neue Regierung stellen wird. Und ich sitze da irgendwie mittendrin.

Mein erster Tag in der Politik war auch gleich der Tag der Landtagswahlen. Vorher habe ich mich noch für das Feuilleton bei diversen Konzerten herumgetrieben. Der Wandel fühlte sich ein wenig an, als würde jetzt der Ernst des Lebens kommen. Ich war am Wahlsonntag am Newsdesk eingeteilt, 17 Uhr ging es los. Aber wirkliche Aufgaben gab es da noch nicht. Alle waren angespannt, der Fernseher lief und alle schauten hin bis 18 Uhr dann endlich die Hochrechnungen von der ARD kamen.

Kennt ihr diese Szenen in Filmen, wenn alle auf einen Bildschirm schauen, weil sie eine Wette beim Pferderennen abgegeben haben? Sie sitzen alle davor, das Geldbündel in der Hand und schauen zu, wie die Pferde rennen. So habe ich mir auch am Bar-ähnlichen Tisch des Newsdesk gefühlt. Die Pferde waren in dem Fall die Parteien und die Geldbündel eher die Computertastaturen. Aber der Anblick war sonst sehr ähnlich.

Meine Aufgabe war es, nach der Hochrechnung die Stimmen von Politikern, Politikerinnen und der Gesellschaft als Übersicht zusammenzufassen. Klingt ziemlich langweilig, aber die Kommentare, Mails und Instagram-Posts kamen im Minutentakt und mussten dann erstmal sortiert werden. Wer war wichtig? Wer hat wirklich was zu melden? Wen nehme ich auf?

Am Ende stand der Text, es gab Pizza und Süßigkeiten. 23 Uhr bin ich wieder gegangen. Ich habe mir im Vorfeld viel mehr Gedanken gemacht als es am Ende dramatisch war.

Die Sportwette habe ich wohl gewonnen.

Erfahrungsbericht, News

Cito ist tot – es lebe Arc!

Als Teil des Redaktionsnetzwerks Deutschland nutzt die Redaktion der Sächsischen Zeitung ab jetzt das Redaktionssystem Arc Publishing. Ein Tool, das von der Washington Post entwickelt wurde.

Habt ihr schon mitbekommen? Wir gehören jetzt zu Madsack. Haben wir noch gar nicht erzählt, oder? Gibt es auch nicht so viel zu erzählen. Mit dem Verkauf der Sächsischen Zeitung an den Madsack Verlag ist die Redaktion nun auch Partner im Redaktionsnetzwerk Deutschland. Zunächst hatte dies einige personelle, aber auch viele inhaltliche und technische Folgen.

Im Arbeitsablauf hat sich für uns Volos nicht viel geändert und auch sonst bleibt das meiste gleich (auch der Blog). Welche inhaltlichen Veränderungen jetzt genau auf uns zukommen, werden wir aber wahrscheinlich erst bei der Arbeit in den unterschiedlichen Ressorts merken.

Viel auffälliger für unsere Leser und Leserinnen ist aber die Optik. Auf Sächsische.de sind nun viel mehr Themen aus ganz Deutschland vertreten. Was das Lokale betrifft, können unsere Leserinnen und Leser online viel schneller Nachrichten aus ihrer Region oder den einzelnen Stadtteilen in Dresden finden. Darüber hinaus gibt es jetzt den „5 in 5 Newsletter“ der täglich über die wichtigsten Themen aus den einzelnen Lokalredaktionen informiert.

Und wie sich die Zeitung und die Internetseite optisch verändert, haben wir ein neues Redaktionssystem bekommen – also das, wo wir unsere Texte reintippen. Manchmal schicken wir sie auch als Worddatei oder Mail, aber wann, wo uns warum ist ein ganz anderes Thema. Vorher hatten wir Cito, jetzt ist es Arc. (So wie das Videospiel „Ark“ mit den Sauriern, wenn das einige von euch kennen – Handhabung ähnlich).

Neben unserem neuen Redaktionssystem Arc gibt es seit der Umstellung auch ein Planungssystem Kordiam. Vereinfacht gesagt, werden hier die Aufgaben des jeweiligen Tages für die einzelnen Redakteure bestimmt. Es ist genau zu sehen, wer gerade an welchem Thema arbeitet, wann die Artikel fertiggestellt werden und wann sie erscheinen sollen.

Auf den ersten Blick ist alles anders und ein wenig überfordernd. Vor allem viele bunte Farben für jeden Arbeitsschritt. Aber auch hier heißt es wohl: „learning by doing“.

Ein Text von Viktoria Langenhuizen und Elisa Schulz

Erfahrungsbericht

Von Nagetier-Männern und planschenden Kühen: Sommerloch-Themen, die (nicht) die Welt bewegen

Wenn sich die Ferienruhe über das Land legt, Politikbetrieb und Sport-Ligen sich eine Auszeit gönnen, kriechen sie aus den Untiefen der „Potenzielle-Beiträge-wenn-man-nichts-anderes-hat-Kiste“ hervor: die Sommerloch-Themen.

Sie sind verliebt, auf der Flucht oder täuschen ein ganzes Land: Tiere. Ihr Schicksal bewegt nicht selten wochenlang die ganze Nation und das dann, wenn es sowieso nichts anderes zu berichten gibt.

So sorgte im vergangenen Jahr ein Handyvideo auf Twitter für eine großangelegte Suchaktion mit hunderten Polizisten nahe Berlin. Warum dieser Aufstand? Das Video zeigte angeblich eine Löwin. Die Suche nach der mutmaßlichen Raubkatze im brandenburgischen Kleinmachnow dauerte mehr als 30 Stunden. Gefunden wurde die Löwin nie. Komisch, da es sich bei dem Tier nach Einschätzungen von Experten doch eigentlich um ein Wildschwein handelte.

Von Kühen und Schwänen

Auch Kuh Yvonne stand 2011 im Scheinwerferlicht der Medien und erhöht die Zeit einer ihr zu Ehren angelegten Suchaktion auf ganze drei Monate. Nachdem sie sich nicht zum Schlachter hatte führen lassen, türmte sie und flüchtete in Oberbayern in den Wald. Drei Monate später erwischt man Yvonne dann mit einem Betäubungspfeil und brachte sie zum Gnadenhof.

Ein ähnlich großes Aufsehen erregte Trauerschwan Petra. Mit einer ebenso niedlichen wie skurrilen Lovestory auf dem Aasee in Münster rückte der schwarze Vogel 2006 in die Aufmerksamkeit vieler Medien. Wochenlang wich Petra einem Tretboot in Schwanengestalt nicht von der Seite. Versuche, sie mit einem echten Schwan zu verkuppeln, scheiterten.

In diesem Jahr eroberte wieder eine Kuh die Schlagzeilen. Im Juni hat ein Familienvater im Blankenhainer Ortsteil Lengenfeld im Weimarer Land eine eher ungewöhnliche Entdeckung in seinem Garten gemacht: in seinem Pool badeten zwei Kühe. Es brauchte mehr als 25 Einsatzkräfte, zwei Tierärztinnen und über vier Stunden, um die beiden Rinder aus dem zwei Meter tiefen Pool zu hieven. Ende gut, alles gut.

Weniger niedlich und tollpatschig, dafür genauso tierisch geht es mit dem zweiten Sommerloch-Thema weiter: den „Hot Rodent Men“. Nagetier-Männer sollen das Sexsymbol des Sommers sein und einen Gegenentwurf zur toxischen Männlichkeit darstellen. Optisch würden die Männer an kleine Nager erinnern und das finden viele Girls der Gen Z sexy.

Maus oder Mann – das ist die Frage

Angefangen hat alles im Internet. Als im April der Film „Challengers“ in den Kinos anlief, kursierten schnell die ersten Memes. Die Menschen fanden nämlich: Die Schauspieler Mike Faist und Josh O’Connor haben etwas mausartiges an sich. Schnell fanden sich weitere Stars, die Ähnlichkeiten mit Ratten, Mäusen und Eichhörnchen haben sollen: Adam Driver, Jeremy Allen White, Timothée Chalamet oder auch Harry Styles.

Am Ende ist der „Hot Rodent Men“ wohl der Versuch, ein neues Bild von Männlichkeit zu konstruieren. Warum dafür ein Vergleich mit Nagetieren hermuss, wissen wir auch nicht. Fest steht, dass damit weiterhin Menschen sexualisiert und auf ihr Äußeres reduziert werden. Und auch, wenn der Ratten-Trend ein neues Idealbild von einem Mann schaffen soll, handelt es sich bei den Vorbildern trotzdem noch um die ausgebesserte Optik von Hollywoodstars. Du willst trotzdem wissen ob du Mann oder Maus bist? Die Taz hat einen ganz wundervollen Selbsttest.

Sommerloch für Sommerthemen

Eine ganze Füllgrube an Sommerlochthemen bieten die Ratgeberseiten in Print und Netz. Das Thema bei den meisten: Sommer. Da finden sich Beiträge, wie man richtig Eis portioniert oder den Koffer richtig packt, aber auch wie das Büro oder Schlafzimmer am besten gekühlt wird. Besonders auffällig? Umso heißer die Temperaturen, desto wilder sind die Themen. Da geht es dann nicht mehr unbedingt um praktische Tipps und allgemeine Ratgeber, sondern auch schnell auch darum, ob man sich wirklich rasieren sollte oder welche Eissorte denn nun in Amerika die beliebteste ist. Das alles nur, damit die Seiten gefüllt werden.

Mittlerweile gibt es zum Sommerloch in den Redaktionen ganze PR-Teams, die daraus das Beste machen wollen. Bei einem kurzen Blick auf „die dunkle Seite der Macht“ (PR-Firmen und alle Arten der Öffentlichkeitsarbeit) fällt schnell auf, dass sie richtige Pläne entwickeln, wie man während des Sommerlochs am besten an die Medienhäuser herantritt. Bei einem Marketingblog habe ich eine ganze Anleitung dazu gefunden, was Journalisten denn gern im Sommerloch wollen. Dort heißt es dann: „Statt wie alle anderen die Füße hochzulegen, kannst du diese ruhige Zeit also nutzen, um mit einem passenden Gesprächsangebot im spärlich gefüllten Posteingang der Journalisten zu landen.“ Oder: „Egal, ob richtig gedrehtes (Service-)Thema oder passender Anlass – mit solchen kurzfristigen Vorschlägen landest du vor allem bei Tageszeitungen und Online-Magazinen einen Volltreffer.“ – sowas könnte man anzweifeln, aber wahrscheinlich haben die PR-Kollegen hier recht. Wo wir wieder bei den Ratgebern wären.

Stoppelige Angelegenheiten

Noch interessanter scheinen aber für das Sommerloch die Promis zu sein. Besonders interessant war diesen Sommer der Bart von Prinz William aus dem britischen Königshaus. Das erste Mal aufgefallen ist er nach einem Video, dass er und seine Frau Kate auf X teilten, um den Olympioniken zu gratulieren. Für den Inhalt hat sich aber nicht wirklich jemand interessiert, stattdessen für den wilden Bart vom Prinzen. Seitdem ist die stoppelige Behaarung gar nicht mehr aus der Klatschpresse wegzudenken.

Nicht weniger interessant war im Sommerloch Pop-Ikone Taylor Swift. Davon abgesehen, dass sie natürlich mit ihrer Eras-Tour einfach einen unglaublichen Aufzug gemacht hat, war es die perfekte Zeit, um Löscher im Sommerloch zu stopfen. Auf Schritt und Tritt wurde sie verfolgt, Fans befragt und jede noch so kleine Sache zu ihrer Tour wurde zu einem großen Thema. Die Marketingfirma hat vielleicht recht – man muss nur wissen, wie man sich verkauft und das Sommerloch richtig nutzt.

Ein Text von Olivia Daume und Elisa Schulz

Erfahrungsbericht

Ich lese was, was du nicht liest

Sie gehören zum Journalisten-Alltag immer noch dazu, aber wenige reden darüber: Leserbriefe. Aber was genau wird so angespült, wo kommen sie her und was macht das eigentlich mit einem?

Bevor ich meine Arbeit in einer Redaktion angefangen habe, wusste ich nicht, dass sie auch dazu gehören. Sie flattern manchmal täglich, manchmal nur einmal im Monat rein – ganz davon abhängig, worüber man gerade seine Texte schreibt. Manchmal sind sie lang, manchmal sehr kurz, manchmal fordern sie zum Dialog, manchmal sind sie aber auch beleidigend. Als Brief kommen sie schon lange nicht mehr, sondern viel mehr als Mail: Leserbriefe.

Ich kann gar nicht sagen, wie viele Lesermails eintrudeln, das ist ganz unterschiedlich. Allerdings fällt es auf, dass die Inhalte doch eher negativen statt positiven Inhalts sind. So bekam ich schon Mails, in denen ich als „unfähige Journalistin“ bezeichnet wurde. Wobei das wohl eher noch die geringste Form der Beleidigung darstellt. „Unfähig“ scheinen wir nach den Leserbriefen aber alle zu sein und genauso wenig die deutsche Rechtschreibung (wie viele Fehler sind wohl in diesem Text?) zu beherrschen. Denn regelmäßig bekomme ich auch Briefe, in denen mir angekreidet wird, es wäre eine Unverschämtheit, Personen in Artikeln nur mit dem Nachnamen zu bezeichnen. Also zum Beispiel „sagte Schulz“ und nicht „sagte Frau Schulz“. Bei solchen Mails frage ich mich allerdings, ob die Schreiber überhaupt Zeitung lesen, denn es ist ja nun normal, das so zu machen – oder ist es das plötzlich nicht mehr? Das Memo habe ich nicht bekommen.

Und „reinen Populismus“ scheinen wir auch zu betreiben. Egal ob nach Links oder nach Rechts. Vor allem sind wir aber „Linke Propagandistinnen“ und würden „Links/Grüne Propaganda“ betreiben. Manche holen auch richtig aus und schmeißen uns Sätze entgegen, die versteckt hinter dem Mailfach entstehen und sie uns sicherlich seltenst ins Gesicht sagen würden. So kam auch erst vor kurzem der Satz:

„Können Sie noch in den Spiegel schauen? Kommen Zweifel darüber, ob Sie Journalistin sind? Ich gebe Ihnen gern die Antwort: Sie sind keine Journalistin, Sie sind eine linke Propagandistin. Kein Wort über diese nicht repräsentative Datenerfassung des „Sachsen-Kompass“; diese Klarstellung gehört an erste stelle. Mein Wunsch wäre: ein fairer Journalismus weg von dieser SPD-Parteilichkeit, aber wenn Sie diesen obszönen linken Parteijournalismus nicht folgen (würden), hätten Sie keine Chance; schreiben für die untergehende SPD, oder kein Rückrad.“ (Das Zitat wurde in der Rechtschreibung aus dem Original übernommen).

Und ja, sowas trifft. Soll es sicherlich auch. Aber wir können uns nicht wehren. Wir sitzen auch nur an unseren Computern, recherchieren, gehen zu Terminen und treffen Menschen, schreiben Artikel, kontrollieren mehrfach die Fakten und fragen noch mal nach – machen eben unseren Job – dass nicht jedem gefällt, wie wir ihn machen, ist klar. Aber wir sind eben auch nur Menschen. Wir bekommen die Briefe und lesen sie (und ja – nehmen sie uns auch zu Herzen). Wir kennen die Menschen nicht, die uns schreiben. Sie kennen uns sicherlich ein bisschen mehr (glauben es zumindest).

Ich habe am Anfang geschrieben, dass ich nicht wusste, dass es noch immer so viele Leserbriefe gibt. Das stimmt – man wird nicht wirklich darauf vorbereitet. Keiner sagt einem, wie man am besten damit umgeht. Es gibt Kollegen, die mir geraten haben, sie zu beantworten, damit der Schreiber des Briefes weiß „hey – hier ist auch ein Mensch und hier liest jemand ihre Nachrichten“. Andere Kollegen haben mir geraten, sie einfach zu ignorieren. Beides war für mich nie die optimale Lösung. Ich habe mich dazu entschieden, auf die zu antworten, die aufrichtig zu sein scheinen und an einem Austausch interessiert sind. Denn die gibt es natürlich auch und es sind gar nicht so wenige.

Auf die, die mich beleidigen und mich degradieren, antworte ich nur, wenn ich wirklich das innerliche Bedürfnis habe etwas richtigzustellen.

Ich möchte nicht darüber jammern, dass sich Leser mit uns Kontakt aufnehmen wollen, denn wirklich oft gibt es einen schönen Austausch oder eine nette Mail. Trotzdem bleiben die Mails, die unter die Gürtellinie zielen, doch eher mal hängen.

Dann gibt es da noch einen Mini-Prozentsatz, den ich euch auch nicht vorenthalten möchte: Menschen, die uns schreiben wegen wirklich ganz kleinen Sachen und sehr oft sind diese Mails sehr witzig. So bekam ich erst vor kurzen eine Nachricht, in der sich jemand über ein gewähltes Foto empörte:

„Auf dem Bild trägt Roland Kaiser mit Sicherheit keine Porsche-Sonnenbrille, wenn doch Porsche, dann müsste es richtig heißen: Porsche-Design. Ich vermutet, dass es sich um eine Ray-Ben-Sonnenbrille handelt. Aber Roland Kaiser ist nicht so einer, der mit einer Porsche-Design-Brille, die ein Protzzeichen, ein Statussymbol ist, bei einem Konzert auftreten würde“

Danke für dieses Feedback!

Erfahrungsbericht

Was bleibt von Olympia (wenn man keinen Sport verfolgt)?

Die Olympischen Spiele in Paris gehen auf das Ende zu. Es gab allerhand Medaillen, aber auch abseits des Sports immer wieder neue Eindrücke, Aufreger und Geschichten, die einige Medaillenträger überdauern werden. Was bleibt also hängen, wenn man gar keinen Sport verfolgt?

Seit dem 26. Juli finden in (mehr oder weniger) Paris die Olympischen Spiele statt. Wer bisher welche Medaillen wofür geholt hat, weiß ich nicht. Allerdings sind die folgenden Dinge hängengeblieben:

Eröffnungsfeier = Gotteslästerei?

Direkt nach der Eröffnungsfeier gab es schon den ersten Diskussionspunkt. Ist denn nun das Endbild der Feier eine Nachahmung des Abendmahls? Ich habe die Feier nicht geschaut, bis zu dem Freitag gar nicht auf dem Schirm gehabt, dass es überhaupt schon so weit ist. Die Nachrichten am nächsten Tag, dass sich Kirchenoberhäupter und Politiker darüber aufregen, hat mich jedoch neugierig gemacht. In verschiedenen YouTube-Videos kann man sich die Szene noch mal ansehen. An das Abendmahl von Leonardo da Vinci erinnert es mich allerdings nicht, eher an die Mottowoche nach dem Abi. In einem offiziellen Statement hieß es dann, es soll an das Fest der Götter von Jan Hermans erinnern. Das hat zumindest mehr Ähnlichkeit. Das einzige, was aber bis heute wirklich hängen geblieben ist, ist doch die Frage: Wer ist eigentlich der komplett blau angemalte Mann im Vordergrund, ist er wirklich nackt und was hat er für diesen Auftritt bekommen?

Screenshot aus einem YouTube Video: Wer ist denn der blaue Typ eigentlich?

Simone Biles ist zurück

Turnierin Simone Biles war schon vor vier Jahren, während der Olympischen Spiele in Tokio ein Thema. Jetzt ist sie wieder da und wird in den sozialen Medien gefeiert. Sogar mehrere Turnübungen wurden nach ihr benannt. So gibt es Biles I und Biles II, wie genau die aber aussehen, weiß ich nicht. Genauso wenig weiß ich, wie viele Medaillen sie jetzt eigentlich gewonnen hat und wofür – nur, dass es überaus viele sind. In Tokio ist sie damals wegen mentalen Problemen vom Turnier zurückgetreten, jetzt strahlt sie wieder wie zuvor. Hängen geblieben ist mir, dass sie gleich nach ihrem Sieg ihren Psychologen angerufen hat – coole Sache mit der Zeitverschiebung. Außerdem wird sie wohl als älteste Turnerin gehandelt, mit gerade 27 Jahren. So alt bin ich auch… und jetzt fühle ich mich noch älter.

Norweger liebt Muffins

Er ist nahezu täglich auf meiner FYP bei Instagram und trotzdem habe ich eigentlich keine Ahnung, wer genau er ist. Aber ich weiß: Er kommt aus Norwegen und liebt die Schokoladenmuffins aus dem Olympia-Dorf. Nach kurzer Googlesuche findet man ihn dann doch schnell, denn er ist der „Muffinman von Olympia“. Sein Name ist Henrik Christiansen und er ist Schwimmer. Wie gut er darin ist und ob er eine Medaille gewonnen hat, weiß ich nicht. Ich schaue mir, wenn nur die Videos über die Schokomuffins an und manchmal würde ich auch gern so einen essen.

Bodyshaming und Bodypositivity

Es gibt da aber noch jemanden, der meine FYP schwemmt und das ist US-Rugby-Spielerin Ilona Maher. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir ihre Art, mit Bodyshaming umzugehen. Und ihre klare Botschaft: Jeder Körpertyp macht bei Olympia mit. Soweit ich weiß, gewann das US-Frauen-Rugby-Team auch eine Medaille, aber nagelt mich da nicht fest.

Boxer oder Boxerin

Ein Thema, dem ich mich eigentlich nicht widmen wollte und trotzdem bleibt es natürlich hängen, ist die Diskussion um die Boxerinnen, die als „zu männlich“ betitelt wurden. Vielleicht ist es hier die falsche Stelle, um dieses Thema noch einmal aufzurollen, aber die Diskussion wird bleiben… Deswegen noch mal zu den Fakten: Die algerische Boxerin Imane Khelif und die taiwanesische Boxerin Lin Yu-Ting seien beide „zu männlich“ für den Boxkampf der Frauen. Deswegen wurden beide vom Internationalen Boxverband IBA disqualifiziert. Die IBA teilte mit, sie seien durch einen nicht näher spezifizierten Geschlechtstest gefallen. Ein Test, bei dem die Testosteronwerte gemessen werden. Blödsinn, sagen die einen. Richtig so, die anderen. Fakt ist aber, dass beide als Frauen geboren und aufgewachsen sind. Also nicht, wie viele behaupten, als Transpersonen am Wettkampf teilnehmen. Dazu kommt außerdem, dass Khelif auch in einem Land lebt, wo Homosexualität mit hohen Gefängnisstrafen einhergeht und alle, die der LGBTQ+-Community angehören verfolgt werden. Mal ganz zu schweigen davon, dass die IBA selbst seit 2019 suspendiert ist, wegen Korruption in der Verbandsführung, intransparenter Finanzen und vor allem grassierender Manipulationsfälle bei Kampfrichtern. 

Also noch mal kurz für alle Schwurbler: Es sind zwei Frauen. Testosteronschwankungen sind normal. Es sind keine Transpersonen. Danke und aus.

Olympia, olympische Spiele, Olympiade – was denn nun?

Nach jetzt gut zwei Wochen Olympische Spiele ist mir auch langsam klar geworden, wie es denn nun richtig heißt. Denn die drei Bezeichnungen „Olympia“, „olympische Spiele“ und „Olympiade“ sind keine Synonyme, obwohl sie oft so genutzt werden. Die Sportveranstaltung, die gerade stattfindet, heißt „Olympische Spiele“. Der Ort in Griechenland, wo die Aktion herkommt, heißt Olympia und liegt übrigens im Nordwesten der Halbinsel Peloponnes. Und die Olympiade ist seit der griechischen Antike die gebräuchliche Zeiteinheit, die das vierjährige Intervall zwischen zwei Olympischen Spielen bezeichnet. (Bildungsauftrag erfüllt)

Olympia in Griechenland – sollte man mal Urlaub machen.

…und dann wäre da noch Snoop Dog

Was bei dem eigentlich genau abgeht, weiß ich leider auch nicht. Aber er trägt gern die Fotos von US-Athleten auf dem Shirt und verteilt eigens designte Pins, auf denen er beim Kiffen zu sehen ist – die Rauchringe in den Farben der Olympischen Spiele. Cooler Dude, sage ich da nur. Aber warum ist er eigentlich da?

Das Schild von RTL am Eingang der Henri-Nannen-Schule
Erfahrungsbericht

Oh Hamburg meine Perle – Ein Monat Henri-Nannen-Schule

Im März wurden vier Volontärinnen der Sächsischen Zeitung nach Hamburg auf die Henri-Nannen-Schule geschickt. Zwischen „wieder die Schulbank drücken“ und der Zukunft des Journalismus.

Den ersten Sonntag im März ging es los und mit dem Zug von Dresden nach Hamburg. Gepackt für vier Wochen waren die Koffer entsprechend schwer. Aber alles klappte wie geplant. Der Stundenplan der nächsten Wochen war voll. Auf uns warteten Profis aus dem Journalismus, eine Vielzahl an kleinen und größeren Projekten und natürlich Sightseeing.

Insgesamt 19 Schüler*innen versammelten sich am Montag im Foyer von RTL. Bunt gemischt aus ganz Deutschland und der Schweiz würden wir uns in den nächsten vier Wochen sehr gut kennenlernen (und vielleicht auch langjährige Freundschaften schließen).

Gleich am ersten Tag erwartete uns die Grundlage des Journalismus – eine Nachricht schreiben. Sogar eine Pressekonferenz und ein Newsroom war für uns vorbereitet wurden. Die nächsten Wochen waren eine Sammlung an journalistischen Wissen und Fähigkeiten. Mit Dozenten von der ZEIT, vom Stern und dem Spiegel sowie von T-Online oder Freelancer brachten uns alles näher, was wir wissen mussten um als Jungjournalist zu starten: Nachrichten schreiben, Social Media Beiträge und kurze Dokus filmen und schneiden.

Das Meisterstück der vier Wochen war die Reportage. Nach ein paar Übungen und (bei einigen) einer sehr langen Themensuche, hatten wir ein ganzes Wochenende dafür Zeit. 6.000 Zeichen lang sollte sie sein und die Ergebnisse hätten nicht vielfältiger sein können: Bio-Laden, Kältebus, Tantra-Massagen und Social-Media-Sucht-Selbsthilfegruppen sowie eine Besamungsstation für Pferde, sind nur eine Auswahl der Themen.

Nach dem täglichen Unterricht lagen manchmal noch Abendtermine an, an denen Gäste eingeladen wurden. Wir durften sie mit Fragen löschern zu ihrer Arbeit und den Geheimnissen des Journalismus. Stand am Abend und am Wochenende nichts an, dann war Zeit für Sightseeing: Also furen wir mit der Fähre über die Elbe, gingen ins Theater oder Musical und spazierten durch die Stadt oder um die Alster. Und über allem Stand das Wort: Franzbrötchen. Das süß ausgebackene Teilchen war am Anfang nur eine Versuchung und am Ende nahezu täglicher Begleiter im Schulalltag der Henri-Nannen-Schule.

Der letzte Tag war bei uns aus Karfreitag. Bei einem gemeinsamen Frühstück und einer Sektrunde, wurden ein letztes Mal die vier Wochen besprochen. Zum Schluss wurde noch ein Gruppenfoto gemacht und nach und nach verabschiedeten sich alle ins Osterwochenende.

(Wir wollten auch an die „Wall-of-Fame“, die Wand mit den Bildern der Absolventen des zwei-Jährigen Kurses der Nannen-Schule. Also haben wir selbst ein Bild ausgedruckt und es ins Schulgebäude gehangen – ob das bisher aufgefallen ist? Wir wissen es nicht)